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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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lassen wir diese Probleme jetzt! Ich habe eine Überraschung für Sie!«
    Der Schah beugt sich zu dem niedrigen Marmortisch — steif und vorsichtig, damit die rote Chechia nicht hinunterfällt. Dann ergreift er mit seinen dicken, schwerberingten Fingern die grüne Mappe — das Dokument mit kaiserlichem Siegel — und überreicht es seinem Gast feierlich:
    »Was ist es, Euer Majestät?« fragt William Know nicht sonderlich interessiert. Über eines ist er sich nämlich völlig im klaren: Wenn der Schah ihm etwas schenkt, so kann es sich kaum um etwas Wertvolles handeln. Auf alle Fälle um nichts, das den Kaiser auch nur das geringste gekostet hätte.
    William Know d’Arcy ist ein Mann um die Sechzig. Offenes Gesicht, helle Augen... und auch ein heller Kopf, obwohl er meist einen etwas weltfremden Eindruck macht, so wie ein verträumter Wissenschaftler oder ein in sich gekehrter Geistlicher. Doch der Schein trügt. Mister Know ist ein harter Geschäftsmann — aber wie gesagt, trotz aller Machenschaften und Kämpfe ist er vor allem ein Menschenfreund geblieben. Ein Idealist, der seine ganze Energie stets einsetzt, um anderen Menschen zu helfen, niemals um sich selber zu bereichern. Dieser Neuseeländer französischer Abstammung hatte vor zehn Jahren eine Goldmine in Australien entdeckt und war dadurch zu Reichtum gekommen. Allerdings nicht auf Kosten der Kumpel, die das Edelmetall unter schwersten Bedingungen abbauten. Schulter an Schulter mit den Minenarbeitern, hatte William Know jahrelang geschuftet, bis er endlich nach London zurückgekehrt war. Reich und erschöpft, träumte er davon, nun einen ruhigen, wohlverdienten Lebensabend in England zu verbringen — Regen und Nebel endlich!
    Doch eines Tages besuchte ihn ein persischer General: »Mister Know d’Arcy, bevor Mohammed zu uns kam, wachten die Priester des Propheten Zarathustra über die heiligen Feuer, die in unserem Land aus dem Boden in den Himmel emporsteigen. Nun, heute wissen wir natürlich, daß diese Flammen in der Wüste kein überirdisches Heiligtum sind, sondern unterirdischen unermeßlichen Reichtum für unser Volk bedeuten. Erdöl, sehr viel Erdöl... überall!
    Mister Know, Sie sind Geologe und haben jahrelang in der australischen Wüste gearbeitet. Wir brauchen Sie in
    Persien! Helfen Sie uns. Dieses Öl könnte vielleicht die Rettung für unser armes Land sein. Der Staat hätte endlich genug Geld für Schulen und Krankenhäuser... Sie müssen wissen, bei uns in Persien leben wir noch wie im Mittelalter.«
    Welch eine Versuchung für William Know! Er überlegte nicht lange. Das müßige Großstadtleben war sowieso nichts für diesen Abenteurer. Also plünderte er sein Konto bis auf den letzten Schilling, verkaufte all seine Güter und reiste bald darauf nach Persien. Dort in der Wüste investierte er jahrelang — immer auf der Suche nach diesem neuen, flüssigen, schwarzbraunen Gold, das schon damals in der ganzen Welt die Gemüter erhitzte. Er suchte, forschte und bohrte, bis sein gesamtes Vermögen vom Sand verschlungen war...
    Der damalige Schah — Nasir ad-Din — war nicht bereit, auch nur ein Rial in dieses für seine Begriffe völlig sinnlose Unternehmen zu stecken. Also reiste William Know nach Europa, fest davon überzeugt, dort interessierte Geldgeber ausfindig machen zu können. Aber er bemühte sich vergeblich.
    Und so fuhr William Know mit leeren Taschen nach Persien zurück und mußte mangels Kapitals seine Suche in der Wüste aufgeben. Er hatte versagt und war ruiniert. Aber Geld hatte für ihn ja nie eine Rolle gespielt. Es war immer nur ein Mittel zum Zweck gewesen. Mehr nicht. Als Geschäftsmann hatte er jedoch zum ersten Mal versagt — und das zermürbte ihn.
    1896 starb Nasir ad-Din. Sein Sohn, Muzzafar ad-Din, bestieg den Thron — doch auch er glaubte nicht an die Zukunft des Erdöls, das unter dem persischen Sand schlummerte. Der neue, junge Schah wäre die letzte finanzielle Rettung gewesen. Na gut. William Know gab endgültig auf. Er blieb allerdings in Teheran, denn im Laufe der Jahre hatte er zwar kein Öl gefunden, dafür aber die persische Mentalität kennen und lieben gelernt. Hier fühlte er sich zu Hause, bei diesen armen Menschen, die er bewunderte — ein Volk von Dichtern und Lebensphilosophen, das wahrscheinlich trotz der Armut glücklich gewesen wäre, müßte es nicht so sehr unter den despotischen Gesetzen des neuen Schahs Muzzafar ad-Din leiden.
    »Mister William, dies hier ist ein Geschenk von mir!

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