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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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vor einem großen Hotel erregt kein Wagen mit geduldig wartendem Chauffeur Aufsehen! Als Walter seine Waffe hob, startete Sergeant Presby mit Vollgas und verursachte einen starken Zusammenstoß mit dem Cadillac, daß alle in die Luft flogen, auch Walter. So einfach war das!
    »Und die drei Gangster, sind sie auch hier im Krankenhaus?«
    »Im Krankenhaus sind sie schon, aber nicht hier! Sie liegen im Gefängnishospital. Ja, und dort werden sie eine ganze Weile sitzen.«
    »Und ich, muß ich lange hier bleiben?«
    »Es wird schon auch eine Weile dauern. Übrigens, ich
    hab was für Sie! Hier ein kleines Buch zur Erinnerung. Damit es nicht so lange das gleiche Jahr bleibt!«
    Trotz seiner Schmerzen muß Walter herzlich lachen: »Taumel, Baumel, ja? Ich weiß, Sergeant, die Sternlein baumeln am Himmel und nicht durch den Tee!«
    Auf einmal wird Walter Johnson aber wieder ganz ernst: »Wie spät ist es?«
    »Fast Mitternacht, warum?«
    »Darf ich Sie um einen großen Gefallen bitten?«
    »Wenn es in meiner Macht steht, gerne!«
    »Bitte, rufen Sie morgen früh kurz vor acht den Rektor meines Internats an! Und sagen Sie ihm, ich komme später, aber verraten Sie ihm nicht, daß ich meinen Zug verpaßt habe! Sonst wird er mir sicher die Leviten lesen. Unpünktlichkeit kann er nicht ausstehen.«
    »Wird gemacht, Junge, versprochen! Schließlich warst du auch auf die Minute pünktlich!«
     

Ein Datum, das wir nicht vergessen dürfen
     
    Man kann doch nicht ewig wie ein Stück Vieh leben!
    Heinrich Zuber ist völlig erschöpft, aber er kann nicht einschlafen. Seitdem er diese Worte gehört hat, hallen sie wie ein bedrohliches Gewittergrollen in seinem Kopf nach. Er kaut sie seit Stunden immer wieder — wie ein Stück Vieh eben.
    Vorhin, als er die Fabrik verließ, hatte sich vor der Pforte eine Gruppe Männer um einen Redner versammelt, der auf einem Faß herumfuchtelte wie ein Huhn auf der Stange. Die meisten Arbeiter gingen geduckt an ihm vorbei, als wären sie taub und blind. Nach dem Motto: »Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen — Vorsicht ist die Mutter der Weisheit!« Auch Heinrich Zuber, von Natur aus still und gehorsam, wollte mit gesenkten Augen an der Gruppe vorbei, wie es sich nun mal für einen »braven, guten« Arbeiter gehört. Aber unwillkürlich ist er doch stehengeblieben, zusammen mit den wenigen Kameraden, die den Mut dazu hatten. Ja, dazu mußte man schon Mumm in den Knochen haben — damals.
    Der Redner war um die dreißig Jahre alt — mager und dreckig. Wie eine aufgezogene, verrückt spielende Marionette wirbelte er auf seiner zweckentfremdeten Tonne herum und skandierte immer wieder voller Pathos den Slogan: »Man — kann — doch — nicht — ewig — wie — ein — Stück — Vieh — leben!« Und jedesmal erhob sich ein tiefes, beifälliges Gemurmel. Einige Männer klatschten sogar — die mutigsten von allen.
    »Genossen, wir kämpfen für den 8-Stunden Tag, für die Besserung der Arbeitsbedingungen, für höhere Löhne und vor allem für die Abschaffung der schwarzen Listen!«
    Die »schwarzen Listen« die Plage weit und breit. »Schwarze Liste« — das bedeutet Arbeitslosigkeit, Aussperrung für Jahre, oft für immer. Als er diese Worte hörte, schaute Heinrich ängstlich in die Runde und erinnerte sich an die ständigen Ermahnungen seiner Mutter! »Junge, kümmere dich nicht um die anderen. Mach deine Arbeit, und steck nicht deine Nase in Sachen, die dich nichts angehen. Denk an Vater! Er hat sich nicht an die Regeln gehalten, und nun ist er arbeitslos. Ich flehe dich an, mein Junge, kümmere dich nicht um das, was die anderen reden!«
    Heinrich Zuber ist also gegangen. Er ist an diesem Abend den langen Weg nach Hause mit müden, schleppenden Schritten zu Fuß gegangen, in Gedanken verloren. Von der ganzen Rede des Genossen hat er nur einen einzigen Satz behalten: »Man kann doch nicht ewig wie ein Stück Vieh leben!« Daran hatte er noch nie gedacht. Er hatte überhaupt noch nie wirklich gedacht.
    Heinrich ist erst fünfzehn Jahre alt, Sohn deutscher Emigranten, die 1880 nach Chicago eingewandert sind. Seitdem wohnt die Familie Zuber im »Bremer«-Viertel der Stadt, nicht sehr weit von dem Schlachthaus, wo Heinrich seit einem Jahr arbeitet. Da der Name seines Vaters jetzt auf den so berüchtigten »schwarzen Listen« steht — wegen Gewerkschaftszugehörigkeit und schlechter Gesinnung —, muß Heinrich ganz allein das nötige Geld für den Lebensunterhalt der Familie nach Hause

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