Ein amerikanischer Thriller

Neubewertung
    der amerikanischen Kubapolitik vorzunehmen.
    Die Gruppe wird Überlebende der Schweinebucht
    und hochrangige, an der Planung der Invasion beteiligte
    CIA-Mitarbeiter sowie Sprecher der in Florida derzeit
    immer zahlreicher werdenden castrofeindlichen Exil-
    kubaner-Organisationen einer Befragung unterziehen.
    Der Expertengruppe gehören unter anderem Ad-
    miral Arleigh Burke und General Maxwell Taylor an.
    Sie steht unter dem Vorsitz von Justizminister Robert
    F. Kennedy.
    DOKUMENTENEINSCHUB: 10. 5. 61. Persönliches
    Schreiben: Robert F. Kennedy an Kemper Boyd.
    Lieber Kemper,
    einem Verwundeten bürde ich nur ungern Pflichten
    auf, aber ich weiß, wie zäh Sie sind und daß Sie sich
    auf dem besten Wege zur baldigen Genesung befinden
    und sich darauf freuen, wieder zu Ihren Aufgaben im
    Justizministerium zurückkehren zu können. Daß ich
    Sie in Gefahr gebracht habe, hat mich sehr belastet,
    und ich danke Gott, daß es Ihnen wieder besser geht.
    Ich habe einen weiteren Auftrag für Sie, der Sie
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    geographisch kaum von Ihren bisherigen Aufgaben in
    Anniston entfernen und Ihre gelegentlichen Ausflüge
    nach Miami in Mr. Hoovers Diensten nicht weiter be-
    einträchtigen wird. Der Präsident hat einen Ausschuß
    berufen, der das Schweinebuchtfiasko und die Kuba-
    Frage im allgemeinen untersuchen soll. Wir werden
    führende CIA-Angestellte und die verantwortlichen
    Offiziere sowie die Überlebenden der Schweinebucht
    und Repräsentanten zahlreicher, teilweise von der CIA
    unterstützter Exil-Gruppierungen befragen. Der Aus-
    schuß wird von mir geleitet, und ich beabsichtige, Sie
    als persönlichen Vertreter und als Verbindungsmann
    zur CIA-Abteilung in Miami und zu deren kubanischen
    Schutzbefohlenen einzusetzen.
    Ich denke, Sie sind für diese Aufgabe bestens ge-
    eignet, obwohl Ihre Lagebeurteilung vor der Invasion
    sich als unzutreffend erwies. Sie sollen wissen, daß
    weder der Präsident noch ich Sie für das letztendliche
    Scheitern der Unternehmung verantwortlich machen.
    Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ist der Fehl-
    schlag auf den Übereifer von CIA-Angehörigen, die
    schlampigen Sicherheitsvorkehrungen sowie auf die
    krasse Fehleinschätzung der innerkubanischen Unzu-
    friedenheit zurückzuführen.
    Gönnen Sie sich noch eine Woche Ruhe in Miami.
    Der Präsident schickt Ihnen seine besten Wünsche,
    und wir sind uns durchaus der Ironie der Geschichte
    bewußt, daß ein fünfundvierzigjähriger Mann, der sich
    zeit seines Lebens der Gefahr ausgesetzt hat, nun
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    durch die zufällige Kugel eines unbekannten Angrei-
    fers bei einer Unruhe verletzt wurde.
    Erholen Sie sich, und rufen Sie mich nächste Woche an.
    Bob
    DOKUMENTENEINSCHUB: 11. 5. 61. Identische Telex-
    Nachricht: FBI-Direktor J. Edgar Hoover an die Lei-
    tenden Sonderagenten in New York City, Los Angeles,
    Miami, Boston, Dallas, Tampa, Chicago und Cleve-
    land. VERTRAULICHKEITSSTUFE 1-A/NACH ERHALT
    VERNICHTEN.
    Sir,
    Ihr Name ist aus Sicherheitsgründen aus dem Telex
    gelöscht. Betrachten Sie diese Mitteilung als streng
    geheim, und erstatten Sie mir nach Empfang folgender
    Order persönlich Bericht.
    Ihre vertrauenswürdigsten THP-Agenten sollen um-
    gehend an bekannten Treffpunkten des organisierten
    Verbrechens Lausch- bzw. Telefonabhöreinrichtungen
    anbringen. Weisen Sie dem Befehl oberste Priorität zu.
    Diesbezügliche Informationen sind keinesfalls über be-
    stehende Kanäle ans Justizministerium weiterzuleiten.
    Sämtliche mündlichen und schriftlichen Berichte sowie
    Abhörtranskripte sind ausschließlich an mich persönlich
    weiterzuleiten. Betrachten Sie dies als eigenständige
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    Operation, die keiner weiteren Zustimmung überge-
    ordneter Behörden im Justizministerium bedarf.
    JEH
    DOKUMENTENEINSCHUB: 27. 5. 61. Orlando-sentinel -
    Bericht.
    DIE SELTSAME ODYSSEE DES CARLOS MARCELLO
    Niemand scheint zu wissen, wo der Mann geboren
    ist. Man geht allgemein davon aus, daß der (angeb-
    liche) Mafiaboss Carlos Marcello entweder in Tunis,
    Nordafrika, oder irgendwo in Guatemala zur Welt ge-
    kommen ist.
    Doch Marcellos früheste Kindheitserinnerungen
    stammen aus keinem der beiden Länder. Sie gelten
    vielmehr der von ihm gewählten Heimat, den Verei-
    nigten Staaten von Amerika, dem Land, aus dem ihn
    Justizminister Robert F. Kennedy am 4. April dieses
    Jahres ausweisen ließ.
    Carlos Marcello: ein Mann ohne Land.
    Marcello zufolge hat ihn die US-Grenzpolizei gewalt-
    sam aus New Orleans nach Guatemala City,