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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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nehmen, doch sein Selbstmordversuch mißlang, und er kam in die psychiatrische Abteilung einer Nervenheilanstalt. Als er wieder zu sich kam, verlangte er sofort den Chefarzt zu sprechen: »Herr Professor! Sie werden mich jetzt mit Elektroschocks behandeln! Ich bestehe darauf!«
    Noch nie hatte ein Patient von sich aus eine solche Behandlung verlangt! Aber Eatherley — trotz der Warnungen der Ärzte — blieb hartnäckig dabei. Vielleicht würde ihm diese radikale Methode helfen, das Loch in den Wolken zu vergessen, und auch den Klang seiner Stimme, als er die fatale Nachricht funkte... und all diese Bilder, diese Photos in den Zeitungen, diese Männer, diese Frauen, diese verbrannten Kinder, diese verkohlte Landschaft.
    Aber die Elektroschocks halfen genausowenig wie der Alkohol und die Schlaftabletten. Er konnte nicht vergessen. Und er würde niemals vergessen können — das wußte er jetzt. Er sah nur noch eine Möglichkeit, sein Gewissen zu erleichtern, wenn schon nicht zu befreien: Er mußte von der Öffentlichkeit für schuldig erklärt werden — und büßen.
    Und so entschloß er sich, Krimineller zu werden.
    In den Jahren zwischen 1957 und 1959 verübte er fünf bewaffnete Überfälle. Jedesmal bekannte er sich schuldig — doch jedes Mal wurde er wegen »Unzurechnungsfähigkeit« freigesprochen und immer wieder zur Erholung zum Psychiater geschickt.
    Heute, am 12. März 1959, in seiner Zelle in Dallas, schöpft Major Eatherley wieder Hoffnung. Vielleicht wird es dieses Mal klappen!
     
    Der Prozeß beginnt am 10. April 1959. Untersuchungsrichter und Staatsanwaltschaft haben keine Zeit verloren. Eine solche Persönlichkeit wie Major Eatherley kann man nicht einfach in einer x-beliebigen Zelle schmoren lassen!
    Im Gerichtssaal drängen sich die Anwälte um den Angeklagten. Er, der den ausdrücklichen Wunsch geäußert hatte, von keinem Anwalt verteidigt zu werden — bekam gleich drei davon. Der erste wurde von der Familie mit dem Fall beauftragt. Der zweite Anwalt war sozusagen ein Geschenk des »Vereins der Alten Kämpfer«. Und der dritte? Der kam direkt aus Washington angereist. Wer hatte ihn nach Dallas geschickt? Wahrscheinlich gewisse offizielle Stellen — ja vielleicht sogar die Regierung selber. Man hat es nie erfahren.
    Die Gerichtsverhandlungen verlaufen langatmig und ohne jegliche Überraschungen. Als der Direktor des überfallenen Supermarktes in den Zeugenstand gerufen wird, zieht er sogar seine Anzeige zurück — und niemand wundert sich darüber.
    Das Stück endet mit den drei Plädoyers — jedes erschütternder als das andere! Der Anwalt der »Alten Kämpfer« übertrifft sich allerdings selber:
    »Euer Ehren, seit langem schon beschäftigt sich unser Verein mit dem schmerzlichen Fall von Major Eatherley. In Anbetracht der grausamen Krankheit, die ihn befallen hat, haben wir einstimmig beschlossen, ihm eine monatliche Invalidenrente von 264 Dollar zukommen zu lassen. Außerdem steht ein wunderschönes Zimmer in unserem Veteranen-Heim jederzeit für ihn bereit. Euer Ehren, für uns alle ist Major Eatherley nicht nur ein Held, sondern auch ein Opfer!«
    Der Anwalt läßt jedoch die Tatsache unter den Tisch fallen, daß Eatherley niemals an irgendeiner Gedenkzeremonie teilgenommen hat, und er sagt auch nicht, daß der Major den ruhmreichen Orden, womit er gleich nach seiner Rückkehr geschmückt wurde — den »Distinguished Flying Cross« —, niemals getragen hat. »Alte Kämpfer« sprechen solche Wahrheiten nicht gerne aus, vor allem nicht in aller Öffentlichkeit!
    Der Anwalt aus Washington kann es durchaus mit seinen Kollegen aus der Provinz aufnehmen. Sein Plädoyer ist vielleicht weniger rührselig, doch rührend genug, um den Geschworenen die verständnisvolle Einstellung höherer Regierungskreise unmißverständlich klarzumachen.
    Sogar der Gerichtsmediziner macht großen Eindruck mit seinen knappen, komplizierten, wissenschaftlichen Worten:
    »Euer Ehren, Major Eatherley leidet an paranoider Schizophrenie.«
    Es ist alles ganz einfach, ganz klar. Und der Fall »Eatherley« wandert wieder in eine Schublade: Die Reue eines Menschen, der Schrei eines Gewissens, die Revolte gegen das Absurde, die Schande des Krieges, das alles gibt es nicht. Das nennt man: »Paranoide Schizophrenie«.
    Die Anklage des Staatsanwalts wirkt beinahe peinlich. Fast so, als würde er um Entschuldigung bitten, daß er diese Rolle spielen muß.
    Und dem Richter bleibt schließlich nur noch die obligatorische

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