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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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erwiderte Rodenstock nicht ohne Ironie. »Selbstmord war ja nicht nötig. Das hat ihm jemand abgenommen.«
    »Das ist die Geschichte hinter der Geschichte. Ein Motiv!«
    »Richtig. Tote Kinder.«
    Nebenan grölten die Frauen nun: »Our house in the middle of the street.«
    »Weißt du, was mich so nachdenklich macht?« Rodenstock schüttelte den Kopf. »Warum hat die Familie Breidenbachs uns nichts davon erzählt? Und warum hat sie den Mitgliedern der Mordkommission nichts davon erzählt?«

DRITTES KAPITEL
    Die Nacht auf den Montag war nichts als ein schäbiger Rest. Irgendwann gegen fünf Uhr morgens war Vera mit lautem Getöse in meine Ruhe eingebrochen, hatte sich ausgezogen und war nackt in unsere Koje gestiegen – unermüdlich schimpfend, weil ich ihr angeblich keinen Platz machte.
    Als ich aufwachte, lag sie neben mir, hatte ein weißes Gesicht und stöhnte: »Gleich sehe ich grüne Männchen, gleich sehe ich rote und grüne Männchen.« Es war zwölf Uhr.
    Ich löste ihr ein paar Kopfschmerztabletten mit Vitaminen auf und flößte ihr das Gebräu unter ständiger Androhung des baldigen Todes ein. Dann schlief sie wieder und ich wollte mir Kaffee kochen. Das allerdings brauchte ich nicht, denn Emma turnte höchst lebendig und schon wieder muntere Liedchen singend in der Küche herum und brutzelte etwas in der Pfanne.
    »Wieso hast du keinen Kater?«
    »Weil ich niemals Kater habe. Mir fehlen gewisse Sollbruchstellen im Hirn. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, weshalb meine Sippe so zäh ist. Kaffee?«
    »Aber ja! Rodenstock schläft noch?«
    »Ja, natürlich. Er hat mir noch in der Nacht alles erzählt. Was ist mit dieser Leukämiegeschichte?«
    »Die werde ich gleich recherchieren. Steigst du etwa ein?«
    Sie sah mich an und lächelte. »Nein. Tu ich nicht. Es ist wahrscheinlich wichtig, Rodenstock allein arbeiten zu lassen. Wenn ihr absolut nicht mehr weiterwisst, komme ich dann als Deus ex Machina und hole euch aus dem Schlamassel. Wie läuft es mit dir und Vera?«
    »Emma! Das weißt du doch längst. Ihr sitzt in der Küche auf dem Boden und singt allerhand schmutzige Lieder. Du weißt alles.«
    »Stimmt«, nickte sie sachlich. »Aber die Fliesen waren kühl und ich fürchte um meine Blase. Stirbt Vera?«
    »Jede Sekunde einmal. Was ist deine Meinung zu der Geschichte im Steinbruch?«
    »Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass Breidenbach erst jemand anderen tötete, bevor er selbst getötet wurde. Und dass jemand oben auf dem Felsen stand. Dass also mindestens drei Personen im Steinbruch gewesen sind. Sieh mal, die Sonne scheint. Soll ich dir Spiegeleier braten?«
    »Ja, bitte, drei oder vier.«
    Ich marschierte ins Wohnzimmer und rief die Mordkommission an. Kischkewitz war nicht erreichbar, daher verlangte ich den netten Spurenmann, der im Steinbruch aufgekreuzt war, Gregor Niemann.
    »Was ist mit dem Kabel, das Sie gefunden haben?«, fragte ich.
    »Das gehört zur Standardausrüstung eines Richtmikrofons, das von Sennheiser hergestellt wird. Einer meiner Kollegen hat es erkannt, von Zeit zu Zeit benutzen wir die Dinger selbst. Jetzt können wir mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass ein Dritter am Tatort gewesen ist, nämlich einer, der nicht gekommen ist, jemanden zu töten, sondern jemanden zu belauschen. Wenn ich das Tonband hätte, hätte ich auch eine Karriere.« Er lachte.
    »Ich habe noch eine Frage: Welche Gemeinde ist von dieser Leukämiegeschichte betroffen? Und wer weiß darüber Genaues?«
    Es dauerte einen Moment, bis er antwortete: »Wenden Sie sich an den Bürgermeister. Er ist wie üblich der arme Hund, der alles ausbaden muss. Es handelt sich um die Gemeinde Thalbach, ich glaube ...«
    »Ich weiß, wo das ist«, sagte ich. »Und vielen Dank.«
    »Keine Ursache«, brummte er.
    Meine Spiegeleier lagen auf einem Bett aus geräuchertem Strohner Eifelschinken. Ich gab mich ganz dem Genuß hin und Emma guckte mir dabei zu.
    Draußen auf dem Hof knatterte ein kleiner Motor und erstarb. Eine schwarze, schmale Gestalt stieg vom Sattel eines kleinen quittegelben Motorrollers. Als der feuerwehrrote Helm abgenommen wurde, war ich überrascht: »Sieh mal an, Julia Breidenbach, das kleine, bleiche Mädchen.«
    Dann stand sie vor mir in der Sonne, zupfte sich gewaltige Handschuhe von den kleinen Fingern und haspelte nervös: »Ich dachte, ich komme mal vorbei.« Sie kam mit den Handschuhen nicht zurande, sah mich nicht an und machte eine typische Verlegenheitsbemerkung: »Ihr wohnt aber

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