Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
da sie nur zu gern für eine Weile dem Wagen entkommen wollte.
„Es ist fast dunkel, Comtesse, man kann nicht viel sehen.“
„Warum lasst ihr mich das nicht selbst beurteilen, Luka?“, antwortete sie hoheitsvoll und stieß den Schlag auf, gerade als er versuchte, ihn zuzudrücken. „Ehrlich, Luka, treiben Sie nicht vielleicht diese Geschichte, dass Sie für meinen Schutz verantwortlich sind, etwas zu … Luka!“
Der Schuss war aus dem Buschwerk entlang der Straße gekommen. Im Dämmerlicht hatte Alina das Mündungsfeuer sehen können. Einen winzigen Moment sah Luka sie sehr seltsam an, Verwunderung im Blick, dann sank er mit dem Kopf voran in ihren Schoß.
„Luka!“
Plötzlich ein ohrenbetäubender Schrei – Tatiana – und weitere Schüsse, sowohl aus Pistolen als auch größeren Waffen, gebrüllte Kommandos, das Wiehern aufgeregter Pferde und Hufgetrappel.
„Comtesse …“
Sie beugte sich zu Luka hinab, der auf die Füße zu kommen suchte, aber anscheinend seinen rechten Arm nicht benutzen konnte. „Ja, ich bin hier. Sterben Sie nur nicht!“
„Hab ich … nicht vor. Runter mit Ihnen … legen Sie sich flach auf den Sitz, da sind Sie vor Kugeln sicher.“
„Und wozu wäre das gut?“, fragte sie, wobei sie in eine an der Seite des Polstersitzes eingelassene Tasche langte. Als es ihr nämlich während der Fahrt zu langweilig geworden war, hatte sie darin herumgekramt und entdeckt, dass der Baron auf Reisen Wein, kristallene Gläser und sogar eine Dose mit Gebäck mit sich führte – und zwei sehr schöne und sehr tödliche Pistolen. Geladene Pistolen. „Jemand hat auf Sie geschossen, Luka“, sagte sie mit eiskalter Logik, „nun werde ich zurückschießen!“
Dass Luka nicht protestierte, lag gewiss nicht daran, dass er ihren Plan etwa billigte, sondern daran, dass er erneut bewusstlos geworden war. Draußen hörte sie Geräusche, die auf eine erhitzte Schlacht hindeuteten.
„Fräulein Alina …“
„Tatiana, kümmere dich um Luka. Schau, seine Uniform ist voller Blut! Anscheinend hat ihn eine Kugel in der Schulter getroffen. Und wenn Luka ausfällt, fehlt draußen ein Mann. Also werde ich aushelfen. Ah, und lass den Kopf unten, wie Luka gesagt hat.“
Eine schwere Pistole in jeder Hand, hangelte sie sich über Lukas leblose Gestalt hinweg, doch da Tatiana sie bei ihren Röcken packte, um sie aufzuhalten, geriet ihr Ausstieg eher zu einem Salto, und sie landete unrühmlich in einer Pfütze, mit der Nase voran im schlammigen Wasser. Dabei verlor sie eine der Pistolen.
Nicht dass jemand da draußen sie bemerkt hätte, denn alle schienen äußerst beschäftigt; die einen damit, sich gegen die Angreifer zur Wehr zu setzen, die anderen, den Baumstamm mithilfe eines kräftigen Stricks aus dem Weg zu schaffen.
Alina war dabei, sich in die Höhe zu stemmen, als etwas hinter ihr sie wie eine eiserne Klammer an der Taille umfing und hoch in die Luft hob. Augenblicklich versuchte sie sich zu wehren, doch es war zwecklos. Sie wurde ohne Umstände zurück in den Wagen geschoben, wo sie auf Luka landete. Der Major, der immer noch lebte, ächzte laut unter ihrem Gewicht und stieß ein Wort aus, das sie noch nie gehört hatte, von dem sie aber überzeugt war, dass er es nicht in ihrer Gegenwart hätte äußern dürfen.
Sie rappelte sich auf und wollte erneut hinaus ins Getümmel, doch als sie die Tür öffnete, sah sie sich einer soliden lebenden Wand gegenüber – Brutus, Justins sogenannter Sekretär. Sein Kleiderschrank wäre der passendere Ausdruck.
Aufbrausend verlangte Alina, sie vorbeizulassen.
Der Schrank brummte nur.
„Ich möchte ungern auf Sie schießen, Brutus, aber die Wegelagerer haben meinen Freund angeschossen. Man darf sie doch nicht davonkommen lassen!“
Der Schrank rollte mit den Augen.
„Brutus, ich meine es ernst“, erklärte Alina und richtete die Pistole auf ihn. „Ich kann hiermit umgehen!“
Der Berg nahm ihr mit einer Leichtigkeit das Schießeisen fort, als zupfte er eine Fluse von ihrem Mantel. In seiner riesigen Hand wirkte die Waffe nahezu winzig. Alina wäre nicht erstaunt gewesen, wenn er nun, um seine Meinung zu unterstreichen, auch noch den Lauf verbogen hätte. Was auch immer seine Meinung war – sie war sich nicht sicher, ob sie sie wissen wollte.
Ein weiteres männliches Gesicht schob sich in die kleine Lücke, die Brutus’ gewaltige Form freiließ. „Die Straße ist frei, Major Prochazka. Es kann weitergehen“, verkündete der Mann.
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