Eifel-Schnee
fragte ich. »Gehört Kremers zu den Leuten, die im Auftrage der Polizei zuweilen verdeckt arbeiten? Arbeitet er irgendwie mit Ihren Beamten zusammen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das ist zumindest offiziell auszuschließen. Nein, der Mann arbeitet nicht mit uns, und wir nicht mit ihm.«
»Wir kommen nicht weiter«, murmelte Rodenstock resigniert. »Laßt uns unsere Betten besuchen. Ich bin ein alter Mann, ich brauche Ruhe.« Er sah seine Kollegin an. »Wenn du Lust hast, mich zu besuchen, dann ...«
»Ich habe Lust«, sagte Emma gelassen. »Ich rufe dich an.«
Wir verabschiedeten uns und gingen hinaus, um nach Hause zu fahren. Ich brauchte mehr als vier Stunden, weil der Nebel wieder sehr dicht war.
In der Höhe von Aachen begann es erneut zu schneien, ich mußte noch langsamer werden, als ich ohnehin war. Später klemmte ich mich sicherheitshalber hinter einen Vierzigtonner, der schnaufend in die Berge der Eifel zog.
Paul und Momo benahmen sich wie immer – als seien wir wochenlang fort gewesen. Sie hatten die Inneneinrichtung im wesentlichen unangetastet gelassen, nur auf der Spüle war ein wenig Unordnung. Paul hatte vermutlich drei kleine Teller untersuchen wollen, die daraufhin die Reise auf die Küchenfliesen angetreten hatten.
»Wir sollten spätestens jetzt eine Flasche Sekt aufmachen«, meinte Dinah ganz nebenbei. »Falls es euch entgangen ist: Wir haben Sylvester, und in einer Stunde beginnt ein neues Jahr.«
Wir sagten nichts, wir starrten uns an, und nach einigen Sekunden räusperte sich Rodenstock und erklärte: »Ich halte das für einen bedenklichen Zustand, wir sind irgendwie meschugge.«
»Kein Widerspruch«, sagte Dinah. »Was ist mit dem Sekt?«
»Ich habe keinen«, murmelte ich. »Wirklich Sylvester?«
»Wirklich Sylvester«, nickte Rodenstock. »Es kann vielleicht auch ein aufgesetzter Schlehenschnaps sein, oder? Ich meine ... ach du herrje! Was soll Emma jetzt denken? Ich habe ihr nicht mal ein frohes neues Jahr gewünscht, ich hab das total vergessen. Und, verdammt noch mal, sie hätte doch mitkommen wollen, äh, können, oder? Ich rufe sie an. Vielleicht hockt sie ja allein herum und so.« Er war seelisch zerknittert und verschwand, um zu telefonieren.
»Ich trinke einen Schlehenschnaps«, beschloß Dinah.
Draußen krachte der erste, wahrscheinlich von ungeduldigen Kindern gezündete Kracher, ein paar Hunde begannen zu bellen.
»Prost«, sagte Dinah und trank von dem Aufgesetzten. »Wir sind wirklich bescheuert, uns so in diesem Fall ertränken zu lassen. Willst du einen Kaffee, damit du mit uns anstoßen kannst?«
»Ich mache das mit Wasser. Ich habe das Gefühl, sämtlichen Kaffee zwischen hier und Amsterdam im Bauch zu haben.«
»Ob wir Glück haben werden miteinander?«
»Das haben wir, das können wir beweisen.«
Rodenstock kam zurück, hockte sich auf einen Stuhl und ließ die Finger der rechten Hand nervös auf dem Küchentisch tanzen. »Ich soll euch grüßen und euch ein frohes neues Jahr wünschen und Erfolg bei diesem Fall und einen Haufen Kinder und was weiß ich noch alles. Natürlich ist sie sauer.« Er schwieg, und wir schauten ihn an. Zwei Minuten später setzte er hinzu: »Natürlich hätten wir ihr anbieten sollen mitzukommen. Wir hätten das tun müssen – sagt sie. Normalerweise seien wir doch höflich. Sie hockt jetzt mit zwei Erbtanten in ihrer Wohnung.« Er grinste matt. »Komisch, selbst ältere Juden haben immer Erbtanten.« Dann wurde er unsicher.
»Sie haben eben einen besseren familiären Zusammenhalt«, murmelte Dinah hilfreich.
»Das haben sie wohl«, nickte Rodenstock dankbar. »Kann ich auch so einen Aufgesetzten haben? Ich bin einfach hundemüde und möchte jetzt schon frohes neues Jahr sagen und verschwinden.
Er baute sich mit seinem Glas förmlich vor uns auf: »Ich wünsche euch von Herzen alles Gute im neuen Jahr und so.«
Wir standen ein bißchen verlegen in der Küche herum und setzten uns schließlich, bis etwa um zehn Minuten vor Mitternacht mein Dorf zu explodieren anfing und die Katzen zu Tode erschrocken unter den Herd sausten und nicht einmal mehr eine Schwanzspitze zu sehen war. So wurden wir ins nächste Jahr geschubst, und eigentlich war es uns von Herzen egal. Die Glocken begannen zu läuten, und wie immer spielten ein Trompeter, ein Saxophonist und ein Tubabläser auf der Straße getragene Weisen; der Musikverein sorgte für die Seinen.
Rodenstock nuschelte: »So ein Scheiß!«, und verschwand.
»Weißt du«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher