Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
selbstzufrieden, dachte sie. Sie blätterte das Buch durch, dann runzelte sie die Stirn. Fragend sah sie ihn an. „Aber … aber das war ein Selbstporträt, mit diesen Kleidern hier an. Ich habe es als Erinnerung gemalt. Was willst du denn damit?“
Mit einem Finger hob er ihr Kinn an und schaute ihr in die Augen, die im Licht der Lagerfeuer und des Vollmonds schimmerten. „Zur Erinnerung, genau wie du, nur aus anderen Gründen“, sagte er leise. „Es ist schon spät, und für uns alle war es ein langer Tag. Komm, ich bringe dich zu deinem Wohnwagen.“
Das war das Letzte, was sie wollte.
„Aber … ich bin überhaupt nicht müde. Können wir nicht noch einen kleinen Spaziergang machen? Ich habe dich heute kaum zu Gesicht bekommen. Außerdem habe ich vorhin von einer der Frauen etwas sehr Wichtiges erfahren, das ich dir unbedingt sagen muss. Über Novak.“
„Ah, der schon wieder. Diese Frau kennt ihn?“
Da der umherziehende Stamm alle Flüsse und Bäche kannte, hatte man auch hier das Lager an einem Wasserlauf aufgeschlagen. Alina wandte sich dem nahen Bach zu, und Justin blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen, wenn er hören wollte, was sie zu sagen hatte.
Der enge Pfad zum Wasser zwang sie, hintereinander zu gehen bis zum Ufer, wo sie sich auf den Knien ins weiche Gras sinken ließ. Er hatte die Wahl, sich neben ihr niederzulassen – oder wie ein unbeholfener Klotz stehen zu bleiben und vorzugeben, nicht neben ihr sitzen zu wollen. Und das würde ihr bestimmt nicht gefallen.
„Das ist hoffentlich wirklich wichtig, sonst müsste ich annehmen, dass du mich zu ruchlosen Zwecken hierher gelockt hast.“ Doch er lächelte bei den Worten, und sie war so mild gestimmt, ihm fast jede seiner Narrheiten zu vergeben, wenn sie nur mit ihm allein sein konnte.
„Es ist sehr tragisch, Justin, und es erklärt weitgehend, warum die Roma gerade Novak das umstrittene Land nicht gönnen und warum sie uns so gern helfen wollen.“
„Dafür hat Luka sie bezahlt, er hatte alles vorbereitet.“
„Und man weist freigiebig verteiltes Gold nie ab“, erklärte Alina und glättete ihre Röcke. Ihr gefiel diese Tracht wirklich, und sie wünschte, sie könnte sich in ihren eigenen Kleidern ebenso frei bewegen, laufen und unbeschwert an einem Bachlauf sitzen, mit einem Mann, der sie, wie sie von ganzem Herzen hoffte, gleich küssen würde. „Sie erscheinen uns romantisch, aber eigentlich sind sie sehr praktisch veranlagt. Das muss man wohl auch sein, wenn man ständig als gesetzlos gilt und kaum besser als Vieh betrachtet wird.“
„Da kocht dein Roma-Blut?“
„Ja, ich denke schon. Wenn das Land, das mein Vater von seiner Mutter geerbt hat, wirklich mir gehört und ich damit tun kann, was ich will, dann werde ich es dem Stamm geben.“
„Tu das nicht, Kätzchen“, riet Justin und nahm ihre Hand. „Soweit ich von Luka erfuhr, handelt es sich um kaum mehr als ein paar Quadratmeilen und ist größtenteils unbewohnbar. Möchtest du, dass deine neuen Freunde wegen dieses Fleckens sterben müssen? Denn hier geht es gar nicht um Novak, und es ist gleich, ob du lebst oder nicht, Kaiser Franz wird diesem Volk auch nicht einen Fußbreit des Gebietes zugestehen, das er als sein Land, sein Königreich betrachtet. Er wird irgendeinen Grund finden, jeden, der sich dort niederlässt, als Verräter und Dieb zu brandmarken, und das Land wäre wieder verloren.“
„Ich weiß, das hast du mir schon einmal gesagt“, wandte sie ein. „Aber was sonst kann ich tun?“
„Monarchen verlieren nicht gern, Kätzchen, und schon gar nicht mit Anstand, also liegt es an dir, Anstand zu beweisen. Wenn Novak erst beseitigt ist, wirst du einen Brief an deinen Kaiser schreiben, in dem du ihm das Land, das eigentlich dein ist, schenkst, aus Dankbarkeit dafür, dass er dir so viel Güte erwiesen hat, oder irgendso einen Unsinn. Nur so kann ich beruhigt sein, dass du hier in England sicher bist.“
„Aber meine Leute! Ich würde sie verraten!“
Sanft streichelte Justin ihre Wange. „Hast du nicht gehört? Wenn sie auch nur versuchten, es in Besitz zu nehmen, wären sie des Todes. Darüber habe ich auch schon mit Luka und Loiza diskutiert; sie stimmen mir zu. Loiza denkt längst schon genauso. Sie wollen Novaks Tod aus ganz anderen Gründen.“
„Oh …“ Alina ließ den Kopf hängen. Nicht nur, dass sie die Vorstellung von der edlen Dame, die ihren Untertanen ein kostbares Geschenk macht, aufgeben musste – auch was sie Justin
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