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Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Dinah in die Dunkelheit unseres Schlafzimmers. »Ich glaube, daß Betty eigentlich nur mit anderen Männern schlief, weil sie ihre Liebe zu Ole retten wollte.«
    »Ein hoffnungslos weibliches Argument«, brummelte ich. »Sei ein Schwein, rette unsere Liebe!«
    »Das verstehst du eben nicht, mein Lieber«, meinte sie selbstbewußt. Irgendwann, nach einer scheinbaren Ewigkeit, war sie eingeschlafen und rutschte im Schlaf so dicht an mich heran, daß ich ihren Atem wie eine warme Brise auf meinem Gesicht spürte.
    Ich konnte nicht schlafen, ich wälzte mich vorsichtig zur Seite, stand auf, raffte meine Sachen zusammen und verschwand im Bad, um mich anzuziehen. Als ich auf den Flur zurücktrat, stand dort Rodenstock und plärrte schlechtgelaunt, ob ich ihm etwas in den Kaffee getan hätte, er könne nicht schlafen.
    »Das ist vermutlich Emma«, sagte ich unfair, und er starrte mich an und grinste dann etwas verlegen.
    Wir hockten uns in die Küche, Momo hüpfte auf seinen Schoß, Paul auf meinen.
    »Im Ernst«, murmelte ich, »Emma ist eine wunderbare Frau, oder?«
    Rodenstock guckte mich leicht verwundert an. »Ja, und?« fragte er aufmüpfig.
    »Du lieber Gott«, regte ich mich auf. »Du solltest dir auch einmal etwas gönnen.«
    »Ich bin zu alt, nicht mehr gesund«, bellte er.
    »Ja, ich weiß, du hast einen stehenden Krebs«, hielt ich dagegen. »Eigentlich bist du schon lange tot, hast es nur noch nicht gemerkt. Rodenstock, du Gauner, gönn dir doch Emma.«
    »Ich weiß nicht«, sagte er zögernd. »Sieh mal, ich bin wirklich alt und ...«
    »Sie ist auch nicht mehr ganz jung. Und du wirst doch nicht behaupten wollen, daß du jenseits von Gut und Böse bist, oder?«
    »Nein, nein.«
    »Na also. Dann nimm sie und macht einen drauf.«
    »Das sagst du so«, seufzte er. »Ich bin außer Übung.«
    »Dann wird es Zeit, daß du trainierst.«
    »Und wenn sie es gar nicht will?«
    »Oh Gott. Beschütze mich vor Lustgreisen, die so tun, als hätten sie nie gelebt.«
    »Du bist ekelhaft.«
    »Das macht mich so sympathisch. Willst du vielleicht andeuten, daß dein Ding da ... dein Ding da nicht mehr funktioniert?«
    »Das nicht gerade«, grinste er. »Aber nach herrschender Gesellschaftslehre habe ich keine Rechte mehr in dieser Richtung.«
    »Ich habe neulich gelesen, daß Impotenz unter jungen Männern sehr häufig vorkommt«, sagte ich. »Ältere Männer dagegen sind gut in Schuß. Und außerdem soll der Samen jüngerer Männer nichts mehr taugen. Blaue Luft aus schlappen Schwänzen.«
    »Du bist ordinär, Baumeister«, rügte Rodenstock sanft und freute sich offensichtlich an meinen Worten. »Vielleicht rufe ich sie an.« Dann räusperte er sich. »Wie wollen wir weiterkommen?«
    »Weiß ich nicht«, beschied ich ihn. »Was schlägst du vor?«
    »Lose Enden herausfischen und einordnen«, entgegnete er. Er drehte sich um und starrte in die gute Stube hinüber. »Da ist eine Wand. Ich brauche Packpapier oder sowas.«
    Ich besorgte ihm das Papier, dazu einige Filzstifte, rot, schwarz und grün, und Reißzwecken. Rodenstock belegte eine ganze Wand mit dem Papier und machte dabei einen höchst konzentrierten Eindruck.
    »Fangen wir an, schreiben wir auf, wer bisher alles mitspielte.«
    Ich hatte schon immer den Verdacht gehabt, daß sein Gehirn wesentlich logischer und umfassender funktionierte als das meine. Das demonstrierte Rodenstock jetzt auf eine sehr brutale Weise.
    Er murmelte: »Also, wir hätten da ...«, und schrieb dann mit außerordentlicher Geschwindigkeit und ohne auch nur ein einziges Mal zu zögern, die Namen aller Menschen auf, die uns in diesem Fall bisher begegnet waren. Ole, Betty, Schniefke, Mario, Marios Vater, Bauer Mehren, der Arzt Grundmann, der Kriminalist Kremers, Melanie, Gerlinde Prümmer, Jonny, der Staatsanwalt Volkmann und so weiter. Vollkommen mühelos erinnerte er sich auch an die Namen derer, von denen wir nur andeutungsweise gehört hatten, wie zum Beipiel Jimmy, diesen Kumpel von Mario, der seinen BMW mit Drogenverkauf finanzierte.
    »Und Emma«, ergänzte ich nur noch sanft.
    »Und Emma«, nickte er und setzte ihren Namen unter die anderen. »Und jetzt notiere ich mit rot die losen Fäden, okay?« Dann zauberte er wieder, sammelte alles aus seinen grauen Zellen, und nach meiner Überzeugung übersah er nichts: die 50 Portionen LSD, bei denen die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellte, den billigen Bauplatz des Kriminalisten Dieter Kremers, die Kosten für den Neubau. Das Kokain, das

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