Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)
verloren ist. Und dass du dann ausgerechnet zu mir kommst und dich nicht an deine hochgeschätzten Caster wendest. Die Angelegenheit beunruhigt sie, nicht wahr?«
Die Caster.
Mein Herz machte einen Satz. Wer war schon verloren? Hatte er von Lena gesprochen?
Amma holte tief Luft. »Die Caster können mir nicht helfen. Sie können sich ja selbst kaum helfen.«
Link sah mich fragend an. Aber ich verstand auch nicht mehr als er. Wie konnte der Bokor Amma bei etwas helfen, bei dem die Kräfte der Caster versagten?
Die Bilder stürmten auf mich ein, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte. Die unerträgliche Hitze. Die Heuschrecken, die jeden Quadratzentimeter der Stadt befallen hatten. Die Albträume und die Angst. Caster, die ihre Kräfte nicht mehr beherrschten oder sie ganz verloren hatten. Ein Strom von Blut. Abrahams Stimme, die durch die Höhle schallte, nachdem Lena sich selbst berufen hatte.
Das wird Folgen haben.
Der Bokor baute sich vor Amma auf und musterte sie aufmerksam. »Du meinst, die Lichten Caster können das nicht.«
»Keinen anderen würde ich je um Hilfe bitten.«
Er schien zufrieden mit ihrer Antwort, aber nicht aus dem Grund, den ich mir dachte. »Und trotzdem bist du zu mir gekommen. Weil ich etwas beherrsche, was sie nicht können – die alte Magie, die unser Volk über das Meer hierher mitbrachte. Magie, die sowohl Sterbliche als auch Caster anwenden können.« Er meinte Voodoo, den Glauben, der aus Afrika und der Karibik stammte. »Aber sie wissen nichts vom Ti-bon-ange .«
Amma starrte ihn an, als würde sie ihn am liebsten in Stein verwandeln, aber sie rührte sich nicht von der Stelle.
Sie brauchte ihn, wenn ich auch nicht wusste, warum.
»Nenn deinen Preis.« Ihre Stimme zitterte.
Ich sah ihm an, wie er Ammas Bitte und ihre Redlichkeit gegeneinander abwog. Hier trafen extreme Gegensätze aufeinander, die beiden Seiten ein und desselben mystischen Wissens, so schwarz und weiß wie das Dunkle und das Lichte in der Welt der Caster. »Wo ist es jetzt? Wo haben sie es versteckt?«
»Was versteckt?«, fragte mich Link lautlos. Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen.
»Es ist nicht versteckt.« Zum ersten Mal blickte Amma ihm in die Augen. »Es ist frei.«
Zuerst reagierte er nicht und tat so, als hätte Amma sich versprochen. Aber als er merkte, dass sie es ernst meinte, ging er wieder hinter den Tisch, beugte sich über die Karten und knurrte etwas vor sich hin. Ich hörte nur einzelne Brocken Kreolisch heraus. »Wenn es wahr ist, was du sagst, alte Frau, dann gibt es dafür nur einen Preis.«
Amma schob die Karten wieder auf ein Häufchen zusammen. »Ich weiß. Ich werde ihn bezahlen.«
»Dir ist klar, dass es dann kein Zurück mehr gibt? Keine Möglichkeit, etwas ungeschehen zu machen? Wenn du dich am Rad des Schicksals zu schaffen machst, wird es dich zermalmen.«
Amma steckte die Karten zurück in ihre Tasche. Ich sah, wie sehr ihre Hand zitterte. »Tu, was du tun musst, und ich werde es ebenso machen.« Sie schloss ihre Tasche und wandte sich zum Gehen. »Am Ende zermalmt das Rad uns doch alle.«
Die Hohe Wacht
19.9.
»Und dann sind Link und ich losgerannt, als wäre Amma uns mit der Einäugigen Drohung auf den Fersen. Ich hatte solche Angst, sie könnte uns entdecken, dass ich mich bis zum nächsten Morgen in meinem Bett verkrochen habe.« Ich verschwieg, dass ich auf dem Fußboden aufgewacht war, so wie immer nach einem dieser Träume.
Als ich Marian die Geschichte zu Ende erzählt hatte, war ihr Tee kalt geworden. »Und was war mit Amma?«, fragte sie.
»Die Sonne ging schon auf, als ich gehört habe, wie die Fliegentür zugemacht wurde. Als ich dann nach unten kam, machte Amma das Frühstück, als wäre nichts passiert. Der gleiche Maisbrei wie immer, die gleichen Eier wie immer.« Nur dass nichts mehr so schmeckte wie immer.
Wir saßen im Archiv der Stadtbibliothek von Gatlin. Es war Marians ganz persönlicher Zufluchtsort, den sie früher mit meiner Mutter geteilt hatte. Es war auch der Ort, an dem Marian nach Antworten auf Fragen suchte, die den meisten Leuten in Gatlin nicht einmal im Traum eingefallen wären. Aber gerade deswegen saß ich hier. Marian Ashcroft war die beste Freundin meiner Mutter gewesen und für mich immer so etwas wie eine Tante, sogar mehr als meine richtige Tante. Und das war, glaube ich, noch ein Grund, weswegen ich hier war.
Amma stand mir so nahe wie eine Mutter. Ich weigerte mich einfach, etwas
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