Ein amerikanischer Thriller
runterzuschicken, wenn ich gewählt werde.«
345
» Sobald du gewählt bist«, sagte Joe.
»Richtig. Ich schicke ein paar Marines runter, damit sie
die Hurenhäuser befreien. Kemper kann die Truppen führen.
Er soll unsere Lanzenspitze in Havanna sein.«
Joe zwinkerte. »Vergessen Sie Ihre Lanze nicht, Kemper.«
»Bestimmt nicht. Im Ernst, was Kuba betrifft, kann ich
Sie auf dem laufenden halten. Ich kenne ein paar ehemalige
FBI-Leute, die gute Geheimdienstinformationen über Castro
haben.«
Bobby wischte sich das Haar aus der Stirn. »Wo wir vom
FBI sprechen, was macht das Phantom?«
»Nun, es ist hartnäckig wie immer. Es ist den Büchern der
Pensionskasse auf der Spur, kommt aber nicht recht weiter.«
»Der arme Kerl scheint sich vergeblich abzustrampeln.«
»Glauben Sie mir, das ist nicht der Fall.«
»Kann ich den Mann sprechen?«
»Nicht vor seiner Pensionierung. Er hat Angst vor
Mr. Hoover.«
»Das haben wir alle«, sagte Joe.
Alle lachten.
Das St. Regis hatte nicht ganz die Klasse des Carlyle. Kem-
pers Suite war nur ein Drittel von der Suite der Kennedys.
Ein Zimmer in einem bescheidenen Hotel auf der Westside
hatte er behalten – dort pflegten Jack und Bobby ihm ihre
Nachrichten zu hinterlassen.
Draußen war es drückend heiß. In der Suite exakt 18
Grad kühl.
Kemper schrieb einen Bericht an Mr. Hoover: Ich habe die
346
Bestätigung – wenn er die Wahl gewinnt, wird Jack Kennedy
Sie nicht feuern. Danach spielte er sein Advocatus-Diaboli-
Spiel – wie nach jeder Zusammenkunft mit den Kennedys.
Zweifler wollten Genaueres über seine Reisen wissen.
Zweifler hinterfragten sein komplexes Beziehungsgeflecht.
Er legte sich selber gefährliche Fallstricke, um sich ihnen
um so brillanter zu entwinden.
Heute abend traf er Laura – zum Dinner mit anschließen-
dem Klavierkonzert in der Carnegie Hal . Danach würde sie
sich über den Stil des Pianisten lustig machen und endlos
dessen Glanznummer üben. Getreu der Kennedy-Maxime:
Kämpfe immer, aber in der Öffentlichkeit nur, wenn du
gewinnen kannst. Laura war eine halbe Kennedy und eine
Frau – sie hatte den kämpferischen Geist, doch nicht die
offizielle Anerkennung der Familie. Ihre Halbschwestern
hatten Schürzenjäger geheiratet und waren ihnen treu erge-
ben; Laura hatte Affären. Laura behauptete, daß Joe seine
Töchter liebte, aber tief im Inneren waren sie wie Nigger
für ihn.
Er und Laura waren nun schon sieben Monate zusammen.
Die Kennedys wußten nichts von der Liaison. Er hatte vor,
sie aufzuklären, sobald die Verlobung offiziell feststand.
Zunächst würden sie bestimmt schockiert sein, dann aber
erleichtert. Sie wußten, daß man sich auf ihn verlassen konnte
und daß er die Dinge zu trennen verstand.
Laura liebte Draufgänger und die Kunst. Sie war eine
einsame Frau – und hatte außer Lenny Sands keinen wirk-
lichen Freund. Sie war ein Musterbeispiel dafür, wie weit die
Kennedy-Einflußsphäre reichte: Ein Nachtclub-Entertainer aus
347
Verbrecherkreisen erteilte Jack Sprechunterricht und freundete
sich mit seiner Halbschwester an.
Die Freundschaft war alles andere als ungefährlich. Viel-
leicht erzählte Lenny Laura einiges. Vielleicht erzählte ihr
Lenny Greuelgeschichten.
Laura erwähnte Lenny mit keinem Wort – obwohl sie
sich ohne ihn kaum gefunden hätten.
Wahrscheinlich telefonierte sie mit Lenny.
Lenny war unberechenbar. Ein zorniger oder verschreckter
Lenny erzählte ihr vielleicht:
»Mr. Boyd hat Mr. Littell angestiftet, mich zu schlagen.
Mr. Boyd und Mr. Littell sind miese Erpresser. Mr. Boyd hat
mir den Job bei Hush-Hush angedreht – ein wirklich mieser
Job.«
Ende April hatten seine Lenny-Ängste ihren vorläufigen
Höhepunkt erreicht.
Bei den Überprüfungen in Boynton Beach hatten sich
zwei potentiel e Sicherheitsrisiken ergeben: ein Pädophiler und
ein schwuler Zuhälter. Sie mußten gemäß CIA-Richtlinien
ausgeschaltet werden. Er brachte sie in die Everglades, wo
er sie erschoß.
Der Zuhälter sah sein Ende kommen und flehte um sein
Leben. Er schoß ihm in den Mund, damit das Gewinsel
endlich aufhörte.
Er berichtete Claire, daß er zwei Männer kaltblütig erschos-
sen hatte. Sie antwortete mit antikommunistischen Platitüden.
Der Zuhälter erinnerte ihn an Lenny. Der Zuhälter feu-
erte ihn zu Advocatus-Diaboli-Fragen an, auf die ihm keine
Lügen mehr einfielen.
348
Wenn Lenny bei Laura auspackte, war er geliefert. Noch
mehr Druck
Weitere Kostenlose Bücher