Eifel-Schnee
paar Bekannte wußte niemand, daß sie abhauen wollten. Sagen Sie mal, sind Sie nicht der Journalist, der für solche Magazine schreibt?«
»Der bin ich«, nickte ich. »Wie heißen Sie denn?«
»Prümmer, Gerlinde Prümmer«, sagte sie. »Wollen Sie darüber berichten?«
»Das weiß ich nicht, das wird sich herausstellen.«
»Ich heiße Rodenstock«, stellte sich Rodenstock vor.
Eine Weile schwiegen wir.
»Waren Sie mal in dieser Wohnung?« fragte Rodenstock dann.
»Na sicher. Ich kam hier immer her, wenn Betty die Haare geschnitten haben wollte. Ich war ihre Friseuse, und sie erzählte mir, was alles so los war.«
»Besteht die Möglichkeit, daß die beiden jemals Heroin gedrückt haben?« fragte ich.
Gerlinde Prümmer bekam große Augen. »Heroin? Niemals. Betty hat gesagt, wenn sie Heroin spritzt, kann sie ein Baby vergessen. Und sie wollte immer ein Baby mit Ole haben. Sie hat gesagt: In Kanada wird das was!«
»Ich habe eine etwas verrückte Frage«, sagte ich. »Ich weiß auch gar nicht, ob die Frage Sinn macht. In der Nacht, als es brannte, hat der kleine Schappi mich angerufen. Ich bin sofort hierher gefahren. Natürlich habe ich kurz mit Schappi geredet, aber der war so ... so voller Trauer, daß es unmöglich war ...«
Sie unterbrach mich. »Schappi war Bettys Liebling. Und Betty und Ole waren Schappis Lieblinge. Ich denke die ganze Zeit, seit ich es gehört habe, darüber nach, was das Kind jetzt tut. Der muß verrückt werden. Er hat von morgens bis abends nur von Ole und Betty geredet.«
»Es ist sicher keine faire Frage«, begann ich vorsichtig, »aber Schappi hat gesagt, sein Vater will jemanden totschlagen. Ist so etwas wörtlich zu nehmen?«
Sie überlegte. »Hm, der Vater, also Herr Mehren, ist schon ... also ziemlich brutal. Ole ist oft geschlagen worden. Das hörte erst auf, nachdem er einmal seinen Vater verprügelt hat. Das muß so vor zwei, drei Jahren passiert sein. Aber nicht, daß Sie darüber schreiben und sagen, sie hätten das von mir.«
»Keinesfalls«, beruhigte ich. »Hat Herr Mehren auch Schappi geschlagen?«
Sie nickte. »Jedenfalls solange, bis Ole gedroht hat, wenn er das nochmal tut, geht er nicht nur zum Jugendamt, sondern auch zum Staatsanwalt.« Gerlinde Prümmer starrte auf ihre Stiefel im Schnee.
»Wo wohnen Sie denn?« fragte ich. »Haben Sie Telefon? Sind Sie damit einverstanden, daß ich Sie eventuell anrufe und Ihnen weitere Fragen stelle? Ich meine, es könnten noch welche auftauchen. Und ich garantiere Ihnen, daß niemand wissen wird, daß ich Sie überhaupt kenne.«
Es war zu sehen, daß sie jetzt in Verlegenheit war. Sie druckste herum. »Meinem ..., also meinem Mann wäre das gar nicht recht. Wenn er das weiß, dann verbietet er mir, aus dem Haus zu gehen. Kann ich Sie nicht anrufen?«
»Natürlich.« Ich fummelte eine Visitenkarte aus der Lederweste und gab sie ihr. »Ich werde Sie nicht anrufen«, versprach ich. »Aber können Sie sich in den nächsten Tagen bei mir melden?«
»Ich muß übermorgen zu meinen Eltern«, nickte sie. »Das ginge.«
»Dann bleibt nur eine Frage noch«, Rodenstock nuschelte ein wenig. »Mein Freund Baumeister hat mit Schappi gesprochen, und der erwähnte etwas von einem Holländer. Kennen Sie einen Holländer?«
»Ja, sicher. Damit meint er bestimmt den Jörn van Straaten. Das ist ein Bekannter von Betty und Ole. Schon seit Jahren kennen die sich. Er ist schon etwas älter, so fünfzig würde ich mal schätzen. Der war manchmal hier bei denen. Und sie hatten immer viel Spaß. Betty hat mir gesagt, der Mann wäre ohne Familie und sehr einsam. Komisch, jetzt fällt mir auf, daß sie niemals erwähnte, wo sie den kennenlernt hat. Aber vielleicht war er ja auch ein Bekannter von Ole.«
»Und Öles Vater hat den Holländer nicht gemocht?«
»Das weiß ich nicht«, sagte sie nach kurzem Nachdenken. »Aber Öles Vater mochte sowieso niemanden, der hier zu Ole und Betty in die Scheune kam.«
»Wieso?«
»Weil Schappi meinte, sein Vater würde wahrscheinlich auch den Holländer totschlagen«, erklärte ich.
»Wenn er betrunken ist, will er die ganze Welt totschlagen«, sagte sie. »Egal, ob Kirmes ist oder Feuerwehrfest oder Disko, wenn er getrunken hatte, will er die ganze Welt totschlagen. Also, wenn Sie mich fragen, ist er ein ... ja, ein widerlicher Kerl.«
»Noch etwas«, bat Rodenstock. »Alle Welt hält es für normal und selbstverständlich, daß Ole und Betty kifften und das Haschisch auch verkauften. War Ole
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