Ein amerikanischer Thriller
Gründen.
Bobby K. ließ Jimmy zappeln: an der guten alten Grand-
Jury-Angel. Jimmy hatte eine fixe Idee – er kam immer wieder
auf die Darleen-Shoftel-Abhöraffäre zu sprechen.
»Wir können es noch mal aufziehen«, sagte Jimmy. »Ist
Jack erledigt, hat Bobby nichts mehr zu sagen. Jack steht
bestimmt noch auf Weiber.«
Jimmy gab nicht auf. Er war nicht der einzige
Kennedy-Hasser.
»Ich bereue den Tag, an dem ich Jack Illinois gekauft
habe«, sagte Sam G. »Kemper Boyd hatte was für Jack
übrig«, sagte Heshie Ryskind, »deshalb glaubten wir, er
sei koscher.«
Boyd war zum Tripel- oder Quadrupel-Agenten geworden.
Er behauptete, an chronischer Schlaflosigkeit zu leiden. Die
Anstrengung, das eigene Lügengespinst zusammenzuhalten,
brachte ihn nächtelang um den Schlaf.
Boyd war Verbindungsmann zur Kuba-Expertengruppe.
Boyd war beim Kader beurlaubt – um ihm das Leben we-
nigstens ein bißchen leichter zu machen.
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Boyd spielte Bobby CIA-freundliche Beschönigungen in
die Hände.
Und der CIA Untersuchungsausschuß-Geheimnisse.
Boyd bedrängte Bobby und Jack, Castro mit einem At-
tentat aus dem Weg zu räumen und eine zweite Invasion
zu initiieren.
Die Brüder lehnten ab. Laut Boyd war Bobby der Sache
freundlicher gesinnt – aber nur bis zu einem gewissen Punkt.
Eine zweite Invasion wurde von Jack entschieden abgelehnt.
Jack verweigerte jeglichem geplanten Attentat auf den Bart
die Zustimmung.
Der Untersuchungsausschuß entwickelte eine Alternative
namens Operation Mongoose, Operation Mungo.
Ein raffinierter Name. Holen wir uns Kuba zurück – ir-
gendwann in diesem Jahrhundert. Fünfzig Millionen im Jahr
bar auf die Hand – faß, CIA, faß!
Mongoose erzeugte JM/Wave. JM/Wave war der elegante
Deckname für sechs Gebäude auf dem Campus der Uni-
versität von Miami.
JM/Wave verfügte über Räume mit beeindruckenden
Schautafeln an den Wänden und war auf dem allerneuesten
Stand der verdeckten Ermittlung.
JM/Wave war eine Clownsuniversität.
Faß, CIA, faß! Lieg bei den Exilkubanergruppen auf der
Lauer, aber untersteh dich, irgendwas zu unternehmen – das
könnte Haircut-Jack ein paar Punkte in den Meinungsum-
fragen kosten.
Trotz alledem war Boyds Liebe zu Jack nach wie vor
ungebrochen. Er steckte zu tief drin, als daß er ihn hätte
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durchschauen können. Boyd behauptete, daß ihm die Bür-
gerrechtsarbeit so viel bedeutete, weil er da niemandem was
vorzumachen brauchte.
Boyd litt an Schlafstörungen. Ein Segen, Kemper – meine
Alpträume wolltest du nicht haben.
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(Washington, D. C., Juni bis November 61)
Er liebte das Büro. Carlos Marcello hatte es ihm gekauft.
Eine geräumige Dreizimmersuite. In nächster Nähe des
Weißen Hauses.
Von einem Innenarchitekten eingerichtet. Die Eichentäfe-
lung und das grüne Leder standen Jules Schiffrins Arbeits-
zimmer in fast nichts nach.
Er hatte keine Empfangsdame und keine Sekretärin. Carlos
hielt nichts von Mitwissern.
Mit Carlos hatte sich für ihn der Kreis geschlossen. Das
Phantom von Chicago war zum Gangsteranwalt geworden.
Den Seitenwechsel empfand er als stimmig. Er hatte seine
Zukunftsaussichten an die eines Mannes geheftet, der seinen
Haß teilte. Kemper hatte gewußt, daß es zwischen ihnen
funken würde.
Für Kemper hatte sich der Kreis mit John F. Kennedy
geschlossen. Beide waren sie charmante, seichte Männer,
die nie erwachsen werden würden. Kennedy hetzte Killer
gegen ein fremdes Land, um sie zu verraten, als er sah, was
für einen schlechten Eindruck das machen würde. Kemper
beschützte einige Neger, um anderen Heroin zu verkaufen.
Carlos Marcello spielte das gleiche falsche Spiel. Carlos
benutzte Menschen und stellte sicher, daß sie die Regeln
kannten. Carlos wußte, daß er seine Lebensführung mit
ewiger Verdammnis würde büßen müssen.
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Sie waren gemeinsam Hunderte von Meilen gewandert.
Sie hatten in Dschungelstädten die Messe besucht und ex-
travagante Almosen gespendet.
Sie aßen in Dorfkneipen. Hielten ganze Dörfer frei. Er
schrieb auf wackligen Tischchen Deportationseingaben und
telefonierte sie nach New York durch.
Chuck Rogers flog sie nach Mexiko. »Ich vertraue dir,
Ward«, sagte Carlos. »Wenn du sagst, daß ich mich stellen
soll, werde ich das tun.«
Er hatte das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt. Drei
Richter prüften das Beweismaterial und ließen Marcel o gegen
Kaution frei. Littells Darlegungen galten als
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