Eigentlich bin ich eine Traumfrau
den Zorn, der langsam die Leere füllt. Gut, das ist der erste Schritt zur Besserung. Trotzig beschlieÃe ich, auch gleich den zweiten zu gehen und mal wieder alle zu mir auf ein Glas Wein einzuladen. Die Stimmung ist dann aber leider eher gedrückt. Offenbar sind sich Hrithik, Tanja und Toni nicht so sicher, wie sie mit Peters und meinem Elend umgehen sollen und drucksen komisch herum. Hrithik und Tanja wagen nicht einmal, Händchen zu halten, was sie sonst pausenlos tun. Es hilft auch nichts, dass ich immer wieder angetrunken und fröhlich rufe: »Ich bin schon fast über das Schwein hinweg.«
Tanja und Toni werfen sich nur vielsagende Blicke zu, als sei dies die letzte Aufwallung vor meinem totalen Zusammenbruch.
I ch beschlieÃe, den Rest des Wochenendes bei meinen Eltern zu verbringen. Ein bisschen den Babybauch meiner Schwester streicheln, mich ein bisschen über Mutter ärgern. Wie in den guten alten Zeiten, als man noch nicht in einen Buchladen gestolpert war, weil man das Foto eines Schriftstellers erblickt hatte. Dessen Augen dann nicht einmal grün waren, wie ich sie mir in meiner Phantasie ausgemalt hatte, sondern ozeanisch blau. Wässrig blau, schiebe ich boshaft hinterher. Das hätte mir eigentlich eine Warnung sein müssen. Der ganze Typ ist eine einzige Mogelpackung. Vermutlich hat sein Hund die gefühlvollen Romane geschrieben. Die werfe ich jedenfalls erst mal ins Altpapier. Sonst besitze ich leider nichts von ihm, das ich zerreiÃen,
zertrampeln oder zerschneiden könnte. Nur ein paar welke Rosen, die im Biomülleimer nebenan landen. Solange mir noch eine saubere Mülltrennung gelingt, kann ich nicht ganz hinüber sein. Zum Glück liest meine Mutter die Bild nicht, sonst hätte sie schon längst angerufen.
S chade«, sagt meine Mutter, »ich hatte das erste Mal bei einem von deinen Männern ein gutes Gefühl. Aber es ist natürlich auch schwer, einen echten Künstler zu halten. Er muss ja schon seiner Aufgabe wegen das Leben in allen Tiefen auskosten.«
»Wohl eher Untiefen«, brummt mein Vater, »auf mich macht er eher einen seichten Eindruck. Nicht grämen, Liebes, so einen brauchst du nicht. Du kannst doch jeden haben.«
Das trifft zwar nicht zu, aber ich gebe ihm trotzdem einen Kuss. »Bitte«, seufze ich dann, »können wir nicht über etwas anderes reden?«
Unglaublicherweise gibt meine Mutter nach, aber ich bin ja auch so raffiniert gewesen, ein »Was machen eigentlich die Proben?« hinterherzuschieben.
Sie quasselt wild drauflos. Mein Vater ist eher schweigsam. Vermutlich ist ihm die Sache mit dem String vor mir peinlich. Er kennt schlieÃlich Mutter und kann deshalb mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass sie mir alles erzählt hat. Ich hätte ihn so gerne in die Seite geknufft und ihm gesagt, dass ich ihn sehr gut verstünde. Aber das scheint mir gerade unpassend.
Ich bin sehr erleichtert, als Ruth mit ihrer Familie auftaucht.
»Sie haben mein Puti-Puti weggeworfen!«, quengelt Tom.
Verlegen weicht meine Schwester meinem Blick aus. Aber in letzter Zeit sind andere Menschen noch sehr viel unsensibler mit meinen Liebesgaben umgegangen. Deswegen lächele ich Ruth nur verzeihend zu.
»Ich schenk dir eine neues â¦, ich meine, was viel Besseres«, korrigiere ich mich, als ich Ruths finstere Miene sehe.
»Was denn?«, fragt Tom begeistert.
Zu blöd, jetzt bin ich unter Zugzwang, statt die Verantwortung für den grausamen Verlust einfach bei seinen Eltern zu lassen. Na gut, ich werde also demnächst mal einen Tag in irgendeiner dämlichen Spielwarenabteilung verbringen.
»Ich habâs schon gehört«, sagt meine Schwester, »wenn ich gewusst hätte, dass es sich bei deinem Schriftsteller um Rafael handelt, hätte ich dich gleich warnen können.«
Sie hat offenbar alle seine Bücher gelesen und sein abwechslungsreiches Liebesleben ebenso ausgiebig mittels Printmedien verfolgt. Komisch, dass er mir vorher nie in einer Zeitschrift aufgefallen war. Vermutlich hatte ich nie eine heiÃe Affäre mit ihm, sondern nur mit einem einzigen, von meinen Projektionen aufgeladenen Schwarz-WeiÃ-Bild.
»Wie weit bist du denn?«, lenke ich geschickt ab. Wollen nicht alle werdenden Mütter nur noch über mögliche Dammschnitte und Muttermilch reden?
Und schon sind wir mittendrin in der schönsten Diskussion über
Weitere Kostenlose Bücher