Eifelheiler (German Edition)
Ding doch mal einen Moment aus«, forderte seine Frau
genervt. »Günter geht nirgends ohne das Ding hin«, fügte sie hinzu. »Das nervt.
Selbst auf die Toilette nimmt er es mit.«
Fischbach verstand ihren Ärger. Seit diese neumodischen Dinger den
Markt überschwemmten, sah man gerade bei den jüngeren Kollegen nur noch über
das Handy gebeugte Köpfe. Jede Terminabsprache musste ihrer Meinung nach
elektronisch erfolgen. Er lehnte neue Techniken nicht ab, doch ihm blieb der
Sinn verborgen, sich E-Mails zu senden, wenn man auf dem gleichen Flur saß.
»Wir sprachen gerade über Patrick und das Verhältnis zu seiner Großmutter.«
Wolfs Miene verdüsterte sich. Er rieb sich den Nacken. »Was hat denn
mein Sohn mit dem Mord zu schaffen?« Seine gute Laune war übergangslos
verschwunden.
Beruhigend legte Barbara Wolf ihm eine Hand auf den Oberschenkel.
»Das verstehe ich auch nicht. Die Kommissare haben wohl mitbekommen, dass meine
Mutter auf Patrick nicht gut zu sprechen war.«
Endlich eine klare Aussage, dachte Fischbach zufrieden.
»Okay«, sagte Wolf gedehnt, »trotzdem. Sie werden meinem Sohn ja
wohl kaum einen Mord anhängen wollen.«
Beschwichtigend hob Fischbach die Hände. »Bitte, von etwas Anhängen
kann keine Rede sein. Ihr Sohn ist ja auch erst …« Er zog sein Notizbuch aus
der Tasche und blätterte suchend darin herum.
»Dreizehn«, soufflierte Welscher.
»Genau, dreizehn«, wiederholte Fischbach. »Er wird ja sicher nicht
bei seiner Oma reinspaziert sein und …« Er brach ab und lachte laut. »Nein,
bestimmt nicht.«
»Was also dann?«, fragte Wolf.
Fischbach kratzte sich am Kinn. Jetzt wurde es schwierig. Ein von
der Großmutter abgelehntes Enkelkind könnte bei den Eltern zu einer
Kurzschlussreaktion geführt haben, zu einem blutig verlaufenden Aussetzer. Die
Wolfs würden bestimmt nicht erfreut auf solche Thesen reagieren. »Warum
verstanden sich die beiden denn nicht?«
»Das beantwortet nicht meine Frage«, fuhr Wolf auf.
Fischbach versteifte sich und lehnte sich vor. »Muss es auch nicht.
Ich schulde Ihnen keine Antwort. Ich stelle die Fragen. Ist das klar?«
Betont langsam, ohne den Blick von Fischbach abzuwenden, krempelte
Wolf seine Hemdärmel nach oben. »Wenn Sie denken, ich kusche vor der Polizei,
dann haben Sie sich aber geschnitten.«
Die Küche schien plötzlich elektrisch aufgeladen zu sein.
»Kann ich bitte noch etwas Tee haben?«, fragte Welscher in die
Spannung hinein, »der ist ausgezeichnet.«
Irritiert blickte Barbara Wolf ihn an, dann stand sie auf und
schenkte ihm nach. Ihrem Mann goss sie etwas aus einer Flasche ein, in der
Kräuterstängel schwammen. »Nervenkräutlein. Wird dich etwas beruhigen, Schatz.
Sie machen doch nur ihre Arbeit.« Sie stellte die Flasche zurück auf das Regal
und blieb, an die Spüle gelehnt, stehen.
Argwöhnisch beäugte ihr Mann das Glas, stürzte dann den Inhalt mit
einem Schluck herunter. »Und wenn ich mich gar nicht beruhigen will?«, murmelte
er, wirkte aber besänftigt.
Barbara Wolf verschränkte die Arme vor der Brust. »Patrick ist
eigentlich nicht Günters Sohn«, sagte sie. »Damit ist meine Mutter nicht
klargekommen.«
»Im Ernst?« Verständnislos sah Fischbach sie an. »Das ist doch
heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr.«
»Tiefste Eifel«, flüsterte Welscher und feixte, »sag ich ja immer.
Da gehen die Uhren anders.«
»Ach Quatsch«, raunzte Fischbach. Welscher schien immer noch auf
Konfrontation mit der hügeligen Landschaft und ihren Einwohnern gehen zu
wollen. »So rückständig sind wir nun auch nicht.«
»Leider muss ich Ihrem Kollegen beipflichten«, brummte Wolf. Er
winkte fordernd mit dem Glas. Seine Frau schenkte nach. »Meine Schwiegermutter
war erzkonservativ«, berichtete er und schnupperte an dem Aufgesetzten. »Und
gläubig. Selbst der Papst hätte sich bei Vrönn eine Scheibe abschneiden können.
Gebete, regelmäßige Kirchenbesuche. Fahrten nach Kevelaer, das volle Programm.«
Verächtlich zog er einen Mundwinkel nach oben. »Aber mit Patrick wollte sie
nichts zu schaffen haben. So viel zur christlichen Nächstenliebe.«
Welscher lehnte sich näher zu Fischbach. »Siehste.«
Fischbach fuhr mit der Hand durch die Luft, als würde er eine
lästige Fliege verscheuchen wollen. »Eine Ausnahme.« Er wandte sich an Frau
Wolf. »Mir ist das alles noch nicht ganz klar. Sie haben Patrick also mit in
die Ehe gebracht?«, fragte er.
Barbara Wolf schüttelte den Kopf und senkte den Blick.
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