Ein allzu braves Maedchen
anmerken zu lassen, und versuche wieder, mich zu erheben. Er sagt nur: ›Macht euch bereit.‹ Bevor ich begreife, wen oder was er damit meint, bewegen sich die Hunde auf mich zu. Die Köpfe vorgereckt, mit steifen Ruten, pirschen sie sich knurrend an mich heran. Sie heben die Schnauzen und wittern meinen Geruch, ohne mich zu berühren. Dann setzen sie sich nah vor mich hin und glotzen mich an, heben grollend die Lefzen und entblößen ihre Zähne.
Ich weiß ehrlich gesagt in dem Moment überhaupt nicht, wie mir geschieht. Vielleicht träume ich das alles auch? Diese Situation ist so fürchterlich, so absurd, das kann ich gerade ganz schlecht sortieren. Das Gute bei mir ist, je schlimmer etwas wird, je unentrinnbarer mir ein Erlebnis erscheint, umso stärker wird mein Kampfgeist. Das hab ich von früher. Das ist ungemein praktisch in meinem Job. Also sage ich: ›Kann ich noch was trinken?‹ – ›Hol’s dir.‹ – ›Na ja, ich darf mich ja nicht bewegen.‹ – ›Dann lass es, Nutte.‹ Dass er jeden zweiten Satz mit ›Nutte‹ abschließt, ärgert mich. Überhaupt spüre ich langsam eine gewaltige Wut in mir aufsteigen. Was denkt der sich? Wenn der seine Hunde nicht hätte, wäre ich längst weg. Ich denke kurz an das Gesicht meines Vaters, als ich ihm aus Angst so in die Eier getreten habe. Das denke ich, aber dann wird mir klar, dass ich hier eindeutig die Arschkarte gezogen habe. ›Okay, was soll ich tun?‹ – ›Mach weiter.‹ Ich gucke auf die Hunde. ›Das kann ich nicht mit denen im Zimmer.‹ Er lächelt undurchdringlich. Das ganze Blut verschwindet mit einem Mal aus meinem Kopf. Ich spüre die Angst in meinem Genick, als würde eine eiskalte Hand darüberstreichen und langsam zudrücken. Während ich mich langsam vorbeuge, stütze ich mich auf meine Unterarme und schwenke erneut meinen nackten Hintern. Augen zu und durch! Ich höre das Geifern und Fiepen der Hunde neben meinem Schädel und spüre den Alten, wie er sich hinter mir in Position stellt. Dann spüre ich etwas Heißes, Hartes an meinen Schenkeln. Es bewegt sich auf und ab und wird langsam zu einem rhythmischen Klopfen. Und plötzlich kapiere ich, dass er mich mit seinem Schwanz schlägt. Das Fiepen der Hunde an meinem Ohr wird immer lauter. Ich vergrabe meinen Kopf zwischen meinen Armen und versuche weiterzuatmen. Mir ist übel. Hätte ich etwas gegessen, würde ich jetzt auf den Perser kotzen. Ich spüre etwas Nasses an meinem Gesicht und merke, dass ich weine. Das hatte ich schon lange nicht mehr. Das bringt mich völlig aus der Fassung. Ich schluchze, ich kann nicht mehr.
Irgendwann ejakuliert er auf meinen Rücken, die Hunde springen sofort auf und lecken mich ab. Ich bleibe in meiner Position. Ich kann mich nicht bewegen.
Der Alte zieht seine Hose an, dann pfeift er seine Hunde zu sich, humpelt mit ihnen die Treppe runter und schickt sie in den Garten. Langsam, sehr langsam, rapple ich mich auf. Mechanisch ziehe ich den roten String nach oben. Mein Paillettenkleid liegt auf dem Boden, glitzert immer noch, und das verwundert mich. Und plötzlich ist alles sehr ruhig in mir. Und um mich. Die Farben lassen sich nicht mehr voneinander unterscheiden. Als wäre alles in ein Grau getaucht. Ich spüre keinen Schmerz. Mein Hintern hält einiges aus. Aber beim Anblick des Paillettenkleides muss ich wieder weinen, an Fasching denken von früher. Da bin ich zur Feier in die Stadthalle gegangen. Ich war noch ganz klein und hatte mich als Clown verkleidet. Und der Clown trug eine Paillettenhose, die meine Mutter genäht hatte.
Jetzt, in diesem Augenblick, in diesem schrecklichen Schlafzimmer, wäre ich gern bei ihr. Ich habe solch eine Sehnsucht nach ihrer Stimme, dass es mich fast zerreißt. ›Mama‹, flüstere ich. ›Mama. Hilf mir doch. Bitte. Mama.‹
Da höre ich ihn die Treppe hochkommen. Er stöhnt unwillig. Bestimmt ist er ärgerlich, dass ich so lange brauche. Er kommt ins Schlafzimmer und knallt mir meinen Mantel hin. Ich schaue auf den Boden. Wo ich gekniet habe, ist der Perser verrutscht. Ich bücke mich und ziehe ihn gerade. Dann stehe ich auf und gehe zu dem Tischchen, auf dem meine Flasche und das Glas stehen. Ich will mir gerade noch ein Glas einschenken, ich habe jetzt alle Zeit der Welt. Jetzt ist nichts mehr zu retten. Aber da tritt der Alte flink auf mich zu, reißt mir das Glas aus der Hand und sagt: ›Du hast genug. Raus hier.‹ Ich hebe den Blick. Ganz langsam gleitet er über seinen hellblauen Pullover,
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