Eifel-Schnee
Gerolstein. Und raten Sie mal, wer ihm das finanzieren soll?«
Dann war Mario am Telefon: »Eh, hallo, Baumeister, gut. Was willste denn?«
»Ich muß mit dir sprechen, wenn es geht.«
»Na sicher. Wann und wo?«
»Wie wäre es, wenn ich jetzt vorbeikomme und dich aufsammle.«
»Ja, eh, ist gut, Mann. Komm vorbei. Bis gleich.«
»Er redet immer wie im Kino«, teilte ich Rodenstock mit. »Aber er ist ein Seelchen, ein richtig netter Kerl.«
»Und was schluckt er zur Zeit?«
»Das weiß ich nicht. Aber wenn er versöhnlich gestimmt ist, wird er uns das sagen.«
»Was macht der Vater?«
»Der hat einen leitenden Posten beim Finanzamt.«
Ich fuhr über Walsdorf bis Dreis und rollte dann gemächlich durch die schöne verschneite Waldstrecke nach Rengen. Der Himmel war an manchen Stellen blau, es war minus fünf Grad, und überall standen holländische, belgische und deutsche PKW in den Mündungen der Waldwege. Ihre Besitzer waren auf und davon in die winterliche Pracht.
»Hey«, sagte Mario erfreut, als er in den Wagen stieg. »Das ist ja richtig super, dann brauche ich keinen Truthahn zu essen.« Dann sah er Rodenstock und zögerte.
»Das ist mein Freund«, erklärte ich. »Ein Ex-Bulle, damit gleich klar ist, um was es geht. Du hast doch nichts dagegen?«
»Warum soll ich was dagegen haben?« fragte er. »ExBulle ist doch gut. Die ohne Ex machen einem Streß, das sind die doofen.«
»Wie nett«, seufzte Rodenstock und schaute in den Autohimmel.
Ich gab Gas. »Es ist so, daß wir uns in aller Ruhe mit dir über Drogen unterhalten wollen, nachdem das mit Ole und Betty passiert ist.«
Mario hockte hinter uns, hatte sich genau in die Mitte gesetzt, so daß ich sein Kindgesicht im Spiegel hatte. »Weißt du schon, daß die schon tot waren, als das Feuer ausbrach? Und daß die angeblich Heroin drinhatten?«
»Sicher wissen wir das. Woher hast du es?«
»Das geht so mm.«
Ich wußte genau, daß es bei dieser Antwort keinen Sinn machte, weiter zu fragen. Er würde nicht mehr erzählen, und er würde niemals jemanden preisgeben.
»Baumeister ist der Meinung, daß wir dir vertrauen können«, setzte Rodenstock an. »Zuerst wurden die beiden umgebracht, dann spritzte jemand Heroin in sie hinein, und zum Schluß zündete jemand die Bude an.«
»In dieser Reihenfolge?« fragte er mit ganz schmalen Augen.
»In dieser Reihenfolge«, bestätigte Rodenstock.
»Und das ist kein Gequatsche, Mann?«
»Kein Gequatsche«, sagte Rodenstock. »Wir haben erfahren, daß die beiden mittags in Daun an der Hähnchenstation den Schniefke getroffen haben. Wir wissen aber nicht, wo sie getötet wurden und wann. Wir müssen also den Heiligen Abend rekonstruieren.«
»Das sehe ich ein«, nickte er ernsthaft. »Öles Vater muß ein Schwein sein.«
»Das hörten wir auch«, erwiderte ich. »Aber hier in der Eifel laufen verdammt viel Gerüchte, und für viele Gerüchte gibt es keine Beweise. Sag mal, Ole und Betty haben doch gedealt, das können wir als gegeben voraussetzen. Hast du eine ungefähre Ahnung, wieviel sie im Monat umgesetzt haben?«
»Im Monat? Wozu braucht ihr das?«
Vorsichtig, Baumeister, heißes Pflaster. »Wir brauchen es, weil wir die Szene verstehen wollen, weil wir uns einen Überblick verschaffen müssen. Es kann sein, daß sie aus Drogengründen getötet wurden. Es kann aber auch sein, daß das Motiv ganz woanders liegt. Also, wie hoch schätzt du ihren Umsatz?«
»Ich habe mit Ole geredet. Auch über Umsätze. Er setzte pro Woche zuletzt an die zehntausend um. Eh, Mann, ich weiß, das glaubst du nicht, aber es war so, es war wirklich so.«
Eine Weile herrschte Schweigen, und ich bog von Oberstadtfeld auf Neroth zu, um am Scharteberg vorbei auf Kirchweiler zuzufahren.
»Was blieb denn dabei für ihn übrig?«
»Ungefähr ein Viertel, also im Monat um die Zehntausend, sagte er.«
Ich hatte plötzlich eine Idee. »Sag mal, als du erfahren hast, daß die beiden ermordet worden sind, was war dein erster Gedanke?«
»Sowas wie: das darf doch gar nicht wahr sein. Sie wollten ja heute eigentlich nach Kanada. Sie wollten Freunde besuchen, die da drüben leben und die vorher in Stadtkyll gelebt haben. Ole hat gesagt, wenn alles glatt läuft, bleiben sie in Kanada. Ich weiß nicht, ob ...«
»Wir wissen das selbstverständlich«, nickte Rodenstock. »Wenn ich dich also richtig verstehe, dann hat Ole dir angeboten, das Geschäft zu übernehmen. Stimmt's?«
Es war still. Der Sendeturm auf der rechten Seite
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