Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
glühenden Wangen.
„Aber wie könnte ich, Mylady? Wir waren doch da, Sie und ich, und …“
„Ich zähle bis drei, Stefan, dann sitzt du auf dem Bock und singst deinen Ochsen vor. Verstanden?“
Mit einem letzten verstohlenen Blick zur Marquise zupfte er an seinem Ohrring, dann tat er, was Alina gesagt hatte.
Nicole hakte Alina freundschaftlich unter. „Du und dieser Halbgott im Mondschein? Du weißt schon, dass ich nicht ruhen werde, bis ich alles darüber gehört habe?“
„Es war nicht, wie du denkst“, beeilte Alina sich zu erklären: „Es war … es war eher eine Art Experiment.“
Nicoles schöne Augen blitzten förmlich. „Halt, sag nichts, bis wir im Haus sind und ich Lydia geholt habe. Dann kannst du uns erzählen, was es mit diesem … Experiment auf sich hat. Und richte dich auf Fragen ein. Wir wollen alles wissen!“
Die Ochsen, von Stefans Gesang angetrieben, zogen den Wohnwagen an. Der Marquis, der von seiner Gattin mit einem bohrenden Blick bedacht wurde, murmelte etwas über dringende Gutsangelegenheiten und entfernte sich, während Nicole zurück zum Haus tänzelte, Alina im Schlepptau.
Nicole bat sie in einen der Salons, befahl einem der Lakaien, den Tee zu servieren, und huschte dann die Treppe hinauf, eher wie ein junges, unbeschwertes Mädchen als eine sehr verheiratete Marquise, auf der Suche nach ihrer Schwester.
Das gab Alina Zeit, sich in dem hübschen, in Blau und Weiß gehaltenen Salon umzusehen, ehe sie sich gesittet auf einem der Sofas niederließ, die vor der gewaltigen offenen Feuerstelle gruppiert waren.
Seit ihrer Ankunft auf Basingstoke am gestrigen Abend war sie sich vorgekommen, als hätte man sie kopfüber in einen Wirbelwind gestoßen. Ihre Tante Mimi hatte ihr gesagt, dass die Engländer kalt und hochmütig seien und sie ihr bestes Betragen an den Tag legen müsse, damit Österreichs Hof nicht in schlechtem Licht dastehe.
Und dann hatte Alina sich keine Stunde nach ihrem Eintreffen in einem luxuriösen heißen Bad wiedergefunden, wo sie nicht nur von der Marquise, sondern auch von deren Schwester, der Duchess of Malvern, umsorgt worden war. Eine Duchess! Niemand außer Tatiana … und Justin … hatten Alina je nackt gesehen, und nun saß sie plötzlich bis zu den Schultern in duftendem Schaum, während Lady Nicole, in ihr, Alinas, Zigeunergewand gehüllt, im Walzertakt durchs Zimmer tanzte und die Duchess in einem üppigen Sessel lehnte und sich an Trauben delektierte. Gleich als die beiden zu ihr ins Zimmer gekommen waren, hatte Nicole jede Förmlichkeit abgewehrt und erklärt, dass sie sie als neue Schwester betrachteten und keinesfalls ein „Sie“ gelten lassen würden.
Alina erfuhr, dass die beiden jungen Frauen nicht allein Schwestern, sondern trotz ihres so unterschiedlichen Äußeren Zwillinge waren und außerdem beide frisch verheiratet.
Nicole war dunkelhaarig und hellhäutig, mit veilchenfarbenen, von dunklen Wimpern umkränzten Augen und von übersprudelndem Temperament. Im Gegensatz dazu war die Duchess blond mit großen himmelblauen Augen und unschuldigem Blick. Ihr Lächeln war warm und einladend und dennoch ein wenig reserviert. Sie bewegte sich mit einer selbstverständlichen Anmut, die nicht erlernt werden konnte, sondern angeboren war. Und wenn sie ihren Gemahl, den Duke, anschaute, wurde sie zur schönsten Frau, die Alina je gesehen hatte.
Ah, ja, der Duke, Tanner Blake, Duke of Malvern, der Mann, dem Justin sie anvertraut hatte, sie und ihren gerade neu erhaltenen Besitz samt dem Stadthaus in London. Justin hatte anscheinend alles haargenau geplant, bis auf die Tatsache, dass der Duke sich nicht auf Malvern aufhielt. Er war hier, auf Basingstoke.
Worüber Justin vielleicht nicht sehr erfreut sein würde.
Vielleicht war es ungehörig von ihr, aber da er, seit sie in England eingetroffen war, ihr Leben zu steuern versuchte, verspürte sie eine diebische Freude bei dem Gedanken daran, wie er wohl reagieren würde.
Nach dem Bad hatte Tatiana sie in einen wunderbar flauschigen Hausmantel gehüllt und wollte ihr das Haar bürsten, doch Alina entließ sie mit der Anweisung, sie möge den Schlaf nachholen, den sie in der Enge des Wohnwagens nicht zur Genüge bekommen hatte. Dann ließ sie sich in einem Sessel vor dem Kamin nieder und hob die silberne Haarbürste auf, doch Nicole nahm sie ihr schnell aus der Hand und begann, ihr die Locken zu bürsten, voller laut geäußerter Bewunderung für die schwarze Flut, in der im Feuerschein
Weitere Kostenlose Bücher