Eifelheiler (German Edition)
»Ein
Ausrutscher. Günter und ich waren bereits zwei Jahre verheiratet, als es
passierte.«
»Aber hätte Ihre Mutter dann nicht auch mit Ihnen brechen müssen?«
»Mir hat sie verziehen.«
Ihr Mann schlug mit der Faust auf den Tisch. »Daran erkennen sie,
wie idiotisch die Gedankengänge meiner Schwiegermutter waren. Patrick ist
trotzdem mein Sohn.«
»Weiß er davon?«, meldete sich Welscher zu Wort. »Also von dem
Ausrutscher?«
»Nein«, antwortete Wolf, »noch nicht. Wir wollen es ihm sagen, wenn
er größer ist. Bis dahin bin ich sein Vater, komme,
was wolle.«
»Und der Junge hat nie gefragt, warum seine Oma ihn ablehnt.«
»Wir haben ihm erzählt, dass sie krank ist und er es nicht
persönlich nehmen soll.«
Barbara Wolf stellte sich hinter ihren Mann und legte zärtlich ihre Hände
in seinen Nacken. »Günter hat mir nie Vorwürfe gemacht. Nie. Und Patrick
behandelt er wie seinen leiblichen Sohn.« Sie legte kurz ihre Wange an seine.
»Dafür bin ich ihm sehr dankbar.«
Er ergriff ihre Hand und drückte sie kurz. »Für meine Schwiegermutter
war ich ein Weichei, ein Schlappschwanz. Worte, die sie mir gegenüber öfter
benutzte. Warum sonst sollte ihre Tochter sich in die Arme eines anderen
geflüchtet haben?«
»So etwas schmerzt sicher«, sagte Fischbach.
»War mir egal. Ich bin da hart im Nehmen. Habe ihr trotzdem immer
geholfen, wenn Not am Mann war. Vor drei Monaten habe ich ihr sogar das Haus
renoviert, vom Keller bis zum Dach. Umsonst, nebenher. Ich bin da nicht so.
Sagen Sie mir jetzt bitte: Wer ist hier der wahre Christ?«
Kommentarlos hob Fischbach die Schultern und ließ sie wieder fallen.
In solchen Dingen wollte er Fremden gegenüber keine Position beziehen. War
Günter Wolf wirklich so friedlich, wie er ihm hier weismachen wollte? Eben noch
wäre er fast über den Tisch gesprungen. Er beschloss weiterzubohren. »Ich kann
mir immer noch nicht vorstellen, dass jemand sein Enkelkind ablehnt, nur weil
es das Ergebnis eines Ausrutschers ist. Tut mir leid, das ist mir zu wenig.
Irgendetwas verschweigen Sie mir.«
Wolf drehte den Kopf und sah seine Frau an. Die ließ ihn los und
ging zur Tür. »Warten Sie bitte, ich hole Patrick.«
Fischbach verkniff sich einen ärgerlichen Kommentar. Was sollte das
denn jetzt? Wich sie ihm aus? Er hörte sie im Obergeschoss herumlaufen und kurz
darauf zurückkehren, begleitet von trippelnden Schritten. Dann stand sie wieder
in der Tür. »Mein Sohn Patrick.« Sie wandte sich um, gab dem Jungen, der hinter
ihr verborgen war, einen Kuss und schob ihn in die Küche.
Patricks Anblick ließ Fischbach zusammenschrecken. Der Junge sah aus,
als ob er durch den Fleischwolf gedreht worden wäre. Die Haut war rot
entzündet, keine Körperstelle schien davon ausgenommen zu sein. Schuppen
bedeckten die Regionen, die weniger befallen wirkten. Seine Augen waren zu-,
die Ohren angeschwollen. Selbst unter den Haaren leuchtete die Kopfhaut rot.
Fischbach schüttelte sich. Er dachte an vorhin, als Barbara Wolf rasch über den
Tisch gewischt hatte. Waren es keine Brötchenkrümel gewesen, sondern
Hautschuppen?
»Guten Abend«, sagte der Junge höflich und verneigte sich leicht.
Fischbach hob die Hand zum Gruß. »Hallo, Patrick.«
»Nett, dich kennenzulernen«, fügte Welscher hinzu.
Vorsichtig machte Patrick einen Schritt auf sie zu. Er trug ein
weites Baumwollshirt und eine viel zu weite kurze Hose.
Vermutlich verträgt er nichts Enganliegendes auf der Haut, dachte
Fischbach. Oder der Stoff klebt nach dem Eincremen zu sehr am Körper.
»Sind Sie wirklich von der Polizei? Echte Kommissare?« Seine Augen
leuchteten auf.
Welscher zog seinen Dienstausweis und hielt ihn ihm hin. »Richtig
echte Bullen, hier ist der Beweis.«
»Boah, super. Ich will auch mal Polizist werden.« Er schob
entschlossen das Kinn vor.
»Du wirst sicherlich ein guter Kommissar«, sagte Fischbach, obwohl
er bezweifelte, dass Patrick jemals die körperliche Eignungsprüfung bestehen
würde. »Warte mal.« Er kramte in seiner Jackentasche, zog seine Visitenkarte
heraus, glättete sie mit der Faust und hielt sie Patrick hin. »Wenn es so weit
ist, meldest du dich bei mir. Mal sehen, wie ich dir dann helfen kann. Einverstanden?«
»Cool!« Freudig riss Patrick ihm die Karte aus der Hand. »Klar rufe
ich an. Danke.«
»Du kannst jetzt wieder spielen gehen.« Wolf wuschelte ihm zärtlich
und überaus vorsichtig durch die Haare.
»Okay«, sagte Patrick. Beim Hinausgehen sah er unentwegt auf
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