Ein allzu schönes Mädchen
sich zu beschweren, verzog er nur den Mund und warf das Gericht samt Serviette in den Abfalleimer. Den
Rest der Cola nahm er mit auf die Straße und trank ihn in einem Zug aus. Dann kaufte er an einem anderen Stand ein Stück halb
verbrannter Pizza, das er gierig verschlang.
Er hatte das Gefühl zu verwahrlosen. Er hasste es, auf der Straße zu essen. Er war erschöpft. Wie gerne wäre er jetzt nach
Hause gefahren, hätte sich eine halbe Stunde in das lauwarme Wasser der Badewanne gelegt, um sich dann in seinen Campingsessel
auf den schattigen Balkon zu setzen, eine Weile Musik zu hören und schließlich ein paar Stunden zu schlafen.
Aber jemand musste nach Bornheim in die Burgstraße zur Adresse von Hendrik Plöger fahren. Sie mussten diesen Jo ausfindig
machen. Und sie mussten herausbekommen, wer das Mädchen war, das mit den drei jungen Männern unterwegs gewesen war.
Als Marthaler im Präsidium angekommen war und das Vorzimmer zu seinem Büro betrat, schaute ihn Elvira entsetzt an. «Mein Gott,
Robert, was ist passiert?»
Marthaler wusste nicht, was sie meinte. Er fasste sich an die Stirn. Erst jetzt fiel ihm die kleine Verletzung wieder ein.
Er ging zum Spiegel und schaute sich an. Er musste lachen. Es sah wirklich fürchterlich aus. Seine Augenbraue war von der
Nasenwurzel bis zur Schläfe mit Blut verklebt.
«Es ist nichts», sagte er. «Nur ein kleiner Riss. Heute haben es die Straßenbahnen auf mich abgesehen.»
Er drehte den Wasserhahn auf und säuberte sich.
«Gibt es schon was von den anderen?»
|184| «Kai Döring hat angerufen. Er und Liebmann befragen seit Stunden die Anwohner in Oberrad. Bis jetzt haben sie noch nichts
herausgefunden. Döring will sich wieder melden. Soll ich ihm etwas ausrichten?», fragte Elvira.
«Nein. Sie sollen weitermachen … Oder doch, sag ihm, dass wir uns gegen 18 Uhr hier treffen. Was ist mit Kerstin und Petersen? Sie wollten versuchen, diesen Gessner ausfindig zu machen, den Vorbesitzer
des Fiat Spider.»
«Keine Ahnung», sagte Elvira. «Ich kann aber versuchen, die beiden zu erreichen.»
«Nein, lass nur. Sie werden sich bestimmt bald melden.» Marthaler ging auf den Flur. Aus einem der Schränke, in denen die
Putzfrauen ihre Utensilien verwahrten, nahm er sich zwei Handtücher. Er lief die Treppen hinab bis in den Keller, wo sich
der Fitnessraum befand. Hier war er schon seit Jahren nicht mehr gewesen. Er ging an den jungen Kollegen vorbei, die hier
trainierten und die sich jetzt angrinsten, als sie Marthaler sahen. Er ignorierte ihre Blicke, grüßte nur knapp und betrat
den Duschraum. Dann zog er sich aus, legte seine Kleidung auf eine der Holzbänke und stellte sich unter die Brause. Er schloss
die Augen und ließ das Wasser lange auf seinen Körper prasseln. Hinterher fühlte er sich besser.
Auf dem Gang begegnete ihm Schilling, der Chef der Spurensicherung. Marthaler fragte ihn, ob es neue Ergebnisse bei der Auswertung
der Tatortspuren gebe. Schilling verneinte, dann schaute er unter sich.
«Was ist los mit dir?»
Schilling druckste. «Robert, ich wollte dich sowieso noch anrufen. Du hattest leider Recht mit deiner Vermutung.»
«Mit welcher Vermutung?»
«Die Fotos vom Tatort sind tatsächlich aus meiner Abteilung an die Presse weitergegeben worden.»
«Und wer tut so etwas?»
|185| «Er heißt Salzinger. Ein junger Laborant. Er arbeitet seit gut einem Jahr bei uns. Er ist damals auf mein Betreiben eingestellt
worden.»
«Hat er etwas zu seiner Entschuldigung vorgetragen?», fragte Marthaler.
«Zuerst hat er versucht, sich herauszureden, hat etwas von einem Irrtum erzählt. Als ich nachgebohrt habe, ist er in Tränen
ausgebrochen. Er sagt, er stecke in einer finanziellen Notsituation, er habe Schulden gemacht, sich ein großes Auto gekauft,
das er kurz darauf kaputtgefahren habe. Ich weiß nicht, was ich mit ihm machen soll. Er ist ein guter Mann. Ansonsten.»
Marthaler schüttelte den Kopf. Er dachte einen Moment nach.
«Mich wundert nichts mehr», sagt er dann. «Weißt du, dass man mir heute Morgen vom Hof des Präsidiums mein neues Fahrrad gestohlen
hat? Was wollen wir uns eigentlich noch alles gefallen lassen?»
Schilling schwieg.
«Hat er gesagt, wie viel Geld er für die Fotos bekommen hat?»
«Fünfhundert Mark», sagte Schilling.
«Fünfhundert Mark? Dann ist er auch noch ein Idiot. Die hätten sicher das Zehnfache gezahlt. Wir werden ihn auf der Stelle
entlassen.»
«Robert,
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