Eighteen Moons - Eine grenzenlose Liebe (German Edition)

meinen Verstand auffraß.
    Die Dunkelheit draußen auf der Veranda war tröstlich und traurig zugleich. Durch das offene Fenster hörte ich das Geklapper von Pfannen und das Ächzen von Dielenbrettern, als Amma die Küche ihrer Herrschaft unterwarf. Aber die vertrauten Geräusche brachten mich diesmal nicht auf andere Gedanken. Im Gegenteil, ich fühlte mich noch schuldiger, und mein Herz klopfte noch heftiger, und ich ging noch schneller auf und ab, bis die Bretter der Veranda beinahe lauter knarrten als die in der Küche.
    Wie viele Geheimnisse und Lügen es doch auf beiden Seiten der Wand gab.
    Inzwischen war es völlig dunkel. Ich brauchte dringend jemanden, mit dem ich reden konnte. Amma kam nicht mehr infrage. Ich drückte eine Kurzwahlziffer auf meinem Handy und wollte mir nicht eingestehen, dass ich die dazugehörige Nummer, die ich schon Hunderte von Malen angerufen hatte, plötzlich nicht mehr auswendig wusste.
    Andauernd setzte mein Gedächtnis aus, und ich wusste nicht, warum. Ich wusste nur, dass es nichts Gutes zu bedeuten hatte.
    Jemand nahm ab. »Tante Marian?«
    »Ethan? Alles in Ordnung mit dir?« Sie schien überrascht zu sein, meine Stimme zu hören.
    Mit mir ist nichts in Ordnung. Ich habe Angst und bin total durcheinander. Und ich könnte wetten, dass bei keinem von uns etwas in Ordnung ist.
    Gepresst antwortete ich: »Ja, mir geht’s gut. Und was ist mit dir?«
    »Weißt du, Ethan, deine Mutter wäre stolz auf diese Stadt.« Sie klang müde. »Es kommen mehr Leute, um mir beim Wiederaufbau zu helfen, als während der ganzen Zeit, in der die Bibliothek unversehrt stand.«
    »Tja. Ich glaube, so ist das, wenn man Bücher verbrennt. Es kommt immer darauf an, wer es tut.«
    Sie senkte ihre Stimme. »Und auf wen tippst du? Wer hat sie verbrannt?« Die Art, wie sie es sagte, verriet mir, dass sie sich schon die ganze Zeit den Kopf darüber zerbrochen hatte – denn diesmal war eindeutig nicht Mrs Lincoln die Schuldige.
    »Deswegen rufe ich ja an. Kannst du mir einen Gefallen tun?«
    Kannst du alles wieder so machen, wie es vorher war, als mein größtes Problem noch darin bestand, dass ich meine Zeit damit verplemperte, im Stop & Steal abzuhängen und mit den anderen Jungs Autozeitschriften durchzublättern?
    »Jeden.«
    Jeden Gefallen, der mich nicht unzulässigerweise in etwas hineinzieht, in das ich mich nicht einmischen darf .Das meinte sie damit.
    »Können wir uns in Ravenwood treffen? Ich muss mit dir und Macon reden – und mit allen anderen auch, schätze ich.«
    Stille. Marian dachte nach. »Über diese Sache?«
    »Irgendwie schon.«
    Wieder Stille. »Es läuft im Moment nicht gut für mich, EW . Wenn der Rat der Hohen Wacht auch nur den Verdacht hegt, dass ich die Regeln erneut breche …«
    »Du besuchst dort einen Freund. Das kann nicht gegen die Regeln sein.« Oder etwa doch? »Wenn es nicht wichtig wäre, würde ich dich nicht darum bitten. Es geht um mehr als um die Bibliothek – es geht darum, was in der Stadt passiert. Es geht um den Achtzehnten Mond.«
    Bitte. Du und Amma, ihr seid alles, was ich habe, aber Amma ist gerade mitten in einer Reise ins Dunkle. Und mit meiner Mutter kann ich nicht reden . Also muss ich mit dir reden .
    Ich kannte Marians Antwort bereits, noch ehe sie ein Wort sagte. Wenn ich etwas an Marian liebte, dann war es ihre Fähigkeit, immer zu wissen, worauf es ankam, auch ohne dass es laut ausgesprochen wurde.
    »Ich werde da sein.«
    Ich klappte mein Handy zu und warf es auf die Verandastufe, auf der ich saß. Höchste Zeit für ein anderes Gespräch, aber dazu brauchte ich kein Telefon. Ich blickte zum Himmel. Die ersten Sterne kamen gerade hervor, der Mond leuchtete schon.
    L? Bist du da?
    Es folgte eine lange Stille, und ich spürte, wie Lena meine Gedanken langsam in ihre eindringen ließ, bis wir beide miteinander verbunden waren.
    Ich bin da, Ethan .
    Wir müssen herausfinden, was gerade abläuft. Die Sache im Krankenhaus beweist, dass wir keine Zeit mehr zu verlieren haben. Sprich mit deinem Onkel. Ich habe Marian schon angerufen und auf dem Weg zu euch schaue ich bei Link vorbei .
    Und was ist mit Amma?
    Ich wollte ihr von dem Gespräch mit Amma erzählen, aber ich brachte es nicht über mich.
    Sie ist gerade in keiner guten Verfassung. Kannst du nicht deine Großmutter fragen?
    Sie ist nicht da . Aber Tante Del. Und natürlich Ridley. Es dürfte schwierig werden, sie aus der Sache rauszuhalten .
    Das machte die Lage nicht besser, aber wenn Link