Eifel-Schnee
Haschisch zu rauchen. Er stand manchmal in der Kneipe am Tresen und sagte: Ich rauche meinen Joint, ihr sauft euer Bier. Und ich gehe mit meiner Gesundheit besser um. Was das sollte, verstand hier kein Mensch. Aber er sagte dauernd so verrückte Sachen. Und dann erst das Gerede über Betty ...«
»Was war damit?« fragte Dinah.
Er kam um eine Antwort herum, weil seine Frau mit einer Thermoskanne kam und den Kaffee eingoß. »Ich stelle ein paar Plätzchen dazu«, murmelte sie sanft. Schließlich setzte sie sich und sah Dinah freundlich an. »Und Sie arbeiten auch als Journalistin?«
»Ich bin eine«, erklärte Dinah genauso scheißfreundlich. »Können wir mal Tacheles reden? Also, mich würde interessieren, wie das Liebesleben von Ole und Betty aussah. Ich meine, mich interessiert nicht, ob sie die Missionarsstellung bevorzugten oder streng nach dem Kamasutra geturnt haben. Ich will was über die Gefühlslage erfahren.«
Ich hatte ihren Mann angesehen, die maßlose Verblüffung über Dinahs rüde Formulierungen entdeckt. Er war erschrocken, es stieß ihn ab, mit solchen Frauen konnte er nicht umgehen.
»Ich verstehe schon«, begann Gerlinde Prümmer gedehnt.
»Dazu kann hier niemand was sagen«, ging ihr Mann schnell dazwischen. »Dann wird irgend etwas veröffentlicht, und wir kriegen ein Schreiben von einem Rechtsanwalt, weil wir angeblich was gesagt haben, was nicht stimmt.«
»Wir schützen unsere Informanten!« betonte Dinah scharf.
»Wir geben niemals Namen preis«, setzte ich hinzu.
»Mag ja sein«, sagte er. »Trotzdem spricht sich sowas rum, und schon ist es passiert.«
Ich roch etwas, es roch streng. »Wie könnten wir denn dieses Problem beseitigen?«
»Wenn wir Ihnen was erzählen«, erklärte er, »müssen wir irgendwie abgesichert sein.«
»Wieviel?« fragte ich.
»Ich dachte an tausend«, sagte Prümmer.
»Die Hälfte in bar, und das jetzt.« Ich bemerkte, wie Gerlinde Prümmer große Augen bekam. Ihr Mann hatte ihr nichts davon gesagt, sie schwamm in Peinlichkeit.
Nach unendlichen Sekunden, nickte er. »Also gut. Fünf Lappen hier und jetzt.«
Dinah sah mich wütend und fassungslos an. Wie hatte ich ihr erklärt? »Bezahle niemals für Informationen! Geld macht jede Aussage möglich!« Das hatte ich gesagt, und nun kaufte ich ein. Ich blinzelte ihr schnell zu, nahm meine Brieftasche und blätterte fünf Hundertmarkscheine hin. »Ich brauche eine Quittung«, bat ich. Ich schrieb eine aus, und Prümmer unterschrieb.
Dinah raspelte zuckersüß: »Und da die Aussagen von der Ehefrau kommen, gehört ihr das Honorar.« Sie legte die Hand auf die Geldscheine und schob sie vor Gerlinde Prümmer. Deren Peinlichkeitsgefühle wuchsen ins Unermeßliche, und sie murmelte: »Och, wir haben sowieso immer eine gemeinsame Kasse.« Dann schob sie das Geld ihrem Mann zu.
»Na, fein«, sagte Dinah, und es hätte sicher nicht viel gefehlt, und sie hätte sich die Hände gerieben. »Reden wir also über den Verkehr der Geschlechter. Wer mit wem, seit wann, wie oft, warum, mit welchen Folgen?«
»Ach, du lieber Gott!« kicherte Gerlinde Prümmer.
»Also Intimes wissen wir sowieso nicht«, sagte ihr Mann.
»Sicher weiß ich Intimes«, widersprach seine Frau, und er bekam vor Wut schmale Augen.
»Dann hinein in die Intimitäten!« forderte Dinah. »Wie lief diese Geschichte zwischen Betty und Ole ab?«
Gerlinde Prümmer lehnte sich zurück, machte es sich bequem. »Für alle, die nichts wußten, war das eine völlig normale Geschichte«, begann sie. »Es wurde viel geredet, aber geredet wird immer und besonders dann, wenn gar nix passiert. Also Ole, das wollte jeder genau wissen, hatte jede Menge Frauen, und das ist ja auch in Ordnung.« Sie bekam einen ganz schmalen Mund. »Die Männer dürfen eben mit so vielen Frauen schlafen, wie sie wollen. Das ist normal. Wenn eine Frau, die einen festen Freund hat oder verlobt ist, auch nur länger mit einem anderen redet oder vielleicht sogar mit dem essen geht, ist das eine Sauerei, sowas wie eheliche Untreue. Das kennt man ja, und Sie wissen, wie ich das meine.«
»Wie war das bei Betty und ihrem Vater?« fragte Dinah.
»Tja, das war eine furchtbare Geschichte. Der Mann trank viel, er trinkt übrigens immer noch. Und dann passierte es. Betty hat übrigens behauptet, ihre Mutter hätte das alles genau gewußt und natürlich gedeckt, weil man sich schließlich in der Nachbarschaft nicht blamieren wollte. Hier in der Eifel passiert ja viel, was nicht
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