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Ein amerikanischer Thriller

Ein amerikanischer Thriller

Titel: Ein amerikanischer Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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lächelte. »Bestimmt mit meiner Tochter. Die
    beiden tratschen stundenlang zum Hoteltarif miteinander.«
    »Miss Hughes spricht mit einem Mann, Sir.«
    Kemper spürte, wie er zusammenzuckte. »Reichen Sie
    mir mal kurz Ihre Kopfhörer rüber.«
    »Tj j j a …«
    Kemper legte ihm zehn Dollar hin.
    »Tj j j a …«
    Kemper erhöhte auf fünfzig. Der Hotelangestellte steckte
    sie ein und übergab ihm die Kopfhörer.
    Kemper setzte sie auf. Das war Lenny Sands Stimme,
    und sie klang hoch und zitterig.
    »… so schrecklich er war, er ist tot, und er hat, genau wie
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    ich, für den Säufer gearbeitet. Der eine ist ein Säufer und der
    andere ein Schläger, und der Schläger läßt mich andauernd
    schwachsinnige Artikel über Kuba schreiben. Namen darf
    ich dir keine nennen, aber mein Gott, Laura …«
    »Du meinst aber nicht meinen Freund Kemper Boyd?«
    »Vor dem hab’ ich keine Angst. Ich meine den Schläger
    und den Säufer. Du weißt nie, was der Säufer sich als nächstes
    ausdenkt, und seit Sal umgebracht wurde, habe ich nichts
    mehr von ihm gehört, was mich noch in den Wahnsinn …«
    Interessenkonflikte. Hier war Eingreifen geboten.
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    (Chicago, 1. 10. 59)
    Die Wellen hatten Abfall an den Strand gespült. Pappbecher
    und Reste von Vergnügungsdampferprogrammen lagen im
    Weg.
    Littell stieß sie beiseite. Er kam an der Stelle vorbei, wo
    er die Beute aus dem Montrose-Einbruch losgeworden war.
    Damals Müll, heute Müll.
    Nun hatte er Kerzen für drei tote Männer anzuzünden.
    Jack Ruby war wahrscheinlich in Sicherheit – er rief einmal
    die Woche im »Carousel Club« an, um seine Stimme zu
    hören.
    Sal hatte der Folter widerstanden. Sal hatte nie »Littell«
    oder »Ruby« gesagt. Kabikoff hatte ihn nur als den Bullen
    mit der Maske gekannt.
    »Mad Sal« und »Sid the Yid« – Namen, über die er sich
    köstlich amüsiert hatte. Es hieß, daß Bobby Kennedy Gangs-
    terspitznamen mochte.
    Er ließ die Phantom-Berichte schleifen. Er ließ die Arbeit
    bei der Roten Staffel schleifen. Dem Leitenden Sonderagen-
    ten Leahy erklärte er, daß Gott und Jesus Christus Linke
    gewesen seien.
    Mit Helen traf er sich nur noch eine Nacht in der Wo-
    che. Er rief nicht mehr bei Lenny Sands an. Er hatte zwei
    ständige Begleiter: Old Overholt und Pabst Blue Ribbon.
    Whiskey und Bier.
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    Eine aufgeweichte Zeitschrift wurde ans Ufer geschwemmt.
    Er erkannte ein Bild von Jack Kennedy und Jackie.
    Kemper hatte behauptet, der Senator sei ein unverbes-
    serlicher Schürzenjäger. Kemper hatte behauptet, Bobby sei
    die Ehe heilig.
    Fat Sid hatte behauptet, ihr Vater habe Jules Schiffrin
    gekannt. Schiffrin führte die richtigen Pensionskassenbücher
    – diese Tatsache konnte noch so viel Alkohol nicht wegspülen.
    Littell betrat den Lake Shore Drive. Die Füße taten ihm
    weh, und die Hosenumschläge waren voller Sand.
    Es dämmerte. Er war seit Stunden nach Süden gewandert.
    Auf einmal fand er sich wieder zurecht. Er erkannte, daß
    er nur drei Blocks von einem wirklichen, leibhaftigen Ziel
    entfernt war.
    Er ging hinüber und klopfte an Lenny Sands Tür. Lenny
    öffnete und blieb einfach stehen.
    »Das war’s«, sagte Littell. »Ich verlange nie mehr was
    von dir.«
    Lenny trat auf ihn zu. Er stieß einen gewaltigen Wort-
    schwall hervor.
    Littell verstand »idiotisch« und »nichtswürdig« und »Feig-
    ling«. Er blickte Lenny in die Augen und rührte sich nicht,
    während der andere sich heiser schrie.
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    (Chicago, 2. 10. 59)
    Kemper öffnete das Schloß mit seiner Diners-Karte. Lenny
    hatte nie begriffen, daß gegen schurkische Polizisten allen-
    falls Bolzen halfen.
    Littell hatte nie begriffen, daß INFORMANTEN NIE
    IN DEN RUHESTAND GEHEN. Er hatte der Abschieds-
    gala von der Straße aus zugesehen – und beobachtet, wie
    Ward Beleidigungen auf sich niederprasseln ließ, wie ein
    Flagellant.
    Kemper zog die Tür zu und blieb im Dunkeln stehen. Len-
    ny war vor zehn Minuten zum Lebensmittelladen gegangen
    und dürfte in der nächsten halben Stunde zurückkommen.
    Laura hatte gelernt, ihm keine peinlichen Fragen zu stel-
    len. Den Anruf im St. Regis hatte sie nicht einmal erwähnt.
    Kemper hörte Schritte und einen Schlüssel im Schloß.
    Er ging zum Lichtschalter und schraubte den Schalldämpfer
    auf seine Waffe.
    Lenny kam herein. »Es ist keineswegs vorbei«, sagte Kemper.
    Eine Einkaufstüte fiel zu Boden. Glas zerbrach.
    »Kein Wort mehr zu Laura oder zu Littell. Du bleibst
    bei Hush-Hush und

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