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Ein altes Haus am Hudson River

Ein altes Haus am Hudson River

Titel: Ein altes Haus am Hudson River Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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schließlich zugestimmt und den Vertrag ausgefertigt.«Jetzt müssen Sie sich nur noch zurücklehnen und Meisterwerke produzieren», schloss Rauch fröhlich und zündete sich eine Zigarette an.«Aber es ist höchste Zeit, ich muss wieder in die Redaktion», fügte er mit einem Blick auf die Uhr hinzu.«Sollen wir die Sache gleich auf der Stelle regeln?»
    Vance saß brütend da, mit rotem Gesicht, die Stirn gerunzelt vor Anstrengung, das aus diesem Vorschlag erwachsende Jahreseinkommen zu errechnen. Zahlen verwirrten ihn, und noch vor vierzehn Tagen hätte er sofort zugestimmt, nur um diese lästigen Vorverhandlungen hinter sich zu bringen. Aber mit Laura Lou im Hintergrund war es anders … Er versuchte, im Geiste die Zahlen auf das Tischtuch zu schreiben, aber als er sie zusammenzählen wollte, verschwammen und verschwanden sie.
    « Das käme dann auf weit über zweitausend Dollar im Jahr, oder?», fragte er auf gut Glück und versuchte seiner Stimme einen geschäftsmäßigen Klang zu geben.
    Eric Rauch hob die Brauen, was besagte:«Wie, für einen Anfänger? Für ein Risikospiel?»Als Vance schwieg, warf er hin:« Niemand hindert Sie daran, einen Roman zu schreiben.»
    « Was würden Sie mir für einen Roman zahlen?», wollte Vance wissen.
    Eric Rauchs Brauen senkten sich nachdenklich.«Was für eine Art von Roman würden Sie uns denn liefern?»Dann, mit einem Lachen:«Schauen Sie, ich glaube nicht, dass wir jetzt schon so weit vorausblicken müssen … Ein Roman braucht Zeit, und vorher ist da noch der Pulsifer-Preis, vergessen Sie das nicht. Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass er an Sie geht.»
    Vance blickte ihn verwirrt an. Der Pulsifer-Preis – zweitausend Dollar für die beste Kurzgeschichte des Jahres! Dann könnte er Bunty Hayes auf einen Schlag auszahlen und von dem Überschuss sorglos leben … könnte Laura Lou hübsche Kleider kaufen, hätte Zeit, über literarische Stoffe nachzudenken und sich umzusehen … Sein Herz schlug aufgeregt … Was denn« Die Stunde»dafür tun könne, fragte er.
    « Nun ja, auf Teufel komm raus die Werbetrommel für Sie rühren. Mit Geld bringt man heutzutage sogar eine Kurzgeschichte ins Rampenlicht. Und wir gedenken in ‹Nicht abgeholt› Geld zu stecken.»
    « Das verstehe ich nicht. Wer vergibt denn diesen Pulsifer-Preis? »
    « Oh, eine reiche Dame der Gesellschaft, die Witwe des alten Pulsifer, des Eisenbahnmagnaten. Es ist das wichtigste Ereignis in ihrem Leben.»
    « Entscheidet sie selbst, wer den Preis bekommt?»
    « Hilf Himmel, nein, das geht den üblichen Weg. Ein Haufen Intellektuelle als Jury.»Rauch schwieg kurz und fügte dann mit einem feinen Lächeln hinzu:«Aber auch Juroren sind Menschen …»Der Rest des Lächelns verwehte in den Rauchspiralen seiner Zigarette.
    Vance verstand und zuckte zusammen. Vor diesem Vokabular schreckte er zurück. Dass es im Geschäftsleben«Übereinkünfte», Verhandlungen und Kompromisse gab, war für ihn selbstverständlich, daraus bestand ja eben das Geschäft, so wie er es kannte; das Leben seines Vaters war ein ganzes Labyrinth heimlicher Absprachen. Aber Vance hatte sich nie für Geschäfte interessiert, noch je gehört, dass auf sie jene Anstandsmaßstäbe angewendet würden, die das Privatleben der Menschen regelten und von denen er angenommen hatte, sie seien auch für die demokratische Welt der Literatur maßgeblich. Für ihn war das Werk eines Künstlers im Grunde ein Teil seines Privatlebens, seines Seelenkerns. Alles, was die heilige Unbestechlichkeit der schöpferischen Kunst verletzte, war zu nichtswürdig, um ernsthaft in Betracht gezogen zu werden. Da konnte er genauso gut heimfahren und wieder wohlwollende Presseberichte für«Das offene Wort»schreiben … Vance betrachtete den gewieften jungen Mann hinter den Rauchschwaden und dachte:«Komisch, dass ein Bursche, der Gedichte schreibt, sich eine solche Art von Erfolg wünscht …», denn die Dichter rangierten für ihn gleich hinter den Engeln.
    Er erwiderte kurz angebunden, dass ihn Preise einen Dreck kümmerten, und Eric erwiderte:«Auch die mit zweitausend Dollar dotierten?»
    Ein wenig benommen wiederholte Vance:«Einen Dreck.»
    « Nun ja, ‹Die Stunde› sieht das anders. Wenn wir Sie ins Programm nehmen, sind Sie uns das schuldig, verstehen Sie? Ein Anfänger … Alles eine Frage von Geben und Nehmen … von Fairness. Ich will damit nicht sagen … Natürlich kann trotzdem der kleine O’Fallery mit ‹Jammerlappen› den Preis

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