Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
besser verstellen, als er ihnen zutraute, und steckten mit den Damen unter einer Decke.
Hatte Alina den Schwestern erzählt, warum sie mit ihm zerstritten war? Hatte sie ihnen etwa alles erzählt?
Natürlich, wem sonst konnte sie sich anvertrauen? Bestimmt nicht ihrer Gesellschafterin, der mit der These von der unkontrollierten männlichen Lust. Man sah ja, wohin jenes Gespräch geführt hatte!
Kein Wunder, dass er derart in der Klemme steckte. Trotz seiner Weltgewandtheit und seiner vielen Talente war er auch nur ein Mann. Und welcher Mann hätte je eine Frau an Kompliziertheit übertroffen?
Er verstand auch, weshalb sie nicht zum Dinner hinuntergekommen war und seine Nachrichten nicht angenommen hatte. Von wegen Kopfweh – sie wich ihm lediglich aus, während sie mit den beiden Damen Pläne schmiedete.
Pläne, die zweifellos seine Niederlage zum Ziel hatten. Er konnte nur raten, wie sehr sie ihn bis zu dieser Niederlage leiden lassen würden.
Er hatte Alina gesagt, dass er sie nicht heiraten könnte, aus sehr vernünftigen Gründen – und sie hatte sich ihm widersetzt. Dann hatte er gesagt, dass er sie heiraten müsse – ebenfalls aus sehr vernünftigen Gründen – und sie hatte ihm seinen Antrag sozusagen vor die Füße geworfen.
Und nun, höchstwahrscheinlich auf Anraten zweier Frauen, die er bisher als klug eingeschätzt hatte, wollte sie überhaupt nicht mehr mit ihm reden.
So niedergeschlagen war er, weil er einfach nicht an Alina herankam, dass er wahrhaftig Tanner und Lucas um Hilfe gebeten hatte.
Sollte ihm der Gedanke, seine Freunde um Rat zu fragen, noch einmal kommen, würde er sich auf der Stelle mit einer gehörigen Menge Wein einschließen und trinken, bis er diesen Impuls überwunden hatte.
„Der große Justin Wilde, von einem kleinen Mädchen aus der Fassung gebracht?“ In gespieltem Erstaunen hatte Tanner ihn gemustert! „Ebender Mann, der ungerührt dem Prinzregenten den Tod angedroht hat, kann nicht ein süßes Mädel bezwingen, das, wie Lydia mir sagt, fast schmerzhaft jung und naiv ist? Wie niederschmetternd! Ehrlich, Justin, ich habe den Glauben an dich verloren! Aber ich neige mich vor der Weisheit meiner Gattin. Tut mir leid.“
Von Lucas Paine kam noch weniger Hilfe. „Wo Lydia sie als jung und naiv sieht, sieht meine Gattin sie als unabhängig und entschlossen. Und da Nicole mit diesen beiden Eigenschaften selbst großzügig versehen ist, denke ich, traue ich ihrem Urteil. Mein Rat? Nun, ehrlich, ich kann dir keinen geben. Nicole gefällt mir, wie sie ist.“
Justin nippte an seinem Wein und blickte erneut in den Garten hinab. Nun lachten sie! Lachten! Dieser Novak war immer noch irgendwo da draußen. Alina wusste, dass er ihren Tod wollte. Justin war immer noch nicht sicher, ob man ihn nicht wegen seiner Drohung gegen den Prinzregenten einkerkern oder seine Begnadigung aufheben würde; demnächst könnte man ihn, der bald Alinas Gatte sein sollte – obwohl sie ihn abgelehnt hatte –, wegen dreifachen Mordes anklagen … und sie lachte!
Er hasste Krieg, aber verdammt, Krieg war wenigstens eine klare Angelegenheit. Der Krieg der Geschlechter aber kannte keine Regeln, oder zumindest keine, die die Frauen den Männern kundtaten. Anscheinend waren sämtliche Waffen in Frauenhand.
Ungewollt erinnerte er sich an ein Theaterstück von Aristophanes – „Lysistrata“. Aber die Frauen da unten würden doch wohl nicht … würden sie den Männern ihre … ihre Gunst entziehen, bis dieser kleine Krieg beigelegt war?
Wenn ja, dann konnte er womöglich bald mit einem unerfreulichen Besuch seiner Freunde rechnen. Wenigstens wären diese dann nicht mehr so verdammt vergnügt!
Ah, sie gingen weiter, die drei Damen. Oder wenigstens Alina ging weiter, wanderte ein wenig ziellos den beiden anderen voraus Richtung Irrgarten.
Halt! Eben hatte Nicole verstohlen zu ihm hinaufgelugt. Hatte sie ihn entdeckt, wie er hier närrisch stand und sie ansah?
Nun flüsterte sie Lydia etwas ins Ohr und zupfte sie wenig elegant am Ärmel, als diese hinaufschauen wollte.
Er konnte sich gut vorstellen, was sie da tuschelten.
Da oben ist er, der liebeskranke Narr. Er beobachtet uns. Pscht, nicht, dass Alina uns hört!
Wo denn? Lass mich …
Nein, sieh nicht hin!
„Der Augenschein, Lord Wilde“, intonierte Justin mit spöttischem Ernst, „gibt Ihnen allen Grund zu der Annahme, dass Sie nicht unbeobachtet sind.“ In seinem Kopf teilte ein bohrender Gedanke in spöttischer
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