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Eifel-Wasser

Eifel-Wasser

Titel: Eifel-Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wetten«, erwiderte ich. »Schließlich ist der Tote ja auch hierher gekommen. Und jemand hat teuflisch klar die Idee gehabt, so einen Mord zu vertuschen. Wir hatten nur Schwein, Wildschwein, sonst nichts.«
    »Das ist richtig«, gab er nach ein paar Sekunden zu.
    »Sind Sie Jäger?«
    »Ja.«
    »Was machen Sie beruflich?«
    »Ich will Forstwirtschaft studieren. Wobei das im Grunde vergebens ist. Es gibt nämlich keine Stellen.«
    »Kannten Sie Breidenbach?«
    »Natürlich. Wer in der Gegend kannte den nicht?«
    »Kennen Sie auch seinen Sohn, den Heiner?«
    »Sicher, klar. Und die Julia. Und Holger Schwed. Fehlt eigentlich nur noch Karl-Heinz Messerich, dann ist die Mannschaft perfekt.«
    »Das da im Schuh ist wahrscheinlich ein Rest von Messerich«, sagte ich leichthin. »Wieso Mannschaft?«
    »Na ja, der Breidenbach machte viel mit jungen Leuten. Naturführungen und solche Dinge.«
    Ich überlegte, wie weit ich gehen konnte, und offensichtlich wurde Vera von dem gleichen Gedanken getrieben.
    »Uns beschäftigt etwas«, sagte sie offen. »Kurz vor seinem Tod im Steinbruch hatte Breidenbach Geschlechtsverkehr. Das ist bewiesen. Wir wissen aber nicht, mit wem er ein Verhältnis hatte. Fällt Ihnen eine Frau ein, die infrage kommen könnte?«
    Er lachte unterdrückt. »Nein. Ob Sie da je etwas herausfinden werden? In der Eifel schweigen die Leute über so was.«
    »Ich möchte noch weitergehen«, sagte ich. »Könnte es sein, dass Breidenbach bisexuell oder schwul war?«
    Er war verblüfft. »Das höre ich zum ersten Mal.«
    »Hm. Na, dann wollen wir mal wieder. Wir fahren nun zur Försterei.«
    Er nickte und zündete sich eine neue Zigarette an. »Passen Sie auf, dass Ihnen nicht schlecht wird.«
    »Ach du lieber Gott«, seufzte Vera.
    Wir kletterten den Hang hinauf und stiegen wenig später in den Wagen. Es war jetzt kurz vor eins und angenehm kühl.
    »Sieh einer an«, sagte Vera ungläubig.
    Ich folgte ihrem Blick. Eine Frau stand da und hatte links eine Ziege an der Leine und rechts einen Hund. »Mein Gott, die Klara, das Klärchen. Was macht die hier um ein Uhr nachts?«
    »Was machen wir hier?« Vera lachte leise. »Endlich mal ein völlig normaler Mensch.«
    »Also ›völlig normal ist wahrscheinlich die Untertreibung des Jahres.«
    Wir stiegen aus und ich erinnerte mich an unsere letzte Begegnung. Sie hatte behauptet, den toten Breidenbach auf den Steinen liegen gesehen zu haben. Und dass in jener Nacht viele Menschen unterwegs gewesen wären, was immer ›viele Menschen‹ bedeuten mochte.
    »Wir haben die Fotosammlung der Glaubrechts nicht dabei«, dachte ich laut nach.
    »Doch, haben wir«, sagte Vera. »In meinem Rucksack hinter dem Sitz. Es ist duster hier, wir können nichts erkennen.«
    »Wir setzen uns ins Auto. Klara! Guten Morgen. Was machst du hier um diese Zeit?«
    »Spazieren gehen. Immer unterwegs«, erwiderte sie und murmelte dann: »Schöner Peter. Siggi.«
    Die Promenadenmischung neben ihr benahm sich freundlich und wackelte mit dem Schwanz. Die Ziege, eine ältere Dame, betrachtete uns ruhig mit ihren faszinierenden Balkenaugen und meckerte nicht einmal. Die drei wirkten irgendwie rührend, Boten aus einer anderen Welt.
    »Hallo, Klara«, sagte Vera.
    »Hallo, Vera.« Sie hatte unsere Namen behalten, wahrscheinlich hätte sie unsere Unterhaltung von vor ein paar Tagen ziemlich genau wiedergeben können.
    »Meisje hat mich geweckt. Das ist Meisje, meine älteste Ziege. Sie passt immer auf, wenn jemand hochfährt. Meisje ist holländisch, Meisje heißt Mädchen. Was ist hier los?«
    »Wildschweine haben einen Menschen gefressen, einen toten Menschen. Dort unten in der Suhle«, erklärte ich.
    »An Eckermanns Kreuz«, nickte sie verständig und nicht im Geringsten erschrocken. »Wildschweine fressen alles. Besonders die Säue, wenn sie Frischlinge führen. Sie fressen alles, was sie finden. Auch Menschen.« Sie schien sich an etwas zu erinnern. »Achtundvierzig war das. Wir hatten viel Wild, viele Schweine, viele Säue. War ein gutes Eicheljahr. War sehr kalt, aber ein gutes Eicheljahr. Kam ein Strolch aus Köln, war ziemlich jung. Wollte Kartoffeln haben und so jet. Ich wollte nichts geben, war nicht gut, der Strolch. Hatte ein Gewehr dabei. War ein Soldatengewehr, kein Jagdgewehr. Ist runter ...«
    »Moment«, sagte Vera. »Was ist so jet?«
    »So was«, antwortete ich. »Mach nur weiter, Klara.«
    Sie lächelte breit. »Ist der Strolch runter in die andere Suhle. Unten im Greisenbüsch. Hat

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