Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Ralley

Eifel-Ralley

Titel: Eifel-Ralley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
270.000 Autos in die Werkstätten hätte zurückrufen müssen, weil mit denen etwas nicht stimmte. Daß er das aber vermeiden wollte, weil es etwa hundert Millionen gekostet hätte. Mindestens. Gibt es sowas?«
    »Das ist die leichteste Übung«, erklärte Mende. »Der Simoneit war deswegen hier. Das stimmt.«
    »Ich habe hier seine Notizen, kann sie aber nicht lesen, weil er viel mit Abkürzungen arbeitet. Weshalb werden Autos in die Werkstätten zurückgerufen?«
    »Sie wollen ein Beispiel? Sollen Sie haben. Nehmen wir zum Beispiel die Zahnriemen-Arie. Sie brauchen nicht zu wissen, was ein Zahnriemen ist, Sie müssen sich nur vor Augen halten, daß das ein Bestandteil eines Motors ist. Ist der Zahnriemen kaputt, ist der Motor im Eimer. Klar?«
    Beinahe hätte ich »Jawoll, Papi« gesagt, konnte mich aber bremsen.
    »Also, der Zahnriemen.« Er suchte nach einem Einstieg. »So ein Ding wird entwickelt. Da werden die richtigen Materialmischungen gesucht und gefunden. Jetzt kann es sein, daß die Zahnriemen, mit denen man den Motor testet, einen Hauch besser sind als die, mit denen später bei Massenfabrikation die Motoren bestückt werden. Auch klar? Auch klar. Nach einem halben oder einem Jahr Laufzeit kommen immer mehr Kunden in die Werkstatt und sind sauer. Der Motor ist kaputt, weil der Zahnriemen sich mehr gelängt hat, als er sich längen durfte. Da war dann auch der eingebaute automatische Zahnriemenspanner überfordert. Der Zahnriemen ist übergesprungen und – peng – alles ist im Eimer. Die Ventile haben die Kolben voll getroffen, weil Ventil- und Kolbenbewegung nun nicht mehr synchronisiert sind. Alles ist krumm, einfach Schrott. Eine teure Reparatur. Und die Werkstatt wird das als Pech hinstellen und dem Kunden die Rechnung schreiben. Bestenfalls wird sie beim Werk einen Kulanzantrag stellen. Und wenn der Kunde Glück hat, bekommt er einen Teil der Kosten erstattet. Das Werk erfährt so aber von dem Vorfall – von den vielen gleichartigen Vorfällen – und müßte nun eigentlich reagieren. Im Interesse der Kunden mit einem Rückruf. Aber so etwas kostet viele, viele Millionen. Und da entscheiden die Bosse nun eventuell, daß der Konzern so tut, als wisse er von nichts. Selbstverständlich ist das auch eine private Seite des jeweiligen Chefs. Er kommt so nicht in die Kritik. Wenn er sowieso angeschlagen ist, wird er alles tun, um derartige Pannen erst gar nicht zuzugeben.«
    »Dieser Andreas von Schöntann ist angeschlagen?«
    »Kann man so sagen.«
    »Und weshalb?«
    »Och Gott, was soll ich darauf antworten? Erst mal ist er ein Arschloch.«
    »Was heißt das genau?«
    »Na ja, er ist auf eine gewisse Art dumm, hat abgehoben, er schwebt über den Wolken, er hält sich für Gottvater und natürlich auch für den heiligen Geist.« Mende starrte aus dem Fenster.
    »Wie kommt er dann auf den Chefsessel?« fragte ich verblüfft.
    Er lachte leise. »Auf genau dieselbe Art, wie sehr viele dorthin geraten. Er lag sozusagen auf Halde, bis der Prinz kam.«
    »Und wer war der Prinz?«
    »Die Eigentümerversammlung, die ganz geil darauf ist, ihren Ertrag zu mehren. Die Leutchen sagten sich: Der ist gut für unser Konto. Jetzt sieht es eben so aus, als wäre er doch nicht so gut. Tja, und das wollte der Harro wohl schreiben.« Mende hockte neben einem Tom-Tom und ließ die Finger über das Fell gleiten, es war ein dunkler Wirbel.
    »Schreiben Sie auch derartige Geschichten?«
    »Von Zeit zu Zeit«, nickte er. »Jetzt versuche ich ein Buch über diese komische Welt zu Papier zu bringen. Wieso denken Sie, daß Harros Tod irgendwie ... na ja, komisch ist?«
    »Bis jetzt ist es nur ein Gefühl. Die Leiche wird gerade untersucht. Die Frage ist ziemlich gemein: Halten Sie es für möglich, daß irgendwer aus dieser Branche Harro getötet hat, weil Harro nicht paßte?«
    »Durchaus. Sowas kommt unter Menschen schon mal vor. Aber nicht Herr von Schöntann. Der spreizt immer den kleinen Finger ab, wenn er seinen Magentee schlürft. Der redet sogar mit seiner Frau so, als hätte er sie gerade kennengelernt.«
    »Hat er eine Frau?«
    »Und was für eine. Einen stählernen Besen mit einem Aluminiumherzen. Ach, Quatsch, ich bin unfair. Ich kann mir nur so gut vorstellen, wie sie sich Gurkenscheiben für die Nacht aufs Gesicht legt, während von Schöntann unentwegt betet: Ach Gott, erhalte mir meine Wichtigkeit!« Er lachte wieder. »Kann ich Harros Zettelwirtschaft mal sehen? Es ist doch eine Zettelwirtschaft, oder?«
    »Es

Weitere Kostenlose Bücher