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Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
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noch einmal, dann drehte er den Türknauf und ging hinein.
     Einen Moment lang stand er ratlos in dem schmuddeligen Gang und überlegte, an welche der Türen er jetzt klopfen solle.
    «Wer sind Sie? Was wollen Sie?» Die Stimme in seinem Rücken klang schneidend. Erschrocken fuhr er herum.
    «Marthaler», sagte er und zeigte seinen Ausweis, «wir haben gerade telefoniert.»
    «Ich habe Ihnen doch gesagt   …»
    Er schnitt der Frau das Wort ab. «Wenn Sie mir nicht unverzüglich die verlangten Informationen geben, werde ich Sie wegen
     Behinderung der polizeilichen Ermittlungen anzeigen.»
    Einen Moment lang schaute ihn die Frau verdutzt an. Dann machte sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht breit.
    «Sie bluffen», sagte sie. «Sie können mir nicht drohen. Unser Mitarbeiter heißt Herbert Weber und ist für mehrere Wochen in
     Kur. Mehr weiß ich nicht, und mehr werde ich Ihnen nicht sagen. Und jetzt verlassen Sie bitte dieses Gebäude.»
    In dem Raum, aus dem die Frau gekommen war, klingelte ein Telefon. Sie drehte sich um und ließ Marthaler stehen. Sie verschwand
     in ihrem Büro und schloss die Tür hinter sich. Fast augenblicklich hörte er sie am Telefon lachen.
    Marthaler überlegte einen Augenblick, dann fasste er einen Entschluss. Leise drückte er die Klinke einer Tür. Dahinter |240| befand sich ein Raum mit zwei Tischen, einem Kühlschrank und einer Kaffeemaschine. Es roch nach kaltem Rauch und abgestandenem
     Kaffee. Neben der Tür stand ein Regal, das in zwei Reihen mit Fächern aufgeteilt war, an die man jeweils ein Namensschild
     geklebt hatte. Das Fach von Herbert Weber war leer. An der Wand hingen eine Uhr und der Werbekalender einer großen Autowerkstatt.
     Offensichtlich handelte es sich um den Aufenthaltsraum der Mitarbeiter. Das war nicht, was Marthaler suchte.
    Er ging zurück auf den Flur.
    Neben dem Büro, in dem die Frau noch immer telefonierte, befand sich eine weitere Tür.
    Als Marthaler einen Schritt darauf zuging, knarrte der Boden. Er zog seine Schuhe aus und nahm sie in die Hand.
    Er bewegte sich nur langsam. Er wagte kaum zu atmen.
    Es war lächerlich. Nur, um Kontakt zu einem möglichen Zeugen aufnehmen zu können, musste er sich wie ein Dieb benehmen.
    Dann hatte er die Tür erreicht. Der Raum war ebenfalls unverschlossen, aber dunkel. Marthaler tastete nach dem Lichtschalter.
     Flackernd setzte sich die Leuchtstoffröhre in Gang. Er befand sich in einer Art fensterlosem Aktenlager. Der braune Veloursteppich,
     der den Boden bedeckte, war mit Flecken und Staubflocken übersät. Marthaler ging zu dem alten, riesigen Bücherschrank, der
     fast die gesamte linke Wand des Zimmers bedeckte. Die Türen des Schrankes hatte man entfernt, sodass die unzähligen Ordner,
     die sich darin stapelten, frei zugänglich waren. Die Rücken der Ordner waren mit weißen Zetteln beklebt. Marthaler legte den
     Kopf schief, um die Aufschriften lesen zu können.
    Dann hielt er inne, um zu horchen. Die Frau telefonierte immer noch.
    Endlich hatte er gefunden, was er suchte. «Personal T – Z» |241| stand auf dem Ordner. Marthaler löste die Klemme und begann, die Seiten umzublättern. Unter dem Buchstaben W gab es nur die
     Unterlagen Herbert Webers. Ganz oben war eine Karteikarte mit den persönlichen Daten des Wachmannes abgeheftet. Marthaler
     versuchte, sich Adresse und Telefonnummer einzuprägen. Direkt darunter fand sich eine Mitteilung der Krankenkasse über die
     Bewilligung der Kur. Wo die Kur stattfinden sollte, war daraus nicht ersichtlich. Marthaler klappte den Ordner zu und stellte
     ihn zurück in den Schrank. Zur Not würde er die Krankenkasse bitten müssen, ihm den Aufenthaltsort Webers mitzuteilen.
    Er ging zurück zur Tür und schaltete die Deckenbeleuchtung aus. Als er die Tür öffnete, stand vor ihm ein großer uniformierter
     Wachmann. Beide waren sie gleichermaßen erschrocken. Der Wachmann starrte ihn an, dann schüttelte er den Kopf und ging, ohne
     ein Wort zu sagen, in den Aufenthaltsraum. Erst jetzt wurde Marthaler bewusst, dass er immer noch seine Schuhe in der Hand
     hielt. Er zog sie an und verließ das Gebäude. Was für eine merkwürdige Sicherheitsfirma, dachte er, wo es die eigenen Mitarbeiter
     nicht interessiert, wenn ein fremder Mann in Socken durch die Räume schleicht.
     
    Als er wieder auf der Straße stand, merkte Marthaler, wie erschöpft er schon wieder war. Er überlegte, ob er zurück ins Präsidium
     gehen sollte, entschied sich aber anders. Allein der

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