Eifel-Müll
an, wo meine Kumpels sind.«
»Was sind denn das für Kumpels?«, fragte Vera.
»Na ja, das ist ein Haufen von berufsmäßigen Töchtern und Söhnen«, erklärte er schief. »Leute wie ich, die nie arbeiten, die sich für alles Sklaven halten und nach Möglichkeit ausschließlich warm duschen.«
»Da ist aber eine Menge Ironie«, sagte Rodenstock erfreut.
»Mit was kann ich Ihnen denn dienen? Ich war schon der verschmähte Liebhaber. Dann war ich der erfolgreiche Liebhaber. Dann war ich das arme, kleine, reiche Schwein, das endlich mal eine hübsche junge Frau im Bett haben wollte. Dann war ich der ausgebuffte Erbe, der alle übers Ohr haut und die Verwandtschaft unglücklich macht. Dann war ich der junge, unerfahrene Geldsack, der von raffgierigen Kaufleuten um Reichtum, Geld und Ehre gebracht wurde. Dann war ich ein geiler Mörder. Sie können sich was aussuchen.«
»Vermutlich stimmt keines dieser Bilder«, sagte ich.
»Richtig«, nickte er. »Jedes dieser Bilder suggeriert, dass ich statt eines Hirns einen Badeschwamm im Kopf herumtrage. Anfangs ärgert das, aber inzwischen ist es mir scheißegal.«
»Glauben Sie denn, Sie können es über sich bringen, uns Ihre Geschichte zu erzählen?«, fragte Emma.
»Es reicht, wenn wir dieselbe Version hören wie die Mordkommission«, ergänzte Rodenstock.
Er lachte. »Ich merke schon, Sie sind Profis. Tja, die Geschichte. Vergessen Sie mal alles, was Sie bisher zu wissen glauben. Es gibt nämlich keine neutrale Vorgabe. Mal heißt es, Natalie hätte mich über den Tisch gezogen, mal, die Kaufleute hätten mich über den Tisch gezogen, dann habe ich mich an meinem Onkel rächen wollen und so weiter und so fort. Nichts davon ist wirklich stimmig.«
»Wir lauschen«, sagte Emma freundlich und setzte sich aufrecht hin.
»Also, ich bin jetzt achtunddreißig. Vor kurzem starb meine Mutter und ich beerbte sie. Sie hielt dreißig Prozent der Aktien der Firma meines Onkels, also ihres Bruders. Es geht um Mülltransporte. Müll ist ein begehrtes Geschäft, wenn es gut gemacht wird, ein sehr solides, verlässliches Geschäft. Aber es ist auch stinklangweilig. Ich hatte gleich vor, nach dem Tod meiner Mutter das Aktienpaket zu verkaufen. Natürlich wollte ich es nicht an meinen Onkel verkaufen. Ich mag den nicht. Er machte mir ein Angebot, das man nur als schäbig bezeichnen kann – weniger als die Hälfte dessen, was ich jetzt von der Bongard-Gruppe bekommen habe. Die Bongard-Gruppe lud mich ein und machte mir ihre Offerte. Ich hatte zwar keine Ahnung, dass die Gruppe das Aktienpaket sofort weitergeben würde, aber das kann mir letztlich egal sein. Ich hatte vor, mein Kapital in Spielfilme zu stecken, genauer gesagt: in eine Hollywood-Produktionsfirma. Kommt man an die richtigen Leute, ist es eine gute Investition. Und so enttäuschend es sein mag: Ich hasse Nichtstun. Im Forsthaus in Bongard lernte ich natürlich auch Natalie kennen. Damit fing es an.« Er überlegte eine Weile. »Sie war immer schon als wilder Feger bekannt, und längst bevor ich sie kennen lernte, war sie ein fester Begriff für mich. Ich erlebte sie im Forsthaus und muss sagen: Sie war noch viel attraktiver, als ich es mir vorgestellt hatte, sie war umwerfend, sie war, wie wir als Jugendliche immer gesagt haben, ein Wahnsinnsschuss.«
»Können Sie bitte ins Detail gehen?« , fragte Vera.
»Im Forsthaus ging es zu wie in einem Club, jeder benahm sich vollkommen ungezwungen. Natalie und ihre Mutter bedienten. Natalie trug in der Regel Miniröcke, sehr mini. Dazu meistens ein Top, das so tief ausgeschnitten war, dass man mühelos ihre schönen Brüste bewundern konnte.
Und selbstverständlich haushohe Riemchenpumps. Ich fand es verrückt, dass die Mutter Colin so tat, als sei das alles harmlos, durchaus ehrbar und katholisch. Die Frau wiederholte zwanghaft, das sei alles nur so, damit wir hart arbeitenden Männer relaxen könnten – von Geschlechtsverkehr war nie die Rede. Alles in diesem Haus war verlogen, verstehen Sie, wirklich alles. Die einzig Ehrliche war Natalie. Die sagte, was Sache war, und sie machte kein Trara darum. Ich hatte im Wesentlichen mit Hans Becker und Herbert Giessen zu tun. Beide machten mir schöne Augen und erhöhten ihr Angebot. Ich hatte Zeit, ich sagte, es gäbe noch andere Interessenten. Dann wurde mir Natalie zugeschoben, sachte, aber deutlich. Zu diesem Zeitpunkt war mir längst klar, dass ich an diese Gruppe verkaufen würde. Ihr Angebot war richtig, die Zahlungsweise
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