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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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ziemlich sicher, er hat das Vinyl nachgewiesen.«
    »Wie kommst du darauf? Und warum weißt du das nicht mit Sicherheit?«, fragte Rodenstock.
    »Es war ... es ist ... weil ich glaube, dass das für meinen Vater eine wissenschaftliche Herausforderung war. Und dass es ihm stank, dass so etwas durchgehen konnte. Und weil Abi ihn verprügelt hat.«
    »Ich dachte, Abi hat deinen Vater verprügelt, weil diese Sprudelfirma zu tief gebohrt hat«, sagte ich verwirrt. Das Ganze begann aus dem Ruder zu laufen, die Stränge der Geschichte verwickelten sich heillos ineinander.
    Julia schüttelte energisch den Kopf. »Wegen der blöden Bohrung war die Prügelei nicht. Es war, weil ... weil mein Vater Vinyl nachgewiesen hat. Vermute ich jedenfalls.«
    »Aber wieso denn dieser Abi? Der gehört doch zu der Sprudelfirma. Was hat die mit dem Fensterhersteller zu tun?« Rodenstock wedelte mit den Händen, als wollte er die Szene beruhigen.
    Sie erteilte uns mit Kleinmädchenstimme eine Lektion in Sachen Provinz. »Das ist doch ganz einfach. Die halten zusammen, die helfen sich gegenseitig. Der Fensterhersteller und der Sprudelmensch spielen zusammen Golf. Das sind Freunde.«
    »Die Kandidatin erreicht hundert Punkte und gewinnt ein Wasserschloss am Niederrhein«, grinste ich.
    »Wie kann dein Vater Vinyl nachgewiesen haben, wenn das im Trinkwasser nicht möglich ist?« Rodenstock ließ sich nicht ablenken.
    »Man kann es nachweisen. Aber man kann nicht so einfach feststellen, woher das Vinyl kommt. Bei Einleitung von Schadstoffen ins Wasser spricht man von der Notwendigkeit, die Quelle einzukreisen. Man muss beweisen, dass diese spezielle Vinylart nur in der einen Fabrik vorkommt, nirgendwo sonst.«
    »Und das hat dein Vater geschafft, denkst du?«
    »Wie ich ihn kenne, hat er zwei Beweise gemacht.« Ihr Gesicht war sehr weiß. »Er hat das Gift im Trinkwasser in Thalbach nachgewiesen und er hat einen Quellenbeweis erbracht.«
    »Was ist ein Quellenbeweis?«, fragten wir im Chor.
    Sie lächelte, als wollte sie sagen: Moment, Kinderchen, ich erkläre es euch. »Die Dörfer in der Eifel liegen oft in Senken, in alten Vulkankratern. Früher gewannen die Bauern das Trinkwasser mittels einer einfachen Methode: Sie sahen ja in den Geländefalten der Hügel, wo am meisten Wasser zu Tal floss. Auf halber oder drei viertel Höhe wurde dann ein kleiner Tunnel waagerecht in den Berg getrieben und am Grund ein Bassin ausgemauert. Da sammelte sich das Wasser, wurde aufgefangen und in die Leitungen gebracht. Unterhalb der Fensterfabrik liegt ein solches altes, kleines Wasserwerk. Ich wette, Papa hat genau da Proben gezogen und Vinyl gefunden. Vinyl kann nämlich, wenn es in Trinkwasser gerät, ausgasen, das heißt flüchtig werden. Aber Papa hat es nachgewiesen. Deshalb hat Abi ihn halb tot geprügelt.«
    »Verdammt«, explodierte Rodenstock, »dein Vater war Beamter. Er muss die Proben vorgelegt haben, er muss das Ergebnis festgeschrieben haben. Das muss dokumentiert sein.«
    »Das denke ich auch«, nickte Julia. »Erst recht, weil sie im Moment eine Tiefenbohrung niedergebracht haben und kein Mensch sagen will, wer das bezahlt.«
    »Was?«, fragte Rodenstock.
    »Unterhalb der Fensterfabrik wird gebohrt. Wenn man nicht weiß, was dahinter steckt, sieht man das gar nicht. Es sind drei Männer. Sie gehen auf eine Hundert-Meter-Bohrung. Wenn man sie fragt, wer sie bezahlt, antworten sie, das gehe keinen was an.«
    »Du vermutest doch etwas. Sag es!«, forderte Rodenstock.
    »Der Fensterfabrikant bezahlt die Bohrung«, sagte sie einfach. »Ich habe den Ortsbürgermeister angerufen. Der hat behauptet, dass die Gemeinde dafür aufkommt. Das kann aber nicht sein, denn die Gemeinde ist pleite.«
    »Der Fabrikant lässt also ein neues Wasservorkommen anbohren, um sich der mit Vinyl verseuchten Wasserentnahmestelle zu entledigen und damit aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Offiziell ist die neue Bohrung eine Bohrung der Gemeinde. Habe ich das richtig verstanden?«, fragte ich.
    »Ja. Das Wasserwirtschaftsamt in Trier hat die Bohrung auf hundert Meter genehmigt.«
    »Wieso ist man eigentlich so sicher, dass man Wasser findet?«, wunderte ich mich.
    »Papa hat damals die Ultraschalluntersuchungen geleitet. Sie wissen, dass in hundert Metern Tiefe ein Wasservorkommen ist. Das ist unter den alten Vulkanen hier in der Eifel überall so. Das Wasser dürfte etwa zehn- bis zwanzigtausend Jahre alt sein. Das ist ziemlich gutes Wasser. In tausend Metern Tiefe

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