Ein amerikanischer Thriller
arbeitest für Pete. Du kriegst raus, was
du über die Pensionskassenbücher rauskriegen kannst, und
erstattest nur noch mir Bericht.«
»Nein«, sagte Lenny.
Kemper schaltete das Licht ein. Im Wohnzimmer wurde
403
es hell – ein mit Antiquitäten überladener Raum von erlese-
nem, fast übertrieben raffiniertem Geschmack.
Lenny blinzelte. Kemper schoß die Beine einer Vitrine
weg. Porzellan und Kristall zersplitterte.
Er zerschoß einen Bücherschrank. Er verwandelte einen
Louis-XIV-Diwan in Polsterwatte und Holzspäne. Er durch-
löcherte einen handbemalten Chippendale-Schrank.
Sägemehl und Pulverdampf schwebten in der Luft. Kemper
holte ein frisches Magazin heraus.
»Ja«, sagte Lenny.
404
DOKUMENTENEINSCHUB: 5. 10. 59. Hush-Hush-Ar-
tikel. Verfaßt von Lenny Sands unter dem Pseudonym
Peerless Politicopundit.
KOMMUNIST CASTRO KASTRIERT KUBA, WÄHREND
HEROISCHE HERMANOS VOR HEIMWEH HEULEN!
Keine zehn Monate ist er im Amt, und doch ist der
phrasenspuckende, zigarrenpaffende Fidel Castro für die
freie Welt schon viel zu lange Kubas Fronvogt gewesen!
Castro hat den demokratisch gewählten Premier-
minister Fulgencio Batista, einen überzeugten Anti-
kommunisten, an Neujahr gestürzt.
Der Beatnik mit Vollbart und dem übervollen Maul
hat seinen Landsleuten Landreform, soziale Gerech-
tigkeit und das Blaue vom Himmel versprochen – der
Köder, mit dem die Roten Kommissare überall auf der
Welt ihre Schäflein zur Schur locken. Er hat sich eine
kleine Bastion der Freiheit, 90 Meilen vor der ameri-
kanischen Küste, unterworfen, die Taschen ihrer pat-
riotischen Patriarchen geplündert, die amerikanischen
Hotels und Casinos mir nichts, dir nichts nationalisiert,
die blühenden Plantagen der United Fruit Company in
verbrannte Erde verwandelt und sich Amerikas soli-
destes Exportgut, Amerikas mächtigsten Kommunis-
tenschreck in astronomischer Höhe unter den Nagel
gerissen: Geld!!!
Jawohl, meine Lieben, letztlich läuft alles auf eines
hinaus: auf Riesenbatzen einer Landeswährung, die den
405
göttlichen Segen fälschungssicher auf dem grünen Rü-
cken trägt – auf unsere braven, herrlich geschmückten
US-Dollars natürlich, wo bereits die Porträts unserer
prächtigen Präsidenten durch ihren bloßen Anblick
jeden Kommunisten das Fürchten lehren!!!
Sache ist: Der Beatnik-Barde hat die Pagen der ehe-
mals eleganten Hotels Nacional und Capri in Havanna
aufs hinterfotzigste um ihr Trinkgeld beschwindelt und
sie schwuppdiwupp durch eine Rasselbande roher Ro-
ter ersetzt – krummbeinige Bantamgewicht-Bandidos,
die auch als Würfelwerfer in den Casinos ihr widerlich
verdorbenes Treiben treiben!
Sache ist: Fruchtfelder von Fanatikern fritiert! Ta-
gelöhner, bis dato als Schutzbefohlene von Amerikas
selbstlos egalitärer Wirtschaftsform auf starken eige-
nen Füßen stehend, sind zu wohlfahrtsgeschädigten
Almosenempfängern geworden, die am kommunisti-
schen Tropf hängen und sich kriecherisch im roten
Staub winden!
Sache ist: Raúl »Halt’s Maul« Castro hat Florida
aufs fatalste mit herzzerreißend hohen Mengen eines
menschenmörderischen Höllengifts überschwemmt: mit
Heroin!!! Der Fürchterliche ist darauf versessen, seine
flinken Fangnadeln in so viel fleißige Einwanderer aus
Kuba wie möglich zu versenken, um sie als Zombies
zu versklaven, die unablässig das Krebsgeschwür des
Castro-Evangeliums verbreiten, sofern sie sich nicht
gerade, euphorisch heulend, dem hautdurchlöchernden
Heroinrausch hingeben!
406
Sache ist: Es gibt immer mehr kubanische Flücht-
linge und amerikanische Patrioten, denen die Heim-
tücke des Beatnik-Bruders heftig aufstößt. Sie sind
dabei, in Miami und im südlichen Florida Mitkämpfer
zu rekrutieren. Männer wie Tiger, zäh und behende,
die sich ihre orange-schwarzen – nicht roten – Streifen
in den Dschungeln von Castros Gefängnissen verdient
haben, von denen ein jedes ebenso überfüllt wie mi-
serabel zusammengepfuscht ist. Und mit jedem Tag
sind es mehr, die wie sie das Meer durchqueren, um
die amerikanische Küste mit dem tiefempfundenen
Ausruf »Gott und Vaterland!« zu grüßen.
Der Berichterstatter hat sich mit einem Amerikaner
namens »Big Pete« unterhalten, einem überzeugten
Antikommunisten, der gerade castrofeindliche Guerillas
ausbildet. »Alles eine Frage des Patriotismus«, sagte
Big Pete. »Sind Sie etwa bereit, 90 Meilen vor unserer
Küste eine kommunistische
Weitere Kostenlose Bücher