Ein amerikanischer Thriller
Porno-Kids, und aus dem
Kofferraum quoll die Kamera-Ausrüstung.
Sie gingen in den Coffee Shop. Littel hielt den Augenblick
durch die Zoomlinse fest.
Die Kamera surrte. Das Bild fiel heraus und war in einer
knappen Minute entwickelt.
Erstaunlich – Kabikoff fuhr vor und hupte. Littell foto-
grafierte das rückwärtige Nummernschild.
Tippit und die Kids kamen mit Soft Drinks aus dem
Coffee Shop. Sie verteilten sich auf beide Wagen.
Littell zählte bis zwanzig und folgte ihnen. Es herrschte
kaum Verkehr – sie fuhren fünf Minuten über Schotterstra-
ßen und waren im Nu an der Grenze.
Ein Grenzbeamter winkte sie durch. Littell fotografierte
sie am Tatort: zwei Wagen, unterwegs, Bundesgesetze zu
übertreten.
Mexiko war eine staubige Fortsetzung von Texas. Sie
fuhren an einer endlosen Reihe von Wellblechdörfern
vorbei.
Sie kamen in mit Gestrüpp bewachsenes Hügel and. Littell
359
orientierte sich an dem Fuchsschwanz, den J. D. an seiner
Antenne befestigt hatte.
Bei einem Schild bog Kabikoff rechts ab: »Domicilio de
Estado Policía«, »Staatliche Polizeikaserne« – die Übersetzung
war nicht weiter schwer. Tippit folgte Kabikoff. Die Straße
war zum Feldweg geworden – die Wagen wirbelten Staub-
wolken auf. Sie schlängelten sich einen felsigen Hügel hinauf.
Littel blieb auf der Hauptstraße und fuhr geradeaus. Etwa
fünfzig Meter weiter sah er Bäume auf dem Bergkamm –
dichtes Nadelgehölz, hinter dem er in Deckung gehen konnte.
Er parkte den Wagen. Er packte die Gerätschaften in den
Seesack und bedeckte den Wagen mit Ästen und Buschwerk.
Echos wiesen ihm den Weg. Der »Drehort« war direkt
jenseits des Kamms.
Er folgte den Geräuschen. Er schleppte sein Zeug einen
Steilhang hoch. Vom Bergkamm sah man auf eine schmutz-
bedeckte Lichtung hinab. Sein Aussichtspunkt war großartig,
gottverdammt.
Die »Kaserne« war eine Baracke mit Blechdach. Daneben
parkten Polizeiwagen – Chevys und Hudson Hornets.
Tippit schleppte Filmdosen. Fat Sid schmierte mexika-
nische Bullen. Die Porno-Kids beäugten ein paar Frauen
in Handschellen.
Littell kauerte hinter einem Busch und legte sich seine
Ausrüstung zurecht. Dank des Zooms spielte die Entfernung
keine Rolle.
Er sah weit offene Barackenfenster, dahinter lagen Mat-
ratzen bereit. Er sah die schwarzen Hemden und Armbinden
der Bullen.
360
Die Wagen der Bullen hatten Leopardenfell-Bezüge. Die
Frauen trugen Armbänder mit Gefängnismarken.
Die Menge zerstreute sich. Die Schwarzhemden schlossen
den Frauen die Handschellen auf. Kabikoff schleppte Aus-
rüstung in die Kaserne. Littell machte sich ans Werk. Es
war derart heiß, daß ihm die Knie zitterten. Die Zoomlinse
rückte alles ganz nahe heran.
Er schoß Bilder und beobachtete, wie sie entwickelt
wurden. Er stapelte sie säuberlich nebeneinander in den
Seesack.
Er schoß Bilder von Pornomädchen, auf einer Matratze
ineinander verknäult. Er hielt fest, wie Sid Kabikoff sie zu
lesbischen Szenen antrieb.
Er fotografierte obszöne Zwischenszenen. Er hielt fest,
wie die Gruppe mit einem Dildo eine Frau vergewaltigte.
Er fotografierte die Pornojungs, wie sie eine Mexikanerin
blutig peitschten.
Die Polaroid spuckte laufend Nahaufnahmen aus. Fat Sid
war auf Hochglanz und in Farbe überführt:
Der Anstiftung zur Unzucht. Der vorsätzlichen
Körperverletzung.
Des filmischen Festhaltens pornographischer Vorgänge
zum Zweck gewerblicher Verbreitung, in Übertretung neun
bundesstaatlicher Gesetze.
Littell verschoß die vierzig Filme. Der Boden ringsum
war mit seinem Schweiß getränkt.
Sid Kabikoff war per Fotobeweis überführt:
Des Menschenhandels. Der Beihilfe zu Menschenraub
und Vergewaltigung.
361
Aufnahme! Eine Essenspause. Bullen, die auf dem Dach
ihres Streifenwagens Tortillas backen.
Aufnahme! Eine Gefangene, die zu fliehen versucht. Sie
wird von zwei Bullen erwischt und vergewaltigt.
Littell ging zum Wagen zurück. Erst hinter der Grenze
begann er zu schluchzen.
Er klebte die Bilder ins Album und kam mit Hilfe von
Gebeten und einem kleinen Bier zur Ruhe. Er fand eine
gute Stelle, um sich auf die Lauer zu legen: am Rand einer
Zufahrtsstraße, eine halbe Meile nördlich der Grenze.
Es war eine Einbahnstraße. Der einzige Zubringer zur
Interstate. Gut beleuchtet: Man konnte praktisch die Num-
mernschilder lesen.
Littel wartete. Ein gelegentlicher Schwal eisiger Luft aus
der Klimaanlage hinderte ihn daran einzunicken.
Weitere Kostenlose Bücher