Eifelheiler (German Edition)
mit dem Zeigefinger auf die Lippen.
»Das sagt ein schwuler Kölner. Läuft bei euch in der Stadt nicht
jeder Zweite mit so etwas herum?«
»Hätten wir die Perle im ›Timp‹ gefunden, wäre meine
Schlussfolgerung anders ausgefallen. Aber bei euch Hinterwäldlern spricht ja
wohl noch alles für eine klassische Rollenverteilung.«
»Timp?«, fragte Fischbach. »Hast du jetzt einen Sprachfehler?«
»Ist eine Kneipe in Köln, mit Travestieshows und so weiter.«
Missbilligend grunzte Feuersänger, sagte aber nichts. Er stellte
sich vor Fischbach und schoss eine Porträtaufnahme.
»Was soll der Quatsch?«, fuhr Fischbach ihn an. Sein geschwollenes
rotes Auge würde ihn auf dem Bild wie Quasimodo aussehen lassen. Er verspürte
kein Bedürfnis, dem Gespött der ganzen Polizeibehörde ausgesetzt zu werden.
Sofort wurde das Jucken wieder stärker. Er rieb mit dem Fingerknöchel übers
Auge.
»Hört auf zu spielen«, sagte Welscher. »Zeig mal her.« Er hielt
fordernd die Hand auf.
Fischbach überreichte ihm die Tüte.
Welscher hob sie vor seine Augen und betrachtete den Inhalt genau.
»Also ich bin sicher …«
»Mensch, jetzt sag halt, was du denkst«, fuhr Fischbach auf. Das
geheimnisvolle Getue ging ihm auf die Nerven. Er wollte endlich zurück ins Büro
und nach den Tropfen suchen. Sein Auge fühlte sich inzwischen an, als ob es aus
der Höhle quellen würde.
Welscher ließ die Tüte sinken. »Ja, ich bin sicher, die Bartels hat
eine Kette mit genau solchen Perlen. Sie hat immer daran rumgespielt. Sah aus,
als ob sie einen Rosenkranz beten würde.«
Erstaunt stoppte Fischbach das Reiben. »Wirklich? Die Bartels?« Er
ließ den Besuch bei ihr in der Wohnung Revue passieren. Welscher hatte recht.
Sie hatte eine Kette um den Hals getragen.
»Wir sollten sie danach fragen«, schlug Welscher vor.
Fischbach riss sein Handy aus der Lederjacke und wählte Bianca
Willms an. »Ist die Bartels noch da?«, fragte er, als sie sich meldete.
»Die sitzt noch unten im Büro.«
»Sehr schön.« Fischbach hob den Daumen, und Welscher nickte
zufrieden. Sie hatten Maria Bartels bei ihrer Abfahrt in die Obhut von
Porno-Maier gegeben. Er sollte sie ein wenig aushorchen und sie nur wenn es
länger dauern sollte gehen lassen.
»Gut. Sieh zu, dass das so bleibt. Wir sind in fünfzehn Minuten da.«
»Und wenn sie gehen will?«
Fischbach überlegte nicht lange. »Dann nimm sie vorläufig fest.
Verdacht des Mordes an Veronika Kramann. Und schwere Körperverletzung,
vielleicht sogar Mordversuch, an ihrem Mann.«
***
Die Luft stand im Büro. Welscher kippte das Fenster. Seine Nase
pochte wieder stärker. Seit er den Golfschläger gesehen hatte, musste er die
ganze Zeit an seinen Vorfall denken. Obwohl er Klötsch deswegen letztens noch
ans Leder gewollt hatte, tat der Mann ihm jetzt leid. Schädelbasisbruch, hatte
der Arzt ihm vorhin bei seinem Anruf im Krankenhaus mitgeteilt. Bis auf
Weiteres wurde Klötsch im künstlichen Koma gehalten. Gott sei Dank bestand
keine akute Lebensgefahr.
Seit zwanzig Minuten verhörten sie Maria Bartels. Fischbach hatte
ihr die Perle gezeigt und vom Angriff auf ihren Mann berichtet. Ihr einziger
Kommentar bisher war »Der verdammte Drecksack« gewesen. Welscher hatte dabei
jedoch den Eindruck gehabt, dass sie gar nicht Klötsch gemeint hatte.
»Ihr Mann hatte gestern einen Auftritt, anschließend war er mit
seinen Kollegen auf einer Geburtstagsfeier. Das hat uns der Intendant vor
einigen Minuten telefonisch durchgegeben. Also ist Ihr Mann entweder auf dem
Heimweg, gegen kurz nach zwei in der Nacht, oder heute Morgen bei einem frühen
Spaziergang überfallen worden. Wo waren Sie in dieser Zeit?«
Maria Bartels reagierte nicht. Ihr Kiefer malmte beständig weiter.
»Frau Bartels«, sagte Fischbach, »jetzt rücken Sie schon raus damit.
Das ist doch Ihre, oder nicht?« Er schob das Tütchen über den Tisch näher zu
ihr hin. Die Perle wirkte im künstlichen Licht der Neonlampe stumpf.
Nur kurz warf Maria Bartels einen Blick darauf. Die Bewegung ihrer
Kiefermuskeln zeichnete sich deutlich unter ihrer Haut ab. Welscher hörte etwas
knirschen. Die armen Zähne, dachte er. Er hasste dieses Geräusch. Es erinnerte
ihn an seinen zornigen Vater, als der ihn damals aus dem Haus geworfen hatte.
Ihm lief eine Gänsehaut über den Rücken. Diese Frau konnte einem Angst
einjagen. Wer wusste, wozu sie in ihrer Wut fähig war? Inzwischen traute er ihr
alles zu.
»Es nützt doch nichts, wenn Sie schweigen«,
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