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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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gegenüber etwas unhöflich, aber ich bin trotzdem glücklich, mit einem tollen Mann an meiner Seite händchenhaltend in Richtung Bühne zu blicken, dem es sogar noch gelingt, mit der anderen Hand meinen kleinen Neffen zu beschäftigen.
    Darüber hinaus ist Alexander der Einzige von uns, dem es gelingt, mit ganz ernsthafter Miene ȟberwältigend« zu sagen, als meine Mutter nach der Aufführung vor ihm steht und neckisch an ihrem transparenten Kleidchen zupfend »Wie war ich?« fragt. Überwältigend trifft es ziemlich genau. Wie meine fünfundfünfzigjährige Mutter Rick (wieder der ehemalige Mathelehrer) auf Knien anflehte, sie doch bitte zu lieben und ihr ein Kind zu machen, ist schon ein ziemlicher Höhepunkt gewesen.

    N achdem dann beim Italiener auch noch das übliche Drama mit dem faden Salat überstanden ist, findet meine Mutter endlich die Muße, sich ausgiebig mit dem neuen Freund ihrer Tochter zu beschäftigen.
    Â»Ich habe Ihr Bild in der Gala gesehen. Die lese ich ja eigentlich gar nicht, aber nachdem Juli mir von Ihnen erzählt hat, habe ich mir bei Lisbeth gleich ein paar alte Ausgaben angesehen. Sie waren ja mit diesem Model zusammen – Stephanie, richtig?«
    Alle starren unbehaglich auf ihr Essen.
    Â»Die soll ja ziemlich begehrt sein. Wie hatten Sie die eigentlich eingefangen?«
    Super, meine Mutter hat es geschafft, in zwei Sätzen mitzuteilen, dass sie Stephanie für einen besseren Fang hält als mich, und gleichzeitig, dass sie Alexander eigentlich nicht zutraut, eine so heiße Braut »einzufangen«.
    Â»Ich erinnere mich eigentlich gar nicht. Entscheidender ist ja auch, dass es mir gelungen ist Juli ›einzufangen‹. Wie habe ich das eigentlich gemacht, Juli?«
    Ich erröte, allerdings nicht sanft, sondern von der Stirn bis zum Dekolleté. Mein Vater und Ruth lächeln wohlwollend. Erik hält sich eine Serviette vor den Mund, ich vermute er prustet vor Lachen. Später höre ich, wie er Alexander zuflüstert: »Da mussten wir alle durch, man gewöhnt sich dran.«
    Damit ist Alexander also in die Familie aufgenommen, meine Mutter wird ihn sicher auch noch in ihr Herz schließen. Bis dahin sendet Alexander seinem Leidensgenossen Erik ein kleines, dankbares Lächeln zu, nur um gleich wieder irritiert die Stirn zu runzeln.

    Â»Hast du eigentlich noch mal was von Rafael gehört? Ich fand ihn ja sehr interessant«, fragt mich meine Erzeugerin. Wir haben ihnen ja vielleicht unsere Existenz zu verdanken, aber das gibt Müttern doch wohl noch lange nicht das Recht zu so viel Gnadenlosigkeit.
    Â»Nein«, brummele ich verlegen.

    A ls wir endlich wieder im Auto Richtung Hamburg sitzen, kann ich nicht mehr an mich halten: »Willst du jetzt Schluss machen?«
    Er blickt mir intensiv in die Augen, als dächte er ernsthaft über die Frage nach. Bang warte ich das Ergebnis ab. »Quatsch«, sagt er dann. Er lacht und küsst mich. Ich habe ihn gar nicht verdient. »Du kennst ja meine Eltern noch nicht. Aber nach diesem Abend darf ich mir wohl sicher sein, dass du mich jederzeit zu einer gemütlichen Kaffeerunde zu ihnen begleiten wirst.«
    Vor den Eltern von Alexander habe ich eine Höllenangst. Verlegerfamilie mit Geld. Ich stelle mir seine Mutter so ähnlich wie die Hausherrin in einem britischen Landhausfilm vor, der in den 30er-Jahren spielt. Vielleicht weil sie ihn nach Oxford geschickt hat. Andererseits hat seine Familie während des Krieges in England gelebt und vielleicht deswegen noch Kontakte dorthin. Egal, ich sehe sie vor mir: Elegante geldblonde Wasserwelle, immer eine Zigarettenspitze und einen noch spitzeren Kommentar zwischen den Lippen. Vielleicht trägt sie ein altrosafarbenes Seidenwickelkleid von Diane Fürstenberg, nein, wohl doch eher ein grünes
Fischgrätkostüm aus feiner Wolle. Der Vater sitzt derweil in einem Tweedanzug vor dem marmornen Kamin herum – neben ihm seine drei Jagdhunde – und liest den Wirtschaftsteil einer bedeutenden, überregionalen Zeitung.

    E s ist allgemein bekannt, dass man auch im ersten Liebesrausch seine Freunde nicht vernachlässigen darf. Ich versuche wirklich, diese Regel zu beherzigen und mich weiterhin zumindest einmal die Woche mit Tanja, Toni und Peter zu treffen. Wenn ich nur irgendetwas von dem aufnehmen würde, das sie sagen. Zum Glück befinden die drei sich selbst gerade in

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