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Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)

Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)

Titel: Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia , Margaret Stohl Inc.
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der Vision. »John Eades war mein Vater.«
    »Bist du sicher?«
    Sie nickte und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. »Ich habe nie ein Bild von ihm gesehen, aber Gramma hat mir gesagt, wie er hieß. Er wirkte so nah, so lebendig. Und sie haben sich anscheinend wirklich geliebt.« Sie bückte sich, um das Buch aufzuheben; es lag offen da, mit den Buchdeckeln nach oben, die Risse im Buchrücken ließen darauf schließen, wie oft es schon gelesen worden war.
    »Fass es nicht an, L.«
    Lena hob es auf. »Ethan, ich habe das Buch gelesen. So etwas ist mir bisher noch nie passiert. Wahrscheinlich lag es daran, dass wir es beide gleichzeitig berührt haben.«
    Sie schlug das Buch wieder auf. Überall waren Unterstreichungen, jemand hatte ganze Sätze unterkringelt und Wörter markiert.
    Als Lena merkte, dass ich ihr über die Schulter schaute, sagte sie: »Das ganze Buch ist so wie eine Landkarte. Ich wüsste nur zu gerne, wohin sie führt.«
    »Du weißt, wohin sie führt.« Wir beide wussten es. Zu Abraham und dem Dunklen Feuer – zur Weltenschranke, zur Dunkelheit und zum Tod.
    Lena wandte den Blick nicht von dem Buch ab. »Das ist meine Lieblingszeile: ›Man hat mich gebeugt und gebrochen, doch wie ich hoffe, nur zu einer besseren Form.‹ «
    Sarafine hatte uns beide gebeugt und gebrochen.
    Waren wir dadurch besser geworden? War ich jetzt besser, nach allem, was ich hinter mir hatte? War Lena besser?
    Ich dachte an Tante Prue, die in einem Krankenhausbett lag, und an Marian, die sich durch Kisten voller verbrannter Bücher, versengter Dokumente und wasserfleckiger Fotos kämpfte. Ihr Lebenswerk war zerstört.
    Was, wenn die Menschen, die man liebte, so lange gebeugt wurden, bis sie zerbrachen und dann gar keine Form mehr hatten?
    Ich musste John Breed finden, ehe sie so gebrochen waren, dass man sie nicht wieder zusammensetzen konnte.

Besuchszeiten
    26.9.
    Am nächsten Tag hatte Tante Grace herausgefunden, wo im Kühlschrank Mercy ihr Kaffeeeis versteckt hatte. Am Tag darauf hatte Tante Mercy herausgefunden, dass Grace das Eis gegessen hatte, und einen Anfall der schlimmsten Kategorie vorgetäuscht. Am Tag danach spielte ich mit den Schwestern den ganzen Nachmittag Scrabble, wobei sie nur unsinnige Wörter legten, bis ich derart durch den Wind war, dass ich ihnen JEDEWETTE als ein Wort und BAUMROLLE und GEWONN als korrekte Substantive durchgehen ließ.
    Die Schwestern machten mich fix und fertig.
    Doch eine fehlte. Eine, die nach Kupfer und Salz und Bratensoße roch. Eine, die vielleicht EINVALTSPINZEL gelegt hätte, obwohl sie genau das Gegenteil davon war. Eine, die aus dem Gedächtnis fast alle Caster-Tunnel im ganzen Süden aufzeichnen konnte.
    Nach ein paar Tagen hielt ich es nicht mehr aus. Als Lena wieder einmal darauf drängte, endlich Tante Prue zu besuchen, weigerte ich mich nicht länger. Eigentlich wollte ich sie ja sehen. Ich wusste nur nicht, in welchem Zustand sie sich befand. Sah sie aus, als würde sie schlafen – so wie zu Hause auf dem Sofa? Oder sah sie so aus wie auf der Liege im Rettungswagen? Ich wusste es nicht und ich fühlte mich schuldig und ängstlich zugleich.
    Aber vor allem wollte ich mich nicht länger einsam fühlen.
    Das Bezirkskrankenhaus war eine Reha-Einrichtung, ein Zwischending zwischen einem Krankenhaus und einer Klinik, in der man beispielsweise nach einem schweren Unfall mit einem Geländefahrzeug landete. Oder wenn man sich mit einem Motocrossbike überschlagen hatte, in einen Lastwagen gerast oder von einem Sattelschlepper gestreift worden war. Manche Leute behaupten, man hätte Glück, wenn einem so etwas passiert, weil man bei einem Unfall mit dem richtigen Lastwagen eine ganze Menge Geld machen könnte. Man konnte aber auch tot sein. Oder beides, wie zum Beispiel Deacon Harrigan, der jetzt in einem der schönsten Gräber der ganzen Stadt ruhte, während seine Frau das Haus der Familie von Grund auf renovieren und für die Kinder sogar ein fest verankertes Trampolin springen ließ; seither gingen sie fünfmal pro Woche zum Essen zu Applebees nach Summerville. Carlton Eaton hatte es Mrs Lincoln erzählt, die hatte es Link gesagt und der hatte es mir verraten. Jeden Monat trudelte ein Scheck ein, der direkt von der Regierung in Columbia ausgestellt war, jahraus, jahrein. Das hat man davon, wenn man sich von einem Müllauto überfahren lässt.
    Auf meinem Weg durch die Eingangshalle des Krankenhauses hatte ich nicht das Gefühl, dass Tante Prue Glück gehabt hatte.

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