Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifelheiler (German Edition)

Eifelheiler (German Edition)

Titel: Eifelheiler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Jagusch
Vom Netzwerk:
gebrochen.«
    »Tragisch.«
    Charlottes Miene verdüsterte sich. »Bei dir hört sich immer alles so
gefühllos an.«
    Stephan straffte sich. »Nein, entschuldige bitte. Es tut mir leid,
dass du einen Freund verloren hast. Wie alt war er denn?«
    »Er wäre in zwei Monaten siebzig geworden.«
    Stephan nickte. »Dann war er vermutlich nicht mehr gut zu Fuß.«
    Charlotte schüttelte den Kopf. »Fritz war topfit. Der ging für ein
Jahrzehnt jünger durch. Ein sportlicher Typ, immer schon gewesen. Denk nicht,
dass er ein alter Tattergreis war.«
    Stephan schmunzelte. Charlotte erriet mitunter seine Gedanken.
Tatsächlich hatte er einen schlurfenden, gebrechlichen Großvater vor seinem
geistigen Auge gesehen, der eine Stufe verfehlte und zu Tode stürzte. »Dann ist
der Verlust umso größer. Richte deiner Freundin mein Beileid aus. Ein
tragischer Unfall.«
    »Das ist der Punkt«, warf Charlotte erregt ein. »Elfi befürchtet,
dass der Sturz kein Unfall war.«
    Stephan gähnte und sah in den Garten. Der Rasen stand zu hoch, die
Obstbäume müssten geschnitten werden, die Brombeerbüsche gestutzt. »Aber was
habe ich damit zu schaffen?«, brummte er.
    »Wie schon gesagt: Offiziell geht die Polizei von einem Unfall aus«,
wiederholte Charlotte. »Elfi fragte mich, ob ich nicht mal nachhören kann, ob
du, äh, also sie zweifelt …«
    Stephan stöhnte auf.
    Charlotte blies eine riesige Rauchwolke aus. »Und?«, fragte sie
schlicht.
    »Es war ein Unfall. Was soll ich da noch machen?«
    »Du kannst dir die Sache zumindest mal anhören.«
    Stephan kratzte sich am Haaransatz. »Das gefällt mir irgendwie
nicht.« Er kniff die Augen zusammen und sah dem Flugzeug nach, das nach dem
Start am Konrad-Adenauer-Flughafen einen Bogen über dem Vorgebirge zog.
    Charlotte hustete. Sie zog ein letztes Mal an ihrem Zigarillo und
drückte den Stumpen im Aschenbecher aus. »Komm mit, mir zuliebe, ja?«, säuselte
sie. »Elfi ist eine liebe Freundin von mir. Ich möchte sie nicht enttäuschen.
Tu mir den Gefallen.«
    Stephan runzelte die Stirn und musterte Charlotte. »Enttäuschen?
Weil ich nicht mitkommen könnte? Seltsame Freundschaft.«
    »Ach komm, lass dich nicht so bitten.«
    Er wischte sich eine Ameise von den Beinen. Die Viecher hatten den
ganzen Garten in Beschlag genommen. »Ich weiß nicht.«
    Charlotte lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Der
Saum ihres Kleides rutschte ein Stück nach oben. »Mir zuliebe, ja?«,
wiederholte sie.
    Stephan zögerte. Der Garten wartete, im Haus sah es aus, als ob dort
eine Horde Hunnen durchgezogen wäre, und am Nachmittag hatte er den Termin in
der Kneipe in Waldorf, die er von seinem Onkel geerbt hatte und mit der er noch
nichts Richtiges anzufangen wusste. Er verspürte überhaupt keine Lust, dem ein
Gespräch mit einer »lieben Freundin« hinzuzufügen.
    Charlotte streckte die Arme nach hinten und dehnte sich. Ihre festen
Brüste zeichneten sich unter ihrem Kleid deutlich ab. »Ich habe heute Abend
Zeit«, hauchte sie, »und würde gern über Nacht bleiben.«
    Auf der anderen Seite wollte ich sowieso ein Ründchen mit dem Benz
drehen, dachte Stephan. Dafür habe ich ihn gestern schließlich angemeldet. Er
grinste. »Nette Vorstellung. Grenzt irgendwie schon an Bestechung«, stellte er
fest und stand auf. »Also gut, wie sollte ich dir einen Gefallen ausschlagen
können. Aber wir fahren mit dem Benz. Auf dem Weg kannst du mir dann mehr
erzählen.«
    * * *
    Der Diesel brummte gemütlich vor sich hin, als sie am Ortsausgang
von Sechtem in die Dahlienstraße in Richtung Bornheim einbogen.
    »Elfi kenne ich schon ewig«, informierte ihn Charlotte. »Wenn sie
sagt, da stimmt was nicht, dann glaube ich ihr. Sie ist zwar nicht mehr die
Jüngste, letztes Jahr haben wir ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert,
geistig ist sie aber absolut fit. Nur körperlich leider nicht. Sie ist
gebrechlich, das genaue Gegenteil von Friedrich.« Sie öffnete das Fenster einen
Spaltbreit und ließ den Fahrtwind über ihr Gesicht streichen. »Wir hätten mein
Cabrio nehmen sollen, bei dem Wetter«, murmelte sie.
    »Vergiss es«, meinte Stephan bloß und setzte auf der Höhe des
Gemüsewegs an, einen Traktor zu überholen. Der Mercedes nahm, einem
Hochseedampfer gleich, gemütlich Fahrt auf.
    »Wir wären auch schneller gewesen«, lästerte Charlotte. »Ein
Beschleunigungswunder ist der Wagen deines Vaters ja nicht gerade.«
    »Wirst dich schon dran gewöhnen. Hier zählen andere Werte.«

Weitere Kostenlose Bücher