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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Seidel
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lassen. Sie hat es doch schon versucht. Da hilft nur noch ein echter Knalleffekt«, wirft Tanja ein und verdreht die Augen.
    An den finanziellen Aspekt habe ich natürlich auch schon gedacht, aber ich werde meine Tage einfach unterteilen: In der ersten Hälfte arbeite ich journalistisch, in der zweiten Hälfte schriftstellerisch.
    Â»Wer in Eile ist, sollte einen Umweg machen«, gibt Peter bedächtig zu.
    Â»Klingt verdächtig nach den Zen-Floskeln auf der Speisekarte des Thai-Restaurants, in dem Anna und Klaus sich die einzige Würze holen, die in ihrem Leben Platz hat«, sagt Toni boshaft.
    Â»Ich meine ja nur, dass sie, würde sie jetzt an seiner Tür stehen und Alarm klingeln, vielleicht weniger erreicht, als wenn sie sich jetzt tatsächlich noch zurückhält und ihm Gelegenheit gibt, sie zu vermissen. Und wenn sie es anders nicht aushält, kann sie sich genauso gut damit ablenken, ein Buch zu schreiben, das niemand lesen wird«, erklärt Peter.
    Â»Ã„hem, eigentlich schreibe ich diesen Roman ja mehr für mich.« Eines muss ich dennoch herausfinden: »Er hat doch noch keine Neue, oder?«, frage ich mit bangem Blick in Richtung Toni.

    Â»Also, nicht dass ich wüsste. Und auch wenn du auf einem anderen Kontinent geweilt hast, ist eure Trennung ja gerade mal vier Wochen her. Außerdem wirkt Alexander nicht wie jemand, der die Dinge überstürzt.«
    Nein, vermutlich nicht. Nur ich bin in der Lage, innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Beziehungen in den Sand zu setzen.

    M it dem kleinen Gott im Blickfeld fange ich gleich im Anschluss noch leicht angetrunken mit der Arbeit an. Und es funktioniert. Morgens um sechs habe ich bereits 30 Seiten geschrieben. Dann sehe ich bei amazon.de nach, wie viele Seiten aktuelle Bestseller im Schnitt umfassen. Ich will es ja nicht unbedingt veröffentlichen, sage ich mir. Aber ich will ein absolut professionelles Manuskript einreichen. Wenn schon, dann richtig.
    Auweia, kein angesagter Schriftsteller macht es unter 300 Seiten. Im Schnitt sind es 336 Seiten errechne ich mit dem Taschenrechner. Zumindest wenn man den Durchschnitt aus Titeln wie »Wie man einen Vampir nagelt« (Bestsellerliste Platz eins. 520 Seiten. Toller doppeldeutiger Titel. Blutsauger außerdem eindeutig im Trend. Hat zwar keiner im Regal stehen, aber offenbar jeder gelesen. Vielleicht sollte ich mich in der Geschichte in eine Vampirfrau verwandeln. Wichtig ist doch nur, dass die Botschaft am Ende stimmt) und solchen wie »Die Vermessung des Mondes« (Platz zwei. Anspruchsvolle Literatur, in Kultursendungen empfohlen. Haben zwar alle im Regal stehen, kenne aber keinen, der es
gelesen hat. Deswegen sind die laxen 152 Seiten sicher kein Richtwert) bildet.
    Wie soll ich so viele Seiten zusammenbekommen? Mir gefällt außerdem gar nicht, dass es sich als unmöglich erweist, die Geschichte so zu erzählen, dass ich im Gesamtergebnis dabei elegant wegkomme. Ich beschließe, die Arbeit an dieser Stelle zu beenden.
    Das wird ein harter Tag. Aber es gehört wohl zum Künstlerleben dazu, dass man nachts, wenn alle schlafen, über den Dächern der Stadt einsam seine Inspirationen fließen lässt – und am nächsten Tag mit Augenschmerzen in die Sonne blickt. Oh, wie ein Vampir eben. Kein Wunder, dass die so oft in der Literatur vorkommen, ist ja irgendwie ein Sinnbild für den Schriftsteller, der anderen Menschen das Blut für seine Dichtung aussaugt und erst bei Nacht auflebt, um sein düsteres Treiben raffiniert zu maskieren. Ich krieche ins Bett, um den profunden Gedanken zu Ende zu denken. Dazu komme ich aber nicht mehr, ich schlafe sofort ein.

    E rst um zwölf Uhr mittags wache ich aus wüsten Träumen von sexsüchtigen Vampiren wieder auf. Die haben nicht nur Furcht erregt, muss ich zugeben. Leider werde ich jetzt länger in der Redaktion ausharren und zum Schreiben wieder eine Nachtschicht einlegen müssen. Im Spiegel sehe ich blasse Haut und Augenringe. Spitze Eckzähne sind mir noch nicht gewachsen. Aber vielleicht bin ich ja trotzdem zur Schriftstellerin geboren. Ich werde dann nie wieder stumpfsinnige Artikel schreiben müssen. Das wäre
auch ein Trost, wenn Alexander die Geschichte zwar gefiele, er mich aber wider alle Hoffnung doch nicht zurückhaben wollte. Ich frage den kleinen Gott, was er von der Idee mit der Dichtung als meine zukünftige Brotgeberin hält. Er antwortet

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