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Ein Akt der Gewalt

Ein Akt der Gewalt

Titel: Ein Akt der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryan David Jahn
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Leben, wie auch Sie es Ihrer Familie bieten wollen. Nun mag es ja sein, dass die Art, wie ich mir ein paar Extradollar verdiene, nicht legal ist, aber das hat bis jetzt noch niemandem wehgetan. Sie werden der Erste sein, und zwar allein deswegen, weil Sie meine Familie bedrohen, Todd.«
    »Halt, hören Sie«, sagt Todd. »Augenblick mal. Wir können uns doch immer noch …«
    »Und wenn Menschen meine Familie bedrohen«, fährt Alan fort, ohne Todd zu beachten, »wenn Menschen drohen, meine Familie zu zerstören, bin ich gezwungen, den Spieß umzudrehen und sie zu zerstören. Gern tue ich das bestimmt nicht, Todd. Aber es ist etwas, das ich tun muss. Es ist etwas, wozu Sie mich gezwungen haben. Sie haben meine Hand geführt, Todd – so und nicht anders ist es.«
    Und dann pfeift das Montiereisen in Alans Faust durch die kalte Nachtluft. Es ist zu hören, wie etwas Hartes und Unversöhnliches auf etwas Weiches und Hohles prallt. Blut spritzt auf die weiße Eingangstür und färbt den goldenen Klopfer rot. Todds Körper wird zur Seite gerissen. Seine Kinnlade hängt plötzlich schräg herab wie eine Tür mit gebrochenen Angeln. Er dreht sich einmal um sich selbst, bevor er zu Boden geht. Er sieht zu Alan auf. Die untere Hälfte
seines Gesichts ist ein blutiger Klumpen, das Maul eines schmausenden Löwen, nur dass das Blut sein eigenes ist.
    »Bitte«, sagt er zwischen geschwollenen Kiefern mit zerschmettertem Mund, aus dem Zahnsplitter wie Brotkrumen fallen und hier und da im Blut und Speichel am Kinn kleben bleiben, bis sie schließlich doch auf seinem Hemd landen.
    »Nein«, sagt Alan.
    Todd greift nach Alans Bein, aber ist zu langsam, und Alan weicht mühelos zur Seite aus.
    Dann schwingt er das Eisen abermals, schwingt es senkrecht, als würde er ein Klafter Brennholz hacken und dies wäre sein letzter Klotz. Ein schmatzendes Geräusch ist zu hören, als das Montiereisen aufprallt, ein Geräusch, wie wenn eine Melone aufbricht und ihren süßen Inhalt ausgießt.
    Auf dieses Geräusch folgt Stille.
    Alan hofft, dass es still bleibt. Er hofft, dass Todds Familie an seine langen Nächte gewöhnt ist, hofft, dass sie gelernt haben, weiterzuschlafen, auch wenn er noch so betriebsam ist und Lärm macht. Es würde ihm äußerst missfallen, wenn sie dasselbe Schicksal zu erleiden hätten, aber er würde tun, was getan werden muss. Wie hieß es doch im Alten Testament? Manchmal müssen die Kinder büßen für die Sünden der Väter. Gott begehrt sein Pfund Fleisch, von wem Er es kriegen kann.
    Alan steht nur da und lauscht eine Weile.
    Blut tropft von der Klaue des Montiereisens in seiner Hand.
    Nachdem eine Minute verstrichen ist, gibt sich Alan zufrieden. Er tritt über Todd hinweg ins Haus und hinterlässt dabei eine Spur von dessen Blut, die über den gekachelten Fußboden bis auf den Teppichläufer reicht.

    »Scheiße«, grummelt er in sich hinein.
    Er verschmiert das Blut, das er auf dem Teppich hinterlassen hat, damit man daraus weder seine Schuhgröße noch die Marke ableiten kann. Dann geht er hinüber zum Fernsehapparat in einer Ecke, zieht den Stecker heraus und hebt das Gerät hoch. Ein verdammt schweres Mistding, aber wenigstens ist es nicht eines dieser riesigen Eichenholzmodelle. Die können fünfzig Kilo oder mehr wiegen. Er trägt den Apparat nach draußen zu seinem Wagen – das Kabel lässt er dabei hinterherschleifen – und stellt ihn am Gehweg auf einem schmalen Grasstreifen ab. Dann geht er zum Kofferraum, öffnet ihn und legt das Montiereisen hinein. Als Nächstes öffnet er die hintere Tür des Streifenwagens und hievt den Fernseher auf die Rückbank.
    »Du bist festgenommen«, sagt er schmunzelnd und schlägt die Tür zu.
    Als das getan ist, geht er – am Baseballschläger vorbei – über den Rasen zurück und wieder ins Haus der Reynolds. Er lässt den Blick durchs Wohnzimmer schweifen, auf der Suche nach dem Telefon. Schließlich sieht er es an der Wand neben der Küchentür hängen. Er nimmt es in die Hand, um zu wählen, hält aber inne und hängt wieder auf. Noch nicht, denkt er. Zuerst der Film, dann telefonieren.
    Wenn ich ein 8-mm-Film wäre, überlegt er, wo würde ich dann wohl sein? Er sieht sich im Wohnzimmer um, kann aber keine vernünftigen Verstecke entdecken, geht in die Küche und öffnet – so leise wie möglich – verschiedene Schränke und Schubladen, aber findet nichts. Er weiß ja nicht einmal, ob der Kerl den Film hat entwickeln lassen oder nicht. Vielleicht ist er

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