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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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fragte Vera, wartete nicht auf die Antwort, startete und gab Gas. Dann schlug sie begeistert auf das Lenkrad, brüllte »Jippieeehh!« und raste durch die Eifel, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. »Die Karre ist gut«, seufzte sie zufrieden. »Ein Kapitalistenfahrzeug. Nicht schlecht.«
    »Lass es bitte leben«, murmelte ich demütig. Sie gefiel mir, sie war gut drauf.
    Misstrauen schlich sich ein, als wir auf den Hof in Deudesfeld rollten. Es standen unanständig viele Autos da.
    »Was ist denn hier los?«, wollte Vera wissen.
    »Ich weiß nicht, ich wohne hier erst seit vorgestern.«
    »Aha, seit vorgestern.« Sie glaubte mir kein Wort.
    »Mein Haus ist abgebrannt und irgendwo musste ich ja unterkommen. Unten wohnen Freunde, oben wohne ich.«
    »Dein Haus ist abgebrannt, hä?«
    »Ja, verdammt noch mal.«
    »Und wieso herrscht hier ein Betrieb wie im Kölner Eros-Center?«
    »Was weiß ich, vielleicht ein Sommerfest oder so was. Hier, nimm das Handy, ruf Kischkewitz an, frag ihn, ob ich Mist erzähle.«
    Einen Teil der Autos kannte ich.
    Vera rief tatsächlich an, sie hatte sich immer noch nicht entschließen können auszusteigen. »Chef, ich glaube, ich werde hier verarscht. Er behauptet, sein Haus sei abgebrannt und er wohne hier seit vorgestern. – Ach so, ach ja. Na denn.« Sie gab mir mein Handy zurück. »Aber, ein komischer Vogel bist du schon, oder?«
    Wir stiegen aus und konnten mein Dachgeschoss nicht betreten, weil die Treppe vollkommen besetzt war. Rudi, Rainer, Werner, Petra, Maria, Andrea, Günther und viele Leute mehr strahlten uns an.
    »Wir haben dir das gebracht, was noch zu verwenden war«, erklärte Rudi. »Du musst ja irgendwie klarkommen, haben wir gedacht. Aber wir sind schon wieder weg.«
    Er sah Vera angelegentlich an, grinste und verschwand dann.
    Es war wie ein Spuk. Ehe wir uns gefasst hatten, waren alle wieder vom Hof.
    »War das eine Abordnung der nächstgelegenen psychiatrischen Klinik?«, fragte sie.
    »Das waren meine Nachbarn«, sagte ich gerührt. »Sie haben mir geholfen, sie helfen mir immer.« Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte vor Rührung zu heulen begonnen.
    »Das ist ein Irrenhaus!«, bestimmte Vera. »Ich haue gleich wieder ab, ich war gar nicht hier.« Sie stolperte die letzten Stufen hoch und betrat mein neues Reich.
    Irgendetwas schien nicht in Ordnung zu sein. Sie rief mehrere Male »Huch«, dann gab es einen lauten Krach und sie brüllte: »Scheiße!«
    Ich fragte sicherheitshalber nicht nach. Der Flur stand voller Dinge: Kisten, Kästen, Koffer, Regale, kleine Schränke, große Schränke, Aktenschränke, Sofas, Liegen und ähnliche nützliche Sachen. Irgendwo schräg links von mir musste das sein, was ich dunkel als mögliches Wohnzimmer in Erinnerung hatte. Aber es war schwierig, die Tür zu erreichen. Mittendrin lag Vera auf dem Rücken, und auf ihrem Bauch ein Bügelbrett. Ihre Füße steckten in einer alten Eichentruhe, dort, wo normalerweise eine Schublade steckte.
    »Das tut mir Leid«, murmelte ich betreten.
    Sie sah furchtbar aus, ziemlich mitgenommen. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht. Bis ich begriff, dass es Lachtränen waren, dauerte es einige Sekunden. »So ist das Leben«, japste sie.
    »Willst du einen Wein oder einen Schnaps?«
    »Einen Schnaps«, sagte sie. »Kann man hier auch irgendwo sitzen?«
    »Ich denke, wir versuchen mal diese Richtung.«
    Wir fanden eine Möglichkeit, uns gemütlich gegenüberzusetzen, indem wir die Beine hochnahmen und den Schneidersitz übten.
    Ich holte die Schnapsflasche und für mich ein Wasser.
    »Wieso trinkst du nicht? Das entspannt.«
    »Ich trinke nie.«
    »Du trinkst nie?« Sie glaubte mir schon wieder nicht.
    »Willst du wieder telefonieren? Dieses Mal vielleicht mit Rodenstock?«
    »Nein, nein, schon in Ordnung.« Sie begann erneut vor Lachen zu prusten, krümmte sich nach vorn und nach hinten, hielt sich den Bauch und die Augen geschlossen. Dann warf sie das Wasserglas mit dem Schnaps um, aber das machte schon gar nichts mehr, die Couch war sowieso hinüber und immer noch feucht vom Löschwasser. Das entdeckten wir aber erst, als die Feuchtigkeit durch unsere Jeans drang und die Hosen schon an den Hintern klebten, was erneut ein Grund war, fünf Minuten albern zu lachen.
    Vera wurde unvermittelt ernst und fragte: »Wie hast du das mit diesem Bastian gemacht? Hast du eine besondere Methode?«
    »Nein. Ich habe ihn nur ernst genommen.«
    »Was bist du nur für ein seltener

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