Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Schnee

Eifel-Schnee

Titel: Eifel-Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
bestechender Naivität und dummdreister Neugier. Niemand verstand das, jedermann fragte sich sofort, ob Jörn in eine Krise gerutscht sei. Am Tag der außerordentlich prunkvollen Hochzeit gestand die Braut, sie sei im fünften Monat schwanger. Das war sozusagen der gesellschaftliche Hammer.« Emma trank einen Schluck Wein, sie zündete sich eine Zigarette an, sie streifte die Pumps von den Füßen und zog die Beine hoch.
    »Mir fehlen einfach negative Aspekte«, meinte ich.
    »Die kommen!« versicherte sie lächelnd. »Die kommen noch. Es stimmt, der Kerl wirkt geradezu unheimlich perfekt. Also, er heiratete diese merkwürdige Frau, und es stellte sich heraus, daß Geld Geld geheiratet hatte. Sie brachte insgesamt sieben Fachgeschäfte für Antiquitäten mit in die Ehe. Das war was für Jörn, das machte ihm Spaß. Er konnte reisen, soviel er wollte, und er konnte jeden müden Kilometer absetzen. Was er natürlich auch tat. Neben seiner Frau hatte er überall auf der Welt Freundinnen, wobei wir nicht wissen, ob diese Ehefrau das von Anfang an wußte oder nicht. Ganz Amsterdam war am Tag der Hochzeit einhellig der Meinung, daß die Ehe bestenfalls ein oder zwei Jahre dauern würde, die Stadt hatte sich gründlich geirrt. Van Straaten konzentrierte sich aus reiner Liebhaberei auf Antiquitäten und war als Solist sehr schnell erfolgreicher als die gesamte Sippe seiner Frau. Das muß man Jörn van Straaten nämlich zugestehen: Er hat genügend Talente, um in jedem Beruf weitaus besser als der Durchschnitt zu sein. Sein Intelligenzquotient liegt nach Meinung meiner Polizeipsychologen bei etwa 134, ist also beachtlich.«
    Ihr Vortrag über den trefflichen Charakterkopf des Jörn van Straaten schien Emma Spaß zu bereiten und sie zu beflügeln. Sie ging zu einem Sekretär, holte aus einer Schublade eine Schachtel mit Zigarillos und zündete sich einen an. »Das, was an van Straaten negativ auffällt, ist seine ausgesprochen rücksichtslose Art, Menschen zu benutzen und nach Gebrauch wegzuwerfen. Anfangs bemerkt das keiner, weil van Straaten ein höflicher, netter, zurückhaltender und scheinbar bescheidener Mensch ist. Nach dem Motto: Er ist ja ein Multimillionär, aber trotzdem ein Mensch!« Sie grinste leicht entschuldigend. »Der Mann ist für mich der absolut perfekte Blender. Ich habe zwei Fahnder fast in den Wahnsinn getrieben, weil ich sie gezwungen habe, sich mit Einzelheiten aus van Straatens Leben zu beschäftigen, die normalerweise die Polizei gar nicht interessieren würden. Ich bin aber froh, darauf bestanden zu haben, denn im Zuge dieser Ermittlungen wurden die ersten dunklen Ecken sichtbar. Zunächst: Daß er diese schreckliche Hausfrau geheiratet hat, wird darauf beruhen, daß seine Frau in gewisser Weise ebenso Menschen ausnutzt wie er. Wir wissen sicher: Als sie erfuhr, daß sein, na ja, sein Frauenverbrauch geradezu ungeheuer war, schaffte sie sich drei Liebhaber an, junge Kerle, die ihr Bestes gaben. Seine Frau konnte van Straaten nicht manipulieren. Doch sie verfuhr genauso diskret wie er: Nach außen störte nichts die Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung.«
    »Ich muß dich rasch unterbrechen«, schaltete sich Rodenstock ein. »Ich schlafe trotz dieses spannenden Menschen bald ein. Wo liegt der Punkt, wann seid ihr auf ihn in Zusammenhang mit Drogen aufmerksam geworden?«
    »Das ist jetzt mehr als zwei Jahre her. Damals verfolgten wir zusammen mit dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz eine holländisch-deutsch gemischte Gruppe, die ziemlich viel Haschisch und Ecstasy von hier aus über die Grenze brachte. Anfangs dachten wir, es sei eine eigenständige Gruppe, so etwas wie ein Joint venture, weil im Gegenzug ziemlich viel Heroin aus Südrußland zurück in die Niederlande floß. Wir wollten sie haben, alle zwölf. Und wir hatten auf deutscher Seite Erfolg mit einem V-Mann, der in die Gruppe lanciert werden konnte. Der Mann war drei Monate lang direkt im Herzen der Unternehmung. Diese Aktion hat sehr viele Kräfte gebunden, war ungeheuer kompliziert zu steuern, sehr zeitaufwendig, sehr teuer. Wir wunderten uns, als wir feststellten, daß die Märkte in Trier, Wittlich, Koblenz, Bonn und Köln von dem Schlag überhaupt nicht beeindruckt waren. Stoff aus Holland schien in unbegrenzten Mengen vorhanden. Frage also: Wer steckt dahinter? Da mußte jemand genau unterrichtet gewesen sein, was wir taten, denn da hatte jemand während unserer Aktionen ein paralleles Netz aufgebaut. Das war sehr riskant, und es

Weitere Kostenlose Bücher