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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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offenbar gar nicht fragen will, wie
es mir geht. Ich warte doch schon die ganze Zeit auf die Vorlage, dass ich ihm von meiner glücklichen Beziehung mit Alexander erzählen kann. Als Rafael unerwartet meine Hand nimmt, wird mir klar: Er fragt deshalb nicht danach, wie es mir geht, weil es ihn a) noch nie interessiert hat oder er b) felsenfest davon ausgeht, dass ich ohnehin seinetwegen Trübsal geblasen habe und ihn mit Kusshand zurücknehmen würde.
    Wütend entreiße ich ihm meine Hand. Irritiert sieht er mich an, ohne weiter auf meine heftige Geste einzugehen. Vielleicht denkt er, ich ziere mich. Was für ein Blödmann.
    Â»Mit dir war es viel entspannter«, sagt er und meint vermutlich: »Du bist so ein herrlich dummes Frauchen, das sich all meinen Bedürfnissen anpasst.«
    Ich frage mich, was ich hier überhaupt will und komme mir reichlich dämlich vor. Ich will nach Hause und meine damit: in Alexanders Arme.
    Just in dem Moment höre ich die eine Stimme, die ich zwar liebe, aber jetzt auf keinen Fall hören will. »Ich dachte, ich schaue mal bei euch beiden vorbei. Oh, letzte Woche sah Toni noch ganz anders aus.«
    Es ist Alexander. Ich fahre zusammen. Entsetzt fällt mir auf, dass Rafael zwischenzeitlich meine Hand schon wieder geschnappt hat. Er lässt sie aber ziemlich schnell wieder los und springt auf. »Alexander, was ist denn überhaupt …«
    Und dann war es zum ersten Mal in meinem kümmerlichen Leben so weit, dass ein Mann sich für mich mit einem anderen Typen schlägt. Na ja, »schlagen« wäre vielleicht zu viel gesagt. Alexander platziert einfach einen einzigen geschickten Kinnhaken, so dass Rafael zu Boden geht. Vermutlich
ist es auch das letzte Mal, dass zumindest dieser spezielle Mann auch nur einen Finger für mich rührt. Und er hat es wohl ohnehin gar nicht für mich getan, sondern aus verletzten freundschaftlichen Gefühlen. Ich lasse Rafael ohne Zögern am Boden liegen.
    Vermutlich habe ich gerade nicht nur meine Beziehung, sondern auch noch eine Freundschaft zerstört. Und das alles nur aus verletzter Eitelkeit. Ich renne Alexander hinterher, so schnell ich kann. Ich spüre die neugierigen Blicke der anderen Gäste. O.K., das Weinstein werde ich also auch vorerst meiden müssen. Ich bin wirklich zu blöd. Ein paar Meter von der Bar entfernt hole ich Alexander ein. Ich halte ihn am Ärmel fest und möchte am liebsten gar nichts erklären, sondern mich nur in seine Arme werfen. Mich versichern, dass er immer noch da ist und ich morgens weiterhin mit seinem Geruch an meiner Seite aufwachen werde. Aber er sieht mich nur mit seinem undeutbaren Blick an. »Was ist?«, fragt er mit hochgezogenen Brauen.
    Ich quatsche einfach auf ihn ein, erzähle ihm alles. Er sagt überhaupt nichts. Schweigen ist das Schlimmste.
    Â»Glaubst du mir? Du musst mir einfach glauben, Alexander!«
    Â»Muss ich? Die Sache mit Toni stimmte ja auch nicht.«
    Da hat er natürlich Recht.
    Â»Tut mir leid, Juli. Ich weiß nicht, ob ich dir glaube. Es ist aber auch gar nicht so wichtig. Wenn ich eines in Beziehungen nicht mag, sind es Lügen.«
    Dann dreht er sich um und geht. Ich sehe ihm nach und fange mitten auf der Straße an zu schluchzen. Lautlos natürlich, damit er es nicht womöglich noch hört und für
emotionale Erpressung hält. Die fände er bestimmt genauso schlimm wie Lügen.

    I ch weiß nicht genau, wie ich nach Hause gekommen bin. Ich krieche auf mein Sofa, schluchze – endlich so lauthals, wie es nötig ist – und stelle fest: Wenn man ernsthaft unglücklich ist und nicht einfach nur großes Kino nachspielt, wie ich es mit Rafael getan habe, braucht man wirklich keine Totenmessen mehr, um sich so richtig mies zu fühlen. Ich rufe Toni an.
    Â»Störe ich?«, frage ich so ruhig wie möglich.
    Â»Nein, Paul ist bei seiner Tochter und seiner Exfrau«, sagt Toni.
    Huch, ich wusste gar nicht, dass PaPi sozusagen tatsächlich Papi ist.
    Â»Macht es dir was aus, dass er bei ihnen ist?«, frage ich immer noch so beherrscht wie möglich. Ich will trotz meiner ernsten Lage Interesse zeigen. Sonst vergraule ich auch noch meine Freunde mit meinem hemmungslosen, eitlen Egoismus.
    Â»Nein«, sagt sie fröhlich, »gar nicht. Ich finde es gut, dass er nicht einer von diesen verantwortungslosen Vätern ist, die ihre Kinder vergessen, nur weil

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