Ein Alptraum für Dollar
ein großes Opfer, wissen Sie? Bei 4000 Dollar kann ich kaum gewinnen! Es ist doch so: Am Anfang verliere ich sehr rasch und muß dann lange spielen, bis ich meine Hochrechnung endlich habe... dann lohnt es sich aber kaum noch! In den neunzig Minuten, die mir insgesamt zur Verfügung stehen, gewinne ich so bestenfalls 1300 Dollar. Das ist doch läppisch!«
»Keith Taft! Jetzt hörst du mir aber zu!«
»Ja, Herr Pastor?«
»Ich sage es noch einmal! Du bist ein Falschspieler, du mußt damit aufhören, und zwar auf der Stelle!«
»Aber Sie verlangen Unmögliches von mir! Meine Methode ist genial!«
»Meinetwegen... dann bist du aber ein Genie, das betrügt! Also was soll das Ganze?«
»Verstehen Sie doch! Ich bin kein Betrüger! Ich arbeite nur mit denselben Chancen wie die Spielcasinos — nur in geraffter Zeit!«
»Na und?«
»Na und! Ich gewinne, was ich will, und das Casino verliert! Bis jetzt war es doch überall auf der ganzen Welt immer umgekehrt!«
»Keith Taft, du bist kein Genie, du bist ein Dummkopf. Ein unehrlicher dazu! Wo bleibt denn das Spiel, wenn du von vornherein genau weißt, daß du gewinnen wirst? Geht es dir also doch um Geld?«
»Nein! Mich fasziniert einzig und allein die Macht über den Zufall!«
»Gut. Dann kannst du ja aufhören. Du hast erreicht, was du beweisen wolltest. Was willst du mehr? Schluß damit! Merkst du denn nicht, wie sehr du dich verändert hast? Du kommst nie mehr in die Kirche, du verbringst deine ganze Freizeit damit, in allen Casinos des Landes mit den Zehen zu klimpern. Was soll aus deinem Leben werden, Keith?«
Der Ingenieur senkt demütig den Kopf. Im Grunde genommen weiß er sehr wohl, daß der alte Pastor recht hat. Aber er kann seine geniale Erfindung doch nicht einfach im Keller liegen lassen wie ein beliebiges Werkzeug aus den Pionierzeiten.
»Herr Pastor, versuchen Sie mich zu verstehen! Ich habe das alles nicht erfunden, um es jetzt in den Mülleimer zu werfen! Ich bin Ingenieur. Ich weiß, wie wichtig meine Erfindung ist, besonders für die weitere Entwicklung im Bereich der Informatik!«
»Dann nütze diese Errungenschaften für ehrliche Zwecke! Als Buße verlange ich von dir ein öffentliches Bekenntnis!«
»Öffentlich? Wie bitte?! Alle Spieler würden sich dann auf meine Theorien stürzen, und es wird noch mehr Betrüger geben! Ich verstehe Sie nicht!«
»Du magst ein mathematisches Genie sein — aber nimm’s mir nicht übel Keith —, ansonsten bist du ziemlich dumm.
Also hör mir zu. Du wirst dich an alle Zeitungen wenden und ihnen deine Geschichte erzählen. Mit allen technischen Details und so. Denn das ist keine Frage, da bist du wirklich genial! Die Spielcasinos werden dir dankbar sein, glaube es mir, sie werden sich noch besser vor Falschspielern schützen können. Aber das ist nicht das Wichtigste. Vertraue mir, du wirst schon sehen. Versprichst du deinem alten Pastor, seinem Rat zu folgen?« Keith verspricht es — und hält Wort.
Er erzählte seine Geschichte. Über hundert Zeitungen haben sie veröffentlicht. Mit Photos von Keith und seinem Apparat. Er reiste von einem Fernsehsender zum anderen, wurde interviewt und immer wieder gebeten, sein »Spiel« in Gang zu setzen. Nach einigen Tagen schon rissen sich die größten Elektronikfirmen um ihn. Heute, mit 55 Jahren, führt Keith Taft das interessanteste Leben, das er sich hätte träumen können. Er ist einer der gefragtesten Forscher in der Welt auf dem Gebiet der Robotertechnik. Und er verdient viel mehr als damals mit seinem Zehenspiel beim Black Jack.
Übrigens, ihm verdanken wir es letztendlich, einen von diesen winzigen Computern in der Tasche zu haben, flach wie ein Markstück, die blitzschnell hochrechnen können, zum Beispiel, wie sich die Weltbevölkerung in den nächsten Jahren entwickeln wird oder wieviel wir im Jahr mit bleifreiem Benzin bei einer Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern auf Autobahnen sparen können oder auch wieviele Lehrer im Jahre 2000 arbeitslos sein werden. Es ist nicht ganz uninteressant, so etwas mal auszurechnen.
Keith Taft wollte den Zufall beherrschen — im Glücksspiel.
Er hat es geschafft. Und dank seiner vielen späteren Erfindungen hilft er heute uns allen. Das heißt den Menschen, die sich jetzt schon ernsthaft Gedanken machen, wie die Welt in einigen Jahren aussehen wird — den Menschen, die nicht von vornherein alles dem Zufall überlassen wollen.
Nur... wer von uns sieht schon mit offenen, mutigen Augen die kleinen
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