Eifel-Sturm
Hülsdonk erschossen hat. Das hängt übrigens mit ziemlicher Sicherheit überhaupt nicht mit Jakobs Tod zusammen.«
Anna nickte und wandte sich an Vera: »Sie können selbstverständlich hier bleiben. Ich werde nur zunehmend nervös, wenn ich jemanden von der Kripo sehe oder diese Typen von den Geheimdiensten. Tut mir Leid.« Dann drehte sie ihren Kopf. »Was willst du wissen, Baumeister?«
»Wenn ich ehrlich bin, weiß ich das nicht. Ich habe gehört, dass sich Jakob am Sonntagabend gegen 19 Uhr von dir verabschiedet und gesagt hat, er werde bald wieder zurück sein.«
»So war das«, bestätigte sie. »Aber er sagte nicht, wohin er wollte, und nicht, wen er treffen wollte. Und das war schon komisch, normalerweise erzählte er mir das immer. Ich habe in seinem Timer nachgeschaut. Da steht kein Termin verzeichnet. Du kannst den Timer sehen ... Nein halt, kannst du nicht. Den hat die Kripo.«
»Was passierte dann?«
»Nichts. Bis morgens, Montagmorgen, die Polizei kam und mir mitteilte, was passiert war.«
»Du warst hier mit den Kindern im Haus?«
»Nein. Ich bin zu Marlies runter. Du kennst sie. Eine gute Freundin. Wir haben geschwätzt. Bis Mitternacht ungefähr. Dann bin ich heim und habe mich ins Bett gelegt.«
»War dein Mann in den letzten Wochen irgendwie verändert? War etwas an seinem Verhalten nicht wie üblich?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, keine Veränderung. Er war abgearbeitet und erschöpft. Deswegen war er stiller, nicht mehr so hektisch. Aber eine drastische Veränderung gab es nicht.«
»Ich muss das fragen, Anna, weil ich es verstehen will. Wie war eure Ehe in den letzten Monaten?«
»Normal. Oder interessierst du dich für unseren Geschlechtsverkehr?« Da war ein Hauch Verachtung in ihrer Stimme.
»Blödsinn. Ich frage nach möglichen Unruhezuständen. Nach möglicher Entfremdung, nach Gefühlen wie Bitterkeit, Fremdsein, Entfernung, Isolation.«
»Nein. Mein Leben war reich. Ich weiß jetzt erst, wie reich es war. Nichts dergleichen.«
»Aber schlägt nun nicht auch Panik über dir zusammen, wenn die Kripo kommt und erzählt, er habe auf Mallorca mit einer Million Mark in bar eine spanische Finca bezahlt?«
»Panik, Entsetzen, Unverständnis. Genau das.« Verzweifelt wedelte Anna mit den Händen. »Ich kann mir das Ganze nur so erklären, dass er das Haus gekauft hat, um es uns anschließend zu schenken. Schließlich war er ein verrückter Typ. Er hat mir mal einen Volvo geschenkt. Der stand mit einer riesigen lila Schleife eines Morgens vor der Tür. Und frage mich nicht nach dem Geld. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, woher er es hatte. Die Polizei denkt natürlich an Bestechung und Ähnliches. Aber eine Million? Allein der Gedanke ist hirnrissig. Ich habe versucht, Jakobs Reise nach Mallorca zu rekonstruieren, weil er uns schließlich nichts davon erzählt hat. Er ist von Berlin aus geflogen. Die Fraktion hatte eine stinknormale Arbeitswoche. Und er hat zwei Tage dazu benutzt, auf die Insel zu fliegen. Es waren zwei Tage, an denen er keine Sitzung hatte. Nichts Ungewöhnliches. Und warum soll der Mann nicht nach Mallorca fliegen, wenn er uns ein spanisches Haus schenken will? Aber das Geld? Ich weiß es nicht, ich verstehe es nicht. Ist es denn nicht möglich, dass andere sich an dem Kauf beteiligt haben und ihm das Bargeld gaben?«
Ich nickte. »Natürlich. Nur müssten wir diese anderen erst einmal finden. Und wir müssten die Bank finden, die eine Million ausgezahlt hat. Wie waren seine Verbindungen zu den Herstellern dieser Windkrafträder?«
»Na, gut, selbstverständlich. Die laufen uns doch schon seit Jahren die Bude ein. Er hat Freunde darunter. Doch die sind alle befragt worden, keiner von denen hat Jakob eine Million gegeben. Jedenfalls gibt es keiner zu. Und er hätte das Geld auch gar nicht genommen. Ich kenne ihn, das hätte er nie getan.«
Jetzt begann es um ihren Mund zu zucken. Tränen liefen über ihr Gesicht. »Mein Gott, Baumeister. Ich kann diese Fragen nicht beantworten, ich habe keine Antworten, verstehst du?« Sie schniefte in ein Papiertaschentuch, richtete sich dann auf und sagte angriffslustig: »Nachts liege ich wach im Bett und denke über ihn nach. Na klar, dann frage ich mich, ob er vielleicht in Schwierigkeiten war und ich das nicht mitbekommen habe. Ich rede jetzt von finanziellen Schwierigkeiten. Kann aber nicht sein, denn ich war seine Buchhalterin, ich hätte das wissen müssen. Dann sage ich mir: Kann ja vielleicht doch
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