Eigentlich bin ich eine Traumfrau
so beschreiben Sie ihn ja nicht, sondern wie einen reifen Mann, der einsieht, dass jeder Fehler macht.«
Ha! Kann sie das bitteschön mal ihrem Chef mitteilen?
»Ich arbeite daran«, versichere ich ihr schnell.
Wir verabreden, per E-Mail und Telefon in Kontakt zu bleiben. Zum Abschied lächelt sie mir sogar zu.
Erleichtert gehe ich zur Tür â und stoÃe dort prompt mit Alexander zusammen. Mir wird noch heiÃer, ich rieche sein Aftershave. Keiner von uns bewegt sich vom Fleck.
Dann wird mir die Situation zu unerträglich, und ich renne schnell den Gang hinunter. Im Treppenhaus lege ich kurz meine heiÃe Stirn gegen die kalte Scheibe einer Vitrine. Dann gehe ich taumelnd weiter. Ich habe gar nicht gemerkt, dass Alexander mir gefolgt ist, bis ich seine Stimme höre: »Warte mal.«
Ich bleibe stehen. Er sieht so gut aus â und so verwirrt. »Was machst du denn hier?«
Mir schieÃen Tränen in die Augen. »Ich habe mit Frau Krokowski über mein Buch geredet.«
»Dein Buch?«, fragt er.
Seinem Gebaren nach weià er wirklich nicht, worüber ich spreche. Na klasse. Da habe ich mich für ihn auf dem Papier komplett entblöÃt, und er hat mich in all meiner peinvollen Seelennacktheit nicht einmal wiedererkannt. So viel zum postmodernen Aschenputtel auf der Suche nach einem Mann, der es erstens so sieht, wie es ist, und es zweitens dennoch innig liebt.
Was für ein Blödsinn. Ich werde mich eben doch mein ganzes Leben lang verstellen müssen, wenn ich nicht nur mit Vollidioten zusammen sein will.
»Ist doch egal«, schluchze ich los.
Dass er verdattert stehen bleibt, nutze ich aus, um blitzschnell im Aufzug zu verschwinden.
E rst bin ich ziemlich sauer auf ihn. Dann ist mir das Ganze so schrecklich peinlich, dass ich es mit mir allein in einem Raum gar nicht mehr aushalte. Am liebsten würde ich mich
vollständig häuten, um dann mit einem so gereiften Naturell wiederaufzuerstehen, dass nicht einmal Frau Krokowski etwas einzuwenden hätte. Es hilft nur noch eins: Weinstein . Ich starte einen flehentlichen Notruf an Tanja und Toni. Peter und Hrithik will ich nicht sehen. Für diesen Tag hatte ich genug davon, meine bewegte Gefühlslage in Anwesenheit von Männern offen auszubreiten.
Gut, jetzt muss ich nur noch irgendwie bis neunzehn Uhr überleben. Das sind noch sieben Stunden. Ein anderthalbstündiger Film bringt da gar nichts. Ich schiebe den ersten Teil von »Herr der Ringe« in den DVD-Player. Dann kann ich gleich im Anschluss noch den zweiten Teil ansehen und zumindest versuchen, in weit entfernte Fantasiewelten abzudriften, in denen möglichst wenig von dem auftaucht, was mein Leben berührt. Dummerweise fange ich sofort an zu heulen, als es zur groÃen Liebesgeschichte zwischen dem Menschen Aragorn und der Elbenfrau Arwen kommt. Das darf ich auf keinen Fall Toni erzählen. Gemeinsam haben wir immer darauf beharrt, dass es unerträglich sei, das Meisterwerk durch eine Liebesgeschichte zu verfremden, die im Buch gar nicht vorkommt. Nur damit auch die Frauen, die mit ruhmreichen Gefechten und ehrenvollen Schlachtfeldtoden nichts anfangen konnten, ins Kino laufen. Kommerzieller Mist.
Ich weià allerdings gar nicht mehr, warum ich immer behauptet habe, gegen solche Neuerungen zu sein. Eigentlich bin ich total dankbar, wenn Literaturverfilmungen dem Buch nicht ganz so treu sind. Erstens kann man dann in den Filmkritiken genau das monieren, wenn einem sonst nichts einfällt. Zweitens würden andernfalls noch viel mehr
schnarchlangweilige Filme entstehen. Aber ich dachte wohl, es sei die Pflicht eines Literaturwissenschaftlers, die heilige Schrift vor der bildlichen Verplattung zu schützen. Doch wenigstens hier in meinen vier Wänden darf ich ja wohl die dreist hinzugefügte Liebesgeschichte beschluchzen. Ich versuche auch wirklich, dabei Zurückhaltung walten zu lassen. Ich habe schlieÃlich keine Lust, die Spuren mit Unmengen von Make-up wieder kaschieren zu müssen.
H ast du geheult?«, fragt Toni dann auch gleich.
Ich erzähle ihnen die ganze Geschichte.
»Cool«, sagt Tanja und sieht mich beeindruckt an.
»Hä?«, frage ich irritiert.
»Na, ich meine, dass du jetzt wirklich ein Buch veröffentlichen wirst.«
Dann verfinstert sich auch schon wieder ihre Miene. »Ihr seid beide so erfolgreich. Ich hänge die ganze Zeit in diesem Souvenirladen rum und
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