Ein amerikanischer Thriller
– dringend.«
Boyd reagierte lässig. »Ich weiß, daß Ward hinter der Pensi-
onskasse her ist.« Selbst das Atmen schien ihn zu langweilen.
Pete blies Rauchringe in die Luft. Boyds Ton nervte ihn
gewaltig – er war schließlich nicht achtzig Meilen gefahren,
um sich Scheißblasiertheiten vorführen zu lassen.
»Das scheint dir egal zu sein.«
»Was Littell angeht, bin ich ein bißchen überfordert, aber
abgesehen davon besteht meiner Meinung nach kein Anlaß
zur Sorge. Möchtest du mir deine Quelle nennen?«
»Nein. Er kennt Littells Namen nicht und weiß, womit
er bei mir zu rechnen hat.«
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»Ich sehe nicht, was dich das angehen könnte, Pete.«
»Es geht Jimmy Hoffa an. Er hängt bei unserem Kubading
mit drin, und Jimmy ist die Scheißpensionskasse.«
Boyd trommelte auf den Tisch. »Littell ist auf die Unter-
welt von Chicago und die Scheißpensionskasse fixiert. Unser
Kuba-Job bleibt davon unberührt, und ich denke nicht, daß
wir Jimmy eine Warnung schulden. Ich will auch nicht, daß
du dich mit Lenny Sands darüber unterhältst. Er hat mit
der Angelegenheit nichts zu tun und soll sich darüber nicht
den Kopf zerbrechen.«
Klassischer Boyd: »Sowenig mitteilen wie nötig« – kon-
sequent bis zum letzten.
»Wir brauchen Jimmy nicht zu warnen, aber eines wil ich
hier klarstellen. Jimmy hat mich beauftragt, Anton Gretz-
ler umzulegen, und ich will nicht, daß Littell mich dafür
drankriegt. Er hat mich bereits in Verdacht und ist verrückt
genug, das an die große Glocke zu hängen, Mr. Hoover hin,
Mr. Hoover her.«
Boyd spielte mit dem Martini-Sticker. »Du hast auch
Roland Kirpaski umgelegt.«
»Nein. Den hat Jimmy selber umgelegt.«
Boyd pfiff durch die Zähne – sehr, sehr lässig.
Pete erhob sich und schnaubte Kemper ins Gesicht.
»Du läßt Littell zuviel Freiraum. Du läßt ihm viel zuviel
durchgehen.«
»Wir beide haben Brüder verloren, Pete. Lassen wir es
dabei bewenden.«
Eine unverständliche Bemerkung. Manchmal war Boyd
auf einem völlig anderen Dampfer.
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Pete lehnte sich zurück. »Gibst du genug auf Littell acht?
Wie sicher hast du ihn im Griff?«
»Ich habe seit Monaten nichts mehr mit ihm zu tun. Ich
bin auf Distanz gegangen zu ihm und Mr. Hoover.«
»Wieso das?«
»Instinkt.«
»Überlebensinstinkt?«
»Wohl eher Jagdinstinkt. Man löst sich von gewissen
Menschen, um auf die Menschen zuzugehen, auf die es im
Augenblick ankommt.«
»Auf die Kennedys?«
»Genau.«
Pete lachte. »Ich hab dich kaum zu sehen gekriegt, seit
Jack seine Kandidatur angekündigt hat.«
»Du wirst mich überhaupt nicht mehr zu sehen kriegen
bis zur Wahl. Stanton weiß, daß ich für nichts anderes mehr
Zeit habe.«
»Er muß es ja wissen. Er hat dich ja geholt, damit er an
die Kennedys rankommt.«
»Das wird er nicht bedauern.«
»Ich tu’s bestimmt nicht. Das heißt nämlich, daß ich den
Kader im Alleingang leiten kann.«
»Kommst du damit klar?«
»Können Nigger tanzen?«
Pete nippte an seinem Bier. Abgestanden – er hatte ver-
gessen, daß er es bestellt hatte.
»Du hörst dich an, als ob du davon ausgehst, daß bis
November alles klappt.«
»Da bin ich mir einigermaßen sicher. Jack liegt in New
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Hampshire und Wisconsin vorn, und wenn wir West Virginia
packen, glaube ich, daß er’s schafft.«
»Na, dann will ich mal hoffen, daß er ein Castro-Gegner
ist.«
»Ist er. Er macht nicht so viel Getue wie Richard Nixon,
aber Dick ist seit Menschengedenken ein Kommunistenfresser.«
»Präsident Jack. Jesus Christus.«
Boyd winkte dem Kellner. Der Martini war im Eiltempo
zur Stelle.
»Die Kunst der Verführung, Pete. Er wird Amerika mit
seinem Charme gnadenlos zusetzen, als wär’s eine Frau. Wenn
Amerika mal begriffen hat, daß es sich zwischen Jack und
dem krampfigen Dick Nixon entscheiden muß, mit wem
wird es da wohl lieber unter die Bettdecke kriechen?«
Pete hob das Bierglas. »Viva La Causa. Viva Bad-Back-
Jack, Jack mit dem kaputten Rücken.
Sie stießen miteinander an. »Er wird sich hinter die Sache
stel en«, sagte Jack. »Und wenn es zu einer Invasion kommen
sollte, dann, bitte sehr, in seiner Amtsperiode.«
Pete zündete sich eine Zigarette an. »Da mache ich mir
keine Sorgen. Abgesehen von Littell haben wir nur ein ein-
ziges Problem.«
»Du fragst dich, was geschieht, wenn die oberen Etagen
der CIA unser Kader-Geschäft spitzkriegen.«
»Genau.«
»Ich will, daß sie’s rausfinden«, sagte Boyd.
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