Eifel-Wasser
passiert?«
»Die Rotte Wildschweine im Eichengrund, also querab vom Steinbruch in Kerpen. Die Rotte hat einen ... Menschen gefressen.«
»Können Sie das wiederholen?«
»Mein Chef hat gedacht, wir rufen Sie mal an. Vielleicht hat das ja was mit Breidenbach zu tun. Den kannten wir hier alle.«
»Wieso haben Wildschweine einen Menschen gefressen?«
Der Mann atmete gepresst. »Es ist so, dass die Jäger zurzeit keine Wildschweine schießen dürfen. Oder anders: Sie dürfen schießen, aber sie dürfen sie nicht selbst aufbrechen. Wegen der Wildschweinepest. Sie bringen sie zu uns, zur Försterei. Wir brechen sie auf, weil der Veterinär untersuchen muss, ob die Tiere in Ordnung sind. Und gestern Abend haben wir zwei Schweine gekriegt. Eine Bache, einen Keiler. Wir waren im Holz und hatten keine Zeit, deshalb haben wir die erst heute Abend aufbrechen können. Sie haben beide Menschenteile im Magen und im Darm. Und Kleidungsreste und Lederreste von den Schuhen. Und da dachten wir, wir rufen Sie mal an. Vielleicht hat das ja etwas mit Breidenbach zu tun ...«
»Danke, das war eine gute Idee. Wo sind Sie jetzt?«
»In der Försterei. Die Polizei hat mein Chef auch schon angerufen.«
»Dann kommen gleich die Beamten von der Mordkommission. Erzählen Sie sonst niemandem etwas davon. Wo genau sind die Tiere erschossen worden?«
»Das war in der Suhle an Eckermanns Kreuz.«
»Wo ist das denn?«
»Na ja, ein Kreuz steht da nicht mehr. Ein Bauer, der Eckermann hieß, hatte da ein Kreuz aufgestellt. War ein Versprechen an die Heilige Jungfrau Maria. Das Kreuz ist irgendwann verfault und Eckermanns gibt es auch nicht mehr. Tja, und seitdem heißt die Stelle bei uns Eckermanns Kreuz. Ja, wie kann man das beschreiben?«
»Langsam«, mahnte ich erneut. »Ist das irgendwo in der Gegend vom Kerpener Steinbruch?«
»Genau! Wenn Sie an der Strumpffabrik hochfahren zwischen den Feldern, dann ist links die Einfahrt in den Steinbruch. An dieser Stelle fahren Sie geradeaus bis oben auf die Kuppe. Da geht ein Weg quer rüber über Weideland zu einem Waldrand. Alter Buchenbestand. Da müssen Sie durch, da gibt es keinen Weg. Dann kommt ein Schonungsgebiet. Ziemlich dicht. Geradeaus durch. Dort wird es sumpfig. Sie kommen in eine Senke. Alles voll Matsch. Das ist die Suhle. Da sind sie geschossen worden.«
»Haben Sie jemanden, der sofort dorthin gehen kann?«
»Wieso das?«
»Sie müssen die Suhle absperren, Mann!«
»Da ist doch sowieso kein Mensch.«
»Das sagt ihr Eifler immer und dann gibt es mehr Zuschauer als bei einer Kinopremiere. Schicken Sie jemanden hin. Sofort. Haben Sie ein Bier im Eisschrank?«
»Ja, warum?«, fragte er verwirrt.
»Halten Sie sich daran fest, bis die Polizei eintrudelt.«
»Eigentlich muss ich ja aufräumen. Ist ja alles von Abfällen dreckig und Blut an den Fliesen und so. Und die Gedärme ...«
»Nehmen Sie bloß keinen Wischmopp in die Hand! Es geht um einen Mordfall. Räumen Sie nichts weg!«
»Na ja, ich dachte, vielleicht haben diese Kripoleute es gern ein bisschen sauberer. Das ist eine große Schweinerei hier«, seufzte er.
Ich wählte Rodenstocks Handynummer, in der Aufregung geschah das ganz automatisch. »Sie haben wahrscheinlich Karl-Heinz Messerich gefunden. Die Wildschweine haben ihn gefressen.«
»Willst du mich verscheißern?«
»Zieh dich an, es ist Chaos im Karton. Die Polizei ist schon verständigt. Försterei in Hillesheim und eine Suhle ... Na ja, zieh dir erst mal was an den Hintern.«
Als ich das Haus betrat, stand Emma schon in der Küche und ließ einen Kaffee durchlaufen. »Vera ist auch wach. Hast du Gummistiefel für mich?«
»Ja. Zwar ein bisschen groß, aber es wird gehen.«
»Karl-Heinz Messerich den Wildschweinen zum Fraß vorgeworfen. Das ist ein Titel für die BILD. Jetzt kommt Bewegung in das Spiel.« Sie summte My way.
Mit den Worten: »Wer hat Gummistiefel für mich?«, kam Rodenstock herein, gefolgt von Vera, die sagte: »Das ist mal ein netter Abend. Wer hat Gummistiefel für mich?«
Not schafft Sprache.
Wir teilten uns. Rodenstock und Emma fuhren zur Försterei, Vera und ich zur Wildschweinsuhle.
»Das ist eigentlich genial«, meinte Vera. »Leichenbeseitigung auf die besondere Art. Das heißt doch, dass der Täter gewusst haben muss, dass Wildschweine Aasfresser sind.«
»Nicht nur das. Er muss auch die Suhle kennen. Und er muss verdammt kräftig sein. Denn er musste die Leiche über weite Strecken tragen.«
Die Nacht war lau, kein
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