Eifelheiler (German Edition)
seine
Alleingänge. Eine gebrochene Nase. Es hätte auch anders kommen können. Wenn der
solche Dinger jetzt öfter durchzieht, na dann danke.«
»Warum sprichst du nicht einfach mit ihm darüber?«
»Ich wollte vorher hören, was du dazu sagst. Schließlich kennen wir
beide uns schon ewig, und ich schätze deine Meinung. Außerdem arbeitest du
tagtäglich mit ihm zusammen, nicht ich.« Er fixierte Fischbach. »Frei raus.
Dreht der Junge langsam durch? Oder bekommt er noch die Kurve?«
Fischbach wurde es heiß und kalt gleichzeitig. Welscher wollte am
liebsten wieder nach Köln, das wusste er. Aber wenn er hier und jetzt
Entsprechendes äußern würde, wäre Welscher in ein paar Tagen fort. Und alles in
Fischbach sträubte sich dagegen. Wer wusste schon, wer dann als Ersatz
auftauchen würde. Vielleicht ein Sachse, den man nicht verstand, weil er
anstelle von Vokalen nur Umlaute kannte. Und er hoffte immer noch, dass er mit
seiner Offenbarung bei Welscher einen Schalter umgelegt hatte. Dieses
Bewusstsein musste in dem Jungspund womöglich nur noch ein wenig reifen.
Bönickhausens Blick brannte auf Fischbachs Haut. Er musste sich
entscheiden.
»M’r moss keenen Hövel für ‘ne Berg halde«, sagte er und streckte
sich, um Entschlossenheit zu symbolisieren. »Das kriegen wir schon hin. Der
wird sich hier sicher bald wohlfühlen.«
Bönickhausen rieb sich das Kinn. Er wirkte skeptisch. »Dein Wort
drauf? Ich will dem Jung ja auch nichts verbauen.«
»Warte ab. In einigen Monaten wird er wieder der Musterschüler sein,
der er in Köln war«, sagte Fischbach mit hinter dem Rücken gekreuztem Mittel-
und Zeigefinger.
Bönickhausen atmete kräftig durch. »Okay. Er bleibt, und du kümmerst
dich um ihn.«
»Das wird schon.« Fischbach stand auf und klopfte Bönickhausen
betont gelassen auf die Schulter. Dann verließ er mit einem verdammt schlechten
Gewissen das Büro. Er hatte Welschers ersehnte Rückkehr nach Köln verhindert
und hoffte, dass seine Rechnung aufgehen und dieser ihm das nicht irgendwann
böse nachtragen würde.
***
Die Wohnzimmeruhr tickte nervtötend laut. Maria Bartels hatte
auf dem Sofa Platz genommen und stierte mit giftiger Miene vor sich hin. Ihr
graues Kleid unterstrich ihre Stimmung. Sie ließ die Perlen der Kette, die um
ihren mageren Hals hing, durch ihre Hand gleiten, als würde sie einen
Rosenkranz beten.
»Warum haben Sie uns angelogen, Frau Bartels?«, fragte Fischbach. Er
saß im Sessel vor dem fast deckenhohen Kratzbaum. Zwei Katzen schliefen
eingerollt auf den kleinen Podesten. Verschlafen blinzelten sie in die Gegend.
Mistviecher, fluchte Welscher. Eigentlich hatte er nichts gegen Katzen.
Sie bewegten sich anmutig und hatten ihren eigenen Kopf. Das mochte er an
ihnen. Doch seine Allergie ließ ihn ungerecht werden. Obwohl er in der Tür
stehen geblieben war, weit weg von jeglichem Vierbeiner, kribbelte es bereits
in seiner Stirnhöhle.
Energisch schob Maria Bartels das Kinn vor. »Wer sagt Ihnen denn,
dass nicht mein Mann derjenige ist, der lügt?«
»Die Staatsanwältin«, erwiderte Fischbach ruhig. »Sie hat ihn auf
der Bühne gesehen. Er war also am Samstag definitiv nicht hier bei Ihnen,
zumindest nicht während der Aufführung. Die Zeiträume davor und danach klären
wir noch.«
»Kann es sein, dass Sie am Samstag bei Ihrer Schwester waren?«,
fragte Welscher. Er kämpfte gegen den Wunsch an, seine juckenden Augen zu
reiben.
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich war zu Hause.«
»Den ganzen Tag?«
»Den ganzen Tag.«
Welscher nieste, und ein schmerzender Stich raste von seiner Nase
ausgehend durch die Stirnhöhle.
»Ich kann allein weitermachen«, bot Fischbach an, der ihn mit einer
besorgten Miene anschaute.
»Ein paar Minuten halte ich noch durch«, lehnte Welscher das Angebot
ab. »Jetzt mal zum Wesentlichen, Frau Bartels. Ihr Mann hat ausgesagt, dass Sie
am Samstagnachmittag nicht im Haus waren, als er zurückkam, um seinen Hut zu
holen.« Ihm fiel auf, dass er beim Sprechen näselte. Du klingst wie Theo
Lingen, dachte er.
Die Kiefermuskeln von Maria Bartels traten hervor. Sie knirschte mit
den Zähnen.
Welscher lief eine Gänsehaut über den Rücken. »Wo waren Sie? Rücken
Sie endlich raus damit.«
Das Knirschen wurde lauter.
»Sie waren bei Ihrer Schwester, nicht wahr? Sie haben sie wegen der
Affäre mit Ihrem Mann zur Rede gestellt, Sie haben sich gestritten, und dann
sind Sie durchgedreht. War es nicht so?« Er hatte die Stimme angehoben,
Weitere Kostenlose Bücher