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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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und die Ärzte machen sich allmählich ernsthaft Sorgen.
    Am nächsten Morgen geht die blonde, kräftige Mrs. Colter mit ihrem Sohn Burt im Gang des Krankenhauses auf und ab und befragt ängstlich den Arzt: »Wie geht es ihm heute, Herr Doktor?«
    »Er möchte Sie sehen.«
    » Ja, ich weiß. Aber wie geht es ihm?«
    »Er möchte Sie sehen. Mehr kann ich im Augenblick nicht sagen.«
    Mrs. Colter, sonst sehr beherrscht und zurückhaltend, fängt an zu weinen und bittet den Arzt, das Menschenmögliche zu tun, um ihren Mann zu retten. Doch er antwortet leise:
    »Wir haben schon alles getan, was nur möglich ist. Drei Bluttransfusionen, aber...«
    Alan Colter liegt in seinem Hospitalbett — weiß wie ein Laken, aber hellwach. Ganz ruhig erklärt er seiner Frau und seinem Sohn, daß er nun sterben wird. Dann zeigt er auf den Nachttisch und wendet sich an Burt:
    »Da, in meiner Brieftasche findest du das Bild von Frau Ebernach. Ich war entschlossen, sie hierher kommen zu lassen. Hole du sie jetzt, Junge. Bringe sie hierher mit ihrer Tochter. Dann kann ich in Frieden sterben.«
    »Daddy, du stirbst doch noch lange nicht!«
    »Bringe sie hierher, Junge, ich verlasse mich auf dich.« Das Reden fällt dem Sterbenden schwer. Aber er ist von der fixen Idee wie besessen.
    »Ich will sie hier wissen. Das ist mein letzter Wille.«
    »O. k. Daddy, ich werde sie holen.«
    Die Stimme des Sohnes ist so rauh, die Kehle so zugeschnürt, daß der Vater es noch einmal hören will: »Schwörst du’s, Junge?«
    »Ich schwöre es dir, Vater.«
    Acht Tage nach dem Tode Alan Colters, im Dezember 1954, landet der 21jährige Burt Colter in Stuttgart. Er hat Frau Ebernach seinen Besuch telegraphisch angekündigt:
    »Ich bin der Sohn von Alan Colter, dem kanadischen
    Piloten, der Ihren Mann im Dezember 1944 in Frankreich abgeschossen hat. Habe meinem Vater auf seinem Sterbebett versprochen, Sie zu besuchen. Werde Freitag, den 19. Dezember, gegen 19 Uhr bei Ihnen sein. Würde mich freuen, wenn auch Ingrid da wäre. Burt Colter.«
    Als die Tür aufgeht, erkennt Burt sofort die hübsche dunkelhaarige Frau auf dem Bild, diesem zerknitterten Foto, das er jetzt übrigens anstelle von Blumen in der Hand hält. Frau Ebernach lächelt nur ein wenig — verhalten und verlegen — und bittet den großen, blonden Fremden hinein. Die Wohnung ist winzig klein. In einer Ecke bullert ein Ofen. Seiner Ankunft zu Ehren ist alles glänzend poliert und peinlich aufgeräumt worden. Sogar ein kleiner Blumenstrauß steht auf dem Tisch und daneben das Bild eines etwa 25jährigen Mannes mit lachenden Augen, der gerade Rauchkringel mit einer Zigarette bläst. Das Mädchen, das auf der Bettcouch sitzt, steht nun auf. Ingrid. Mit braunen Zöpfen und den gleichen Mandelaugen wie die Mutter.
    Burt begrüßt Mutter und Tochter. Frau Ebernach versteht aber nur ein paar Wörter Englisch und Burt leider nicht viel mehr Wörter Deutsch. So hält ihr Burt — genauso verlegen wie sie — das Foto hin.
    Die Witwe des Fliegers ist zunächst überrascht, aber sie erkennt es sofort. Sie dreht das Bild um. Ihre Lippen zittern ein wenig, als sie die Widmung liest: »Lieber Papi, du mußt gut auf dich aufpassen und gesund bleiben. Wir warten auf dich.« Als sie damals vor elf Jahren diese Worte schrieb, hatte sie noch Hoffnung auf ein glückliches Leben. Nach dem Krieg.
    In einem unglaublichen deutsch-englischen Kauderwelsch versucht nun Burt, ihr den Grund seines Kommens zu erklären: Weil er den letzten Willen seines Vaters erfüllen will, ist er gekommen. Ja, um sie zu bitten, mit Ingrid nach Kanada zu kommen. Er steht fast stramm vor Frau Ebernach — wie ein braver Schüler vor dem Schuldirektor.
    Ein solcher Vorschlag, noch dazu in einem derartigen Kauderwelsch vorgebracht, ist mehr als eigenartig! Frau Ebernach ist eine einfache Frau, aber durchaus klug und empfindsam. Natürlich ist sie in diesem Augenblick völlig verwirrt und auch mißtrauisch. Ob sie richtig verstanden hat, was dieser junge Kanadier eben gesagt hat?
    Und Burt sucht vergeblich weiter nach den richtigen Worten... aber er stottert nur noch! Da hat er plötzlich eine Idee: Seine Mutter muß mit Frau Ebernach sprechen! Sie kann etwas Deutsch, und außerdem findet eine Frau — egal in welcher Sprache — in einer solchen Situation viel besser die Worte, die auch überzeugen können. Er muß telefonieren!
    Radebrechend erklärt er Frau Ebernach, sie solle jetzt mit ihm irgendwo hingehen, wo es ein Telefon gibt. Er

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