Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)
naht‹, heißt es bei Lukas 21,28.« Theatralisch senkte er den Kopf, nun da er seine Botschaft verkündet hatte.
Mrs Lincoln konnte nicht länger an sich halten. Sie stürmte zu ihm, ergriff mit einer Hand das Megafon, mit der anderen schwenkte sie ihr Schild. »Die Dämonen kommen und wir müssen bereit sein! Das ist meine Rede schon seit Jahren! Erhebt den Blick und haltet Ausschau nach ihnen. Vielleicht stehen sie schon an eurer Hintertür! Vielleicht wandeln sie schon mitten unter euch!«
Es war zum Lachen. Zum ersten Mal hatte Links Mutter recht. Die Dämonen kamen, aber auf diese Art von Kampf waren die Menschen in Gatlin nicht vorbereitet.
Nicht einmal Amma mit ihren Puppen, die keine Puppen waren, und ihren Tarotkarten, die keine Tarotkarten waren; nicht einmal sie war für diesen Kampf gerüstet. Gegen Abraham und Sarafine mit ihrer Armee von Vexen? Gegen Hunting und sein Blutrudel? Gegen John Breed, der überall und nirgends war?
Seinetwegen war das Ende nahe und seinetwegen wandelten die Dämonen mitten unter uns. Alles geschah nur seinetwegen. Er war an allem schuld.
Ich war mir absolut sicher. Denn wenn es etwas gab, mit dem ich so vertraut war, dass ich es unter meiner Haut prickeln fühlte wie die Heuschrecken, die auf der alten Eiche herumkrabbelten, dann war es Schuld.
Jeopardy
28.9.
Es war schon spät, als ich endlich nach Hause kam. Lucille wartete auf der Veranda auf mich. Sie legte den Kopf schief und sah mich abwartend an. Als ich die Tür aufmachte und über den Flur zu Ammas Zimmer ging, war ich fest entschlossen. Ich wollte sie nicht zur Rede stellen, aber ich brauchte ihre Hilfe. Der Achtzehnte Mond von John Breed war eine Nummer zu groß, um allein damit fertig zu werden, und wenn überhaupt jemand wusste, was zu tun war, dann war es Amma.
Die Tür zu ihrem Zimmer war verschlossen, aber ich hörte sie drinnen herumkramen. Sie murmelte etwas, allerdings so leise, dass ich es nicht verstand.
Ich klopfte vorsichtig an die Tür und lehnte die Stirn gegen das kühle Holz.
Bitte gib, dass es ihr gut geht. Nur heute Nacht .
Amma machte die Tür gerade weit genug auf, um durch den Spalt zu spähen. Sie trug immer noch ihre Arbeitsschürze, in der Hand hielt sie eine Nadel mit einem Faden. Ich blickte an ihr vorbei in das dämmrige Zimmer. Auf ihrem Bett lagen Stofffetzen, Garnrollen und Kräuter. Kein Zweifel, sie werkelte wieder an ihren Puppen herum. Aber etwas war anders als sonst. Es war der Geruch – diese entsetzliche Mischung aus Benzin und Lakritze, die ich noch aus dem Laden des Bokors in der Nase hatte.
»Amma, was ist hier los?«
»Nichts, worüber du dir den Kopf zerbrechen müsstest. Warum gehst du nicht nach oben und machst deine Hausaufgaben?« Sie sah mir nicht ins Gesicht, und sie fragte mich auch nicht, wo ich gewesen war.
»Was ist das für ein Geruch?« Ich schaute mich suchend im Zimmer um. Auf ihrer Kommode stand eine dicke schwarze Kerze. Sie sah genauso aus wie die Kerze, die bei dem Bokor gebrannt hatte. Kleine, handgenähte Bündel lagen darum herum. »Was machst du da?«
Sie war einen Moment lang verlegen, aber dann hatte sie sich wieder im Griff, trat einen Schritt auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. »Amulette, wie ich sie immer mache. Jetzt geh nach oben und kümmer dich lieber um die Unordnung, die in deinem Zimmer herrscht.«
Amma hatte in unserem Haus noch nie etwas abgebrannt, das giftig roch, auch nicht wenn sie ihre Püppchen oder andere Amulette herstellte. Aber ich konnte ihr ja schlecht sagen, dass ich wusste, woher sie die Kerze hatte. Sie hätte mir bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren gezogen, weil ich im Laden des Bokors gewesen war.
Aber sie sollte ruhig wissen, dass ich nicht völlig ahnungslos war. »Seit wann brennst du Kerzen ab, die wie ein Chemielabor riechen? Sonst machst du deine Puppen doch auch nur aus Rosshaar und …«
Mein Kopf war völlig leer. Ich hatte nicht den leisesten Schimmer, was sie in die Püppchen stopfte – oder was sich in den Gläsern auf ihren Regalen befand. Rosshaar, daran konnte ich mich erinnern. Aber was sonst noch?
Amma beobachtete mich. Sie durfte auf keinen Fall merken, dass mich mein Gedächtnis im Stich ließ. »Vergiss es«, murmelte ich. »Wenn du mir nicht sagen willst, was du da drin tust, dann ist das okay.«
Ich rannte zur Vordertür hinaus, lehnte mich an einen Verandapfosten und lauschte dem Geräusch der Heuschrecken, die unsere Stadt auffraßen – so wie etwas
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