Eifel-Schnee
Rodenstock hatten bereits ungeduldig gewartet, daß ich das Gespräch beendete. »Wir können gleich zur Gerlinde Prümmer«, sagte Dinah. »Sie wartet auf uns. Ihr Mann wird dabei sein.«
»Und der Pajero von Ole ist nicht aufzutreiben«, berichtete Rodenstock. »Was hast du da eben gesagt vom Kremers?«
»Jonnys Vater hat ihm ein Grundstück verkauft. Äußerst billig.«
»Schau, schau«, murmelte Rodenstock. »So trifft man sich wieder.« Er wollte nicht mit zu der jungen Frau. »Drei Leute verwirren sie nur«, erklärte er.
Im Wagen meinte Dinah: »Ich mache mir Sorgen, Baumeister. Ole und Betty sind tot. Melanie wurde eingekauft, Kremers hat den Jonny als Hauptzeugen gegen irgendwelche Dealer. Ich frage mich, wann Leute auftauchen, um uns einzuschüchtern. Mario kann doch nur der Anfang gewesen sein, oder?«
»Das frage ich mich auch«, gab ich zu. »Auf der anderen Seite wäre es ganz hilfreich, wenn jemand sich zu erkennen gibt. Dann würden wir nicht mehr so im Nebel schwimmen.«
»Das ist im Prinzip richtig«, entgegnete sie hell. »Vorausgesetzt, man ist anschließend fähig, noch zu sprechen.«
Die Prümmers wohnten in einem scheußlichen Reihenhaus, das mit Eternit-Platten verkleidet war und einen trostlosen Eindruck machte. Offensichtlich war Gerlindes Mann ein Bastler. Rechts vom Haus standen zwei Uraltautos, links drei. Als ich schellte, erklang das Läutwerk von Big Ben.
»Irre!« hauchte Dinah.
Gerlinde Prümmer öffnete die Tür und war offensichtlich erfreut. »Kommen Sie rein. Wir haben die Kinder zu den Großeltern gebracht, damit wir in Ruhe sprechen können.« Sie ging vor uns her in ein niedriges, kleines Wohnzimmer, das vollkommen von einem riesigen Fernseher und einer Musikanlage beherrscht wurde. Auf einem kleinen Sofa hockte ein schmaler Mann mit einem Dreitagebart. Er stand auf und reichte uns die Hand: »Prümmer, angenehm. Bitte, setzen Sie sich doch.« Er hatte stechende Augen und trug einen Trainingsanzug, der eine fatale Ähnlichkeit mit einer überdimensionierten Strampelhose hatte. »Bier? Oder Kognak? Oder lieber was anderes?«
»Lieber Kaffee«, bat ich.
»Machste mal?« sagte er in Richtung seiner Frau, und sie verschwand – ein guter dienstbarer Geist, offenbar einer, der die Chance zum Widerspruch vertan hatte. Aber was zum Teufel ging mich das an? Sie hatte ihn doch wahrscheinlich freiwillig geheiratet.
»Ich habe Urlaub«, erklärte er. »Der Betrieb hat zwischen den Tagen dichtgemacht.«
»Das ist schön«, murmelte ich. »Sagen Sie mal, kannten Sie eigentlich auch Ole und Betty?«
Er lächelte leicht. »Ja und nein. Also ich mochte die nicht. Ich weiß nicht, warum, aber ich mochte die einfach nicht. Klar, wenn man in einem Dorf lebt, kennt man sich. Ich war ja zusammen mit Ole in der Grundschule. Die beiden hielten sich immer für was Besonderes. Ole sagte immer, er wäre der größte Bauer im Dorf. Mit dem war nicht zu reden, der trug die Nase unheimlich hoch. Und Betty war später genauso, weil sie eben mit Ole zusammen war. Irgendwie war das nie meine Kragenweite.«
»Haben Sie denn auch davon gehört, daß die beiden mit Drogen handelten?« fragte Dinah.
»Na ja, gehört hat man manches, aber man wußte ja nicht, was stimmt. Man redete und redete, und man wußte, daß manches stimmte, aber man wußte nicht genau, was.«
Da war es, dieses zauberhafte ,man / . Man weiß, man ahnt, man sagt, man glaubt – niemals ich, immer man. Eifel live.
»Anders gefragt«, sagte ich leichthin. »Glauben Sie die Geschichte mit den Drogen?«
»Aber sicher, glaube ich das. Aber darüber redet man doch besser nicht, oder?«
»Warum denn nicht?« sagte Dinah. »Sie sind tot.«
»Na ja, schon. Aber man weiß ja auch, daß Öles Vater ... na ja, also er ist ein Dreschflegel. Wenn er hört, man redet über seinen Ole, schlägt er zu. Es ist sogar behauptet worden, daß Öles Vater versucht hat, mit Betty ... also, daß er ihr Gewalt antun wollte.«
»Wer hat das behauptet?« fragte Dinah schnell nach.
Prümmer wurde unsicher. »Man hat das so gesagt. Ich weiß nicht, wer das war. Man hat ja auch gesagt, Ole hätte sich die Scheune ausgebaut, weil er sich mit seinem Vater nicht vertrug.«
»Aber was ist dagegen zu sagen?« fragte ich. »Wenn Vater und Sohn sich nicht gut verstehen, ist es doch vernünftig auseinanderzuziehen.«
»Könnte man so sehen«, gab er zu. »Aber, wie gesagt, ich komme mit der Sippe nicht klar. Ole hat ja übrigens nicht mal abgestritten,
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